Hamburg. Genehmigungsverfahren kommt in entscheidende Phase. Gebaut werden kann in Bergedorfs Zentrum aber voraussichtlich noch nicht.

Es kommt neuer Schwung ins größte Bauprojekt am Schleusengraben, das Stuhlrohr-Quartier. Nach zweieinhalb Jahren der Vorbereitung scheint die in 2018 per Bürgerbegehren deutlich geschrumpfte Planung endlich in die finale Phase einzutreten. "Nach sehr vielen intensiven Gesprächen im Jahr 2020 werden nun die geplanten Hochbauten und Freianlagen konkretisiert", heißt es aus dem Bezirksamt, das kurzfristig vom Investor Buwog den Entwurf des Bebauungsplans zur Prüfung erwartet.

Dass es voran geht, zeigen auch Fortschritte beim Ankauf der Flächen. Ende Februar wird der ehemalige Sitz der Stadtentwässerung an der Ecke Weidenbaumsweg/Sander Damm ins Eigentum der Buwog übergehen. Der Kaufvertrag ist unterzeichnet. Gleichzeitig laufen intensive Gespräche mit dem Sanitär-Unternehmen Peter Jensen, dem mit der Verkaufsausstellung "Bäderstraße" und dem dahinter liegenden Großhandel das letzte noch fehlende Grundstück gehört. Schließlich soll das Stuhlrohr-Quartier die gesamten knapp fünf Hektar zwischen Weidenbaumsweg, Sander Damm, Schleusengraben und Stuhlrohrstraße einnehmen.

Stuhlrohr-Quartier: Die letzten Grundstücke werden verkauft

"Wir verhandeln mit der Buwog gerade darüber, ob wir als Gewerbebetrieb vielleicht sogar in das Areal integriert werden", sagt Inhaber Walter Jensen, der einer Unterschrift optimistisch entgegensieht. "Bedingung ist, dass wir mit unserem Standort in Bergedorf bleiben. Auch bei dieser Suche unterstützt uns die Buwog."

Wann genau der Bebauungsplan-Entwurf für das Stuhlrohr-Quartier beim Bezirksamt eingereicht wird, bleibt indes unklar. Auf eine eine entsprechende Anfrage unserer Zeitung wollte sich die Buwog nicht äußern: "Für uns ist es im Moment noch zu früh, etwas zu sagen", schrieb Sprecher Michael Divé Anfang dieser Woche.

Vorgaben der Bürgerinitiative sind bereits eingearbeitet

Aus dem Bezirksamt heißt es immerhin, die Funktionsplanung sei jetzt bei der Nutzungsdurchmischung, dem Freiraumkonzept und der Erschließung des Quartiers abgestimmt. Alle Vorgaben der 2018 erfolgreichen Bürgerinitiative seien eingearbeitet. Konkret bedeutet das neben dem Erhalt der historischen Stuhlrohrhallen am Schleusengraben den Bau von rund 950 Wohnungen in fünf Baufeldern. Die Neubauten werden vier bis sechs Geschosse hoch, wobei 15 Prozent auch sieben Geschosse erreichen dürfen. Vorgesehen sind zwei Kitas, insgesamt 15.000 Quadratmeter Gewerbeflächen in allen Baufeldern und ein öffentlich zugänglicher Quartiersplatz, der sich vom Schleusengraben rund um das zentrale Büro- und Gewerbegebäude erstreckt. Die Stuhlrohrhallen bleiben für Wohnen tabu.

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Ob das alles eingehalten wird, ist voraussichtlich im Herbst in der öffentlichen Auslegung zu sehen und wird auch noch in einer Plandiskussion vorgestellt. "Wir achten darauf, dass die Öffentlichkeit ausführlich informiert wird und auch mitdiskutieren darf", sagt Verwaltungsjurist Gero Tuttlewski, der die Bürgerinitiative berät. Deren Beteiligung ist in einem Vertrag mit dem Bezirksamt festgelegt.

Buwog wurde von Vonovia geschluckt

Hintergrund: Die Initiative hatte 2017/18 mit dem Bürgerbegehren "Bergedorf stellt alles in den Schatten - für ein lebenswertes Stuhlrohrquartier" so viele Unterschriften gegen die seinerzeit deutlich massivere Planung der Buwog mit 1500 Wohnungen und Häusern bis über 60 Metern Höhe gesammelt, dass ein Bürgerentscheid deren Scheitern bedeutet hätte.

Die Initiative zog dieses Mittel schließlich zurück und schloss den Vertrag mit dem Bezirksamt. Das verpflichtete seinerseits den Investor zum Schrumpfen des Stuhlrohr-Quartiers und zu einem neuen städtebaulichen Wettbewerb. Nach einigem Zähneknirschen stimmte die Buwog zu, geriet kurz darauf aber selbst in Turbulenzen: Der Konzern wurde von Deutschlands größtem Wohnungsunternehmen, Vonovia, geschluckt. Das brauchte einige Zeit, um das deutlich über 100 Millionen Euro teure Bergedorfer Projekt mitzutragen.

Noch ist unklar, wann der erste Abrissbagger anrollt

Wann nun die Abrissbagger anrollen, um Platz für den ersten der fünf Bauabschnitte zu schaffen, bleibt vorerst offen. Erwartet wird der Abschluss des Bebauungsplanverfahrens nicht vor 2022. Das Bezirksamt formuliert es so: "Die Entwicklung eines gesamten Stadtquartiers ist keine triviale Aufgabe, sondern sehr komplex, sodass zum gegenwärtige Zeitpunkt eine belastbare zeitliche Prognose nicht gegeben werden kann."