Hamburg. Die Geschäftsleute und Gastronomen bewerten die Änderung der Verkehrsführung insgesamt positiv. Doch bei der Umfrage gibt es Lücken.

Mehr Ruhe und Aufenthaltsqualität, mehr Gestaltungsraum für Anlieger und Freiraum für Passanten: Eigentlich sind alle Beteiligten mit der derzeitigen Verkehrsberuhigung der Bergedorfer Schlossstraße glücklich. Deshalb soll der Versuch der geänderten Einbahnstraßenrichtung nach Meinung des Bezirksamts und der Politik mindestens bis in den kommenden Sommer hinein verlängert werden. Nach Auswertung der Verkehrsdaten, wonach es im östlichen Teil der Straße 70 Prozent weniger Durchfahrten gab, sind nun auch Meinungsbilder der ansässigen Geschäftsleute vorgelegt worden. Das Projekt wird überwiegend positiv bewertet - doch weil wichtige Fragen offen bleiben, wird auch hier eine Versuchsverlängerung als sinnvoll erachtet.

Schlossstraße: Zwei Drittel der Umfrageteilnehmer bewerten Projekt positiv

Im Auftrag der Wirtschaftlichen Vereinigung (WSB) wurden 27 Geschäftsinhaber und Gastronomen von der Bergedorfer Schlossstraße sowie dem östlichen Sachsentor zu Auswirkungen des verkehrlichen Experiments befragt. Die Ergebnisse wurden nun im Verkehrsausschuss vorgestellt. WSB-Chef Marc Wilken weist darauf hin, dass die Umfrageergebnisse zwar nicht repräsentativ seien, jedoch eine „deutliche Tendenz der lokalen Wirtschaft“ bildeten.

Zwei Drittel der Umfrageteilnehmer bewerten das Projekt insgesamt als positiv oder sehr positiv. Zwölf der 27 befragte verteilten die Bestnote „1“ für die alternative Verkehrsführung auf der Schlossstraße, sechs Befragte gaben eine „2“. Vier Geschäftsleute lehnten den Versuch generell ab, werteten mit „5“, der schlechtestmöglichen Note.

Umfrage hat noch Lücken - Wie wirkt sich der Karstadt-Wegfall aus?

Zur Frage: „Welche Effekte im Hinblick auf die Kundenfrequenz hat die Maßnahme für ihr Geschäft gehabt?“, gab die Mehrheit der Befragten(55,6 Prozent) an, keine spürbare Veränderung bemerkt zu haben. Zwei Anbieter, 7,4 Prozent, begrüßten mehr Kunden im Laden. Bei den Umsätzen registrierten drei Unternehmen Steigerungen, für die meisten hatte die Maßnahme bisher wenig bis keinen Effekt.

Gesamteindruck des WSB: Die positiven wirtschaftlichen Effekte seien übersichtlich, dennoch sei das Meinungsbild „mehrheitlich positiv“. Doch die Umfrage zeigt Lücken: Marc Wilken weist darauf hin, „dass bei einer Verlängerung der Testphase unbedingt untersucht werden muss, ob und wie sich die verminderten Verkehrsströme auf die Passantenfrequenzen im östlichen Sachsentor auswirken“. Auch der Wegfall von Parkplätzen, die Wirkung der Schließung beider Karstadt-Häuser sowie des Parkhauses müssten in eine künftige Betrachtung einfließen.

Antrag auf Verlängerung wird am Donnerstag gestellt

Seit dem 22. Juni 2020 führt die Einbahnstraßenregelung im östlichen Teil der Schlossstraße stadtauswärts und nicht wie vorher in Richtung Schloss. Wer vom Vinhagenweg - auch hier wurde die Einbahnstraßenregelung umgedreht - in die Schlossstraße abbiegen möchte, fährt entweder in Richtung Schloss oder wieder zurück in die Chrysanderstraße. Speziell Geschäftsleute erhofften sich durch den Test, der bereits von Mitte Dezember 2020 auf Mitte März 2021 verlängert wurde, eine Belebung der Einkaufsstraße im Schatten des Sachsentors.

Auch in der politischen Landschaft Bergedorfs besteht grundsätzlicher Konsens darüber, das Projekt zu verlängern. Doch die CDU scheiterte mit ihrem Spontan-Antrag einer Verlängerung bis Oktober 2021 im Verkehrsausschuss gegen die Mehrheit der Bergedorfer Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Denn die Grünen kündigten an, zur nächsten Sitzung des Hauptausschusses (Donnerstag, 28. Januar) einen umfangreicheren Antrag „Pilotprojekt Bergedorfer Schlossstraße“ ausgearbeitet mit den Koalitionspartnern vorlegen zu wollen.

Verkehrsexperiment Bergedorfer Schlossstraße bis Juni ausweiten

„Es ist schon umfangreicher, wirtschaftliche Aspekte und Themen der Verkehrssicherheit bei einer Verlängerung mitzudenken“, so Norbert Fleige, verkehrspolitischer Sprecher der Partei. Er bekam Unterstützung von Bergedorfs FDP-Chefin Sonja Jacobsen: „Ein ausformulierter Antrag im Hauptausschuss wird der Bedeutung dieses Projekts gerecht.“ Beantragt werden soll, das Verkehrsexperiment bis zum 15. Juni auszuweiten, damit Verwaltung und Politik „notwendige Erhebungen durchführen sowie mögliche Problematiken (...) untersuchen und bewerten können“.

Eine dauerhafte Überplanung des östlichen Teils der Bergedorfer Schlossstraße scheint denkbar. Verwaltung und Polizei werden aufgefordert, Lösungen für eine neue Verkehrsführung zu erarbeiten – inklusive der Finanzierungsmodelle.