Hamburg. Der Imkerverein Bergedorf feiert Jubiläum. Naturbewusstsein lockt immer mehr junge Leute an die Wabe. Großes Fest im nächsten Jahr.

Macht, Eifersucht und das Überleben der Völker verleiten zu dieser honigsüßen Mordgeschichte: „Die erstschlüpfende Königin tötet die Nachgeborenen und sticht sie mit ihrem Stachel ab“, verrät Ulrich Bick. Dabei ist der Mann wahrlich kein historischer Kriminalist, der über Leichen geht. Vielmehr zählen Umsicht, Geduld und Gelassenheit zu seinen Tugenden. So jedenfalls wird es den Imkern nachgesagt. Und Bick, 64 Jahre alt, ist seit 2004 der Vorsitzende vom „Imkerverein Bergedorf und Umgebung“ . Dass morgen nicht das hundertjährige Bestehen des Vereins groß gefeiert werden kann, versetzt ihm wohl einen Stich. „Aber das holen wir 2021 nach“, verspricht der Forstwissenschaftler.

Das Lohbrügger Institut für Holzforschung hatte einst eine Außenstelle im Reinbeker Vorwerksbusch. Genau dort stehen noch heute drei Völker, die Ulrich Bick hegt und pflegt, füttert, und vor der Varroamilbe und der Amerikanischen Faulbrut zu schützen trachtet. „Meine Bienen sind so ruhig, da kann ich ohne Handschuhe arbeiten“, sagt er – und erntet pro Saison 40 bis 60 Kilogramm Honig. Mal ist es die helle Frühtracht, die Mirabellen, Kirschen und Äpfel beflogen hat. Mal die dunklere Sommertracht, die nach Lindenpollen schmeckt.

Bergedorfs Imker gründeten 1920 ihren Verein

Bei aller summenden Schwärmerei – Zahlen müssen sein: Es war also der 21. November 1920, als sich in Bergedorf 40 Imker (mit ihren 330 Bienenvölkern) zusammentaten. Mitten in der Inflation nach dem Ersten Weltkrieg galt es, den Lebensunterhalt aufzubessern, auch durch Honigverkauf. „Mit der Einführung der Reichsmark 1924 gaben viele die Bienenhaltung wieder auf“, heißt es in einer Jubiläumsschrift. Später, zur Hitler-Zeit, bekamen die Imker je Volk 7,5 Kilogramm verbilligten Zucker und mussten Erträge abliefern: „Bienenstände, die nicht 3 kg Honig abliefern können, haben volkswirtschaftlich keine Daseinsberechtigung“, hieß es im Nazi-Duktus.

Die Zeit schritt glücklicher voran – bis Mitte der 70er-Jahre, als die „Mode-Gärten“ mit exotischen Blumen und sterile Englische Gärten die Bienen-Liebhaber verstimmten. Dass 1988 immerhin das 100. Mitglied im Bergedorfer Verein begrüßt werden konnte, zeigt das Auf und Ab dieses Hobbys: „Biene und Umwelt“ hieß eine CCB-Ausstellung 1990, als zum 75-jährigen Bestehen der damalige Jung-Imker (17) Marcus Bradtke schwärmte: „Für nur ein Glas Honig fliegen sie 140.000 Kilometer und machen 3,5 Millionen Blütenbesuche.“

Nachwuchsprobleme hat der Imkerverein Bergedorf nicht

Auch heute kann sich der Verein wieder über reichlich Nachwuchs freuen – wenn die Zahl der Mitglieder auch aktuell bei 81 liegt (mit 453 Völkern etwa im Landgebiet, Escheburg, Börnsen und Reinbek). „Wir betreuen auch vier Schulen im Umkreis“, sagt Ulrich Bick, der (nach der Pandemie) wieder an jedem zweiten Donnerstag zum Treff in den „Holstenhof“ einlädt. Da gibt es auch Referate über das Miteinander zwischen Imker und Landwirt, über den Wunsch nach mehr Standorten in Privatgärten und über die Verantwortung: „Man kann zur Saison nicht einfach sechs Wochen Urlaub auf Malle machen.“

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In seinem Wentorfer Garten und am Billeweg hält Hans-Peter Wohlrab vier Bienenvölker, die er gern mit einem Schleier vor dem Gesicht besucht. 1993 trat der heute 83-Jährige in den Verein ein, darf für seine Honiggläser das offizielle Etikett des Deutschen Imkerbundes nutzen, der stichprobenhaft die Inhaltsstoffe samt Wassergehalt prüft. „Ich habe Raps- und Sommerblütenhonig“, sagt der ehemalige Kapitän, der sich freut, wenn Kunden das Produkt zu schätzen wissen: „Schleudern, aber nicht verschleudern“, wollen die Imker ihren Honig für etwa 7 Euro pro Glas.

„Wir vermitteln gern Patenschaften für junge Imker“

Die jährlich 100 Euro teure Vereinsmitgliedschaft beinhaltet auch Schutz, betont der Vorsitzende Bick: „Wenn ein Bienenschwarm eine Rotlichtampel verdeckt und somit einen Unfall verursacht, sind wir versichert.“ Wichtig aber vor allem sei der Austausch unter Fachleuten. Sie alle wissen, dass eine Königin täglich bis zu 2000 Eier legt, die Tiere nach 21 Tagen schlüpfen und in der Saison doch nur 30 Tage alt werden. „Aber die jungen Leute, die Imkern gerade sehr ambitioniert als Hype entdecken, müssen das Füttern und Ernten noch lernen. Daher vermitteln wir gern Patenschaften. Nach einer Saison bekommen sie dann ihre eigenen zwei Völker.“ Der Chef des Bergedorfer Imkervereins verspricht damit bis zu 70.000 Tierchen pro Volk.