Hamburg. Baugemeinschaften in der City brauchen viel Zeit und Geld. Gruppen, die in Ochsenwerder oder Neugraben planen, suchen noch Mitstreiter.

Wenn alle möglichst zentral wohnen wollen, wird es schwierig – und teuer. Das bekommen auch die Baugemeinschaften in Hamburg zu spüren, die dieses Ziel verfolgen. Einige von ihnen suchen schon lange nach einem geeigneten Standort oder Gebäude, das sie für ihre Zwecke umbauen und sanieren können. Oder nach Mitstreitern, um Projekte finanzieren zu können. Das belegt der Blick auf die Homepage der Stadt, wo sich Baugemeinschaften registrieren lassen können, um ihr Konzept vorzustellen.

„Dass viele Suchende immer noch am liebsten in zentralen Lagen wohnen wollen, führt leider dazu, dass Projekte außerhalb dieser Lagen – beispielsweise in Jenfeld oder Neugraben – keine Selbstgänger sind“, sagt Angela Hansen von der Agentur für Baugemeinschaften in der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen. Die Agentur versteht sich als Lotse für solche Projekte.

Werner Jürges von der Johann Daniel Lawaetz-Stiftung, ebenfalls bewandert in der Betreuung von Baugemeinschaften, plädiert dafür, sich mehr mit Projekten außerhalb zentraler Lagen zu beschäftigen. „Weil Interessenten hier noch eine Chance haben, zum Zuge zu kommen. Vor allem sind die Grundstücke noch bezahlbar“, sagt der Immobilienfachwirt. Die Chancen, irgendwann tatsächlich in einem Baugemeinschaftsprojekt in Altona oder in anderen beliebten Stadtteilen zu wohnen, seien dagegen „äußerst gering.“

Baugemeinschaft Nestbau
Baugemeinschaft Nestbau © HA | reinig-plan-r Meins

Jürges muss es wissen: Er hat schon viele Baugemeinschaften begleitet. Bei dem aktuellen Projekt in Ochsenwerder umfasst dies sogar die Projektentwicklung. „Wir begleiten dort die Baugemeinschaft OX von der Idee bis zur Schlussabrechnung.“ Das Projekt sieht neun Reihenhäuser und elf Wohnungen auf einem etwa 3500 m2 großen Grundstück am Rande des neu entstehenden Wohngebiets „Beim Avenberg“ direkt am Marschbahndamm vor – zu Quadratmeterpreisen von etwa 3000 Euro je nach Lage.

Wer den Stadtteil nicht kennt: Er ist eingebettet zwischen Elbe, Hohendeicher See und Gose Elbe und ist durch den Gemüse- und Blumenanbau geprägt. Jede Menge Wasser, Grün und Idylle also – und damit ideal, um vor der Haustür Wassersport zu treiben oder entspannte Stunden am nahe gelegenen Badesee einzulegen, nachdem man zuvor am alten Marschbahndamm oder den Elbdeich entlangradelt oder auf einem Skateboard entdeckt.

Die Baugemeinschaft (www.ox-baugemeinschaft.de) wirbt damit, dass der Stadtteil von der Hamburger Innenstadt nicht weiter entfernt liege als Lokstedt oder Wellingsbüttel und der Hauptbahnhof mit öffentlichen Verkehrsmitteln in gut 26 Minuten zu erreichen sei .

Kein Wunder also, dass die Reihenhäuser laut Jürges „sehr nachgefragt“ sind und abgesehen von der größten Einheit mit 138 Quadratmetern und sechs Zimmern alle Häuser vergeben sind. Frei sind aber noch mehrere Geschosswohnungen von 69 bis 118 m2. Bei letzterer handelt es sich um eine Maisonettewohnung, die sich auf zwei Ebenen erstreckt.

Die Planungen laufen bereits auf Hochtouren, im Spätsommer soll mit dem Bau der Häuser begonnen werden. Parallel dazu soll in Ochsenwerder die notwendige Infrastruktur „sanft erweitert“ werden, wie es heißt. So soll beispielsweise die Kinderbetreuung vor Ort ausgebaut und ein neuer Supermarkt in Fußnähe errichtet werden.

Reihenhäuser und  elfWohnungen sind in Ochsenwerder geplant
Reihenhäuser und elfWohnungen sind in Ochsenwerder geplant © HA | diverse

Auf ähnlich gute Umstände kann auch Hamburgs erste Baugemeinschaft südlich der Elbe – die Baugemeinschaft Nestbau – hinweisen. Sie will in unverbaubarer „1a-Weitblick-Lage“ zwei Häuser mit Wohnungen, entworfen vom Architekten Joachim Reinig, direkt am EU-geschützten Vogelschutzgebiet Moorgürtel bauen. „Wir sind bisher 13 Erwachsene und zurzeit drei, demnächst fünf Kinder, die sich generationenübergreifend zusammengefunden haben“, sagt Sprecher Wolfgang Meins. „Für etwa ebenso viele ist noch Platz, sowohl in Einzelwohnungen wie auch in einer Wohngemeinschaft.“

Wer sich der Baugemeinschaft anschließt, profitiert von einer besonders guten Förderung durch die Stadt Hamburg. Denn die „Nestbauer“ firmieren als Kleinbaugenossenschaft. „Das bedeutet, dass die Stadt für 20 bis 30 Jahre unsere Mieten erheblich bezuschussen wird. Die Einstiegsmieten werden zwischen 6,30 und 8,20 Euro pro Qua­dratmeter nettokalt liegen und können auch in den nächsten Jahren nur in sehr geringem Maße steigen“, sagt Meins. Im Gegenzug bedeutet dies allerdings auch, dass Interessenten die Voraussetzungen erfüllen müssen, um die öffentliche Förderung in Anspruch nehmen zu können. Denn mit dieser soll überwiegend Wohnraum für Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen gefördert werden.

„Die städtische Förderrichtlinie für Baugemeinschaften mit genossenschaftlichem Eigentum lässt in gewissem Umfang aber eine Überschreitung dieser Einkommensgrenzen zu“, sagt Angela Hansen. Die Stadt wolle damit gezielt Projekte von Baugemeinschaften unterstützen. Deswegen sind seit Beginn 2016 auch die Förderkonditionen verbessert worden, um Anteile an solchen Genossenschaften erwerben zu können. Hansen: „Über die Hamburgische Investitions- und Förderbank (www.ifbhh.de) kann man dafür günstige Kredite der KfW-Bank erhalten.“

Laut Meins dürfte dies also kein großes Problem für neue Mitglieder sein, „zumal bei uns noch nicht geklärt ist, wie viele Anteile es sein werden.“

Der 67-Jährige hofft, dass sich schnell neue Mitstreiter finden, damit man gemeinsam das Projekt „Vogelkamp in Neugraben“ weiterverfolgen kann. Noch wohnt er zusammen mit seiner Frau Yvonne auf St. Pauli. „Wenn alles klappt, blicken wir von unserer künftigen Wohnung aus bald auf die Feldmark in Neugraben“, sagt er. Vorgegeben sei aber bislang nur der äußere Rahmen der Gebäude. „Der Zuschnitt und die Verteilung der Wohnflächen können ebenso wie die Ausstattung noch in Absprache mit dem Architekten erarbeitet werden“, sagt Meins. Vorgesehen seien darüber hinaus Gemeinschaftsräume ebenso wie ein gemeinschaftlich zu „beackerndes“ Stück Land vor der Haustür.

Wichtig ist ihm darüber hinaus dieser Hinweis: Da im vierten Bauabschnitt auch Wohnungen für Flüchtlinge entstehen, sollten sich nur Interessenten melden, die ebenso wie die jetzigen Beteiligten davon überzeugt seien, „dass diese Menschen aus großer Not heraus zu uns gekommen sind. Wir wollen diesen gute Nachbarn sein und erwarten dies natürlich auch von denjenigen, die sich uns anschließen wollen.“

Mehr unter www.nestbau-vogelkamp.de. Darüber hinaus ist unter www.zusammen-bauen-lohnt.de hinterlegt, welche Projekte noch Mitstreiter suchen.