Die Stadt hat mehr Rohstoffe als man meint: In Reitbrook wird der fossile Brennstoff gefördert – und es gibt sogar Gold. Bei Geotouren können sich Hamburger intensiver mit Bodenschätzen beschäftigen.

Hamburg. Erdöl, heißes Wasser in 3000 Metern Tiefe, Kies und sogar ein wenig Gold: Hamburg hat an Bodenschätzen mehr zu bieten, als die meisten denken. Zwar gibt es nach Angaben der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) keine wirklich großen Mengen, aber Firmen, Verbände und Politik setzen weiterhin darauf, die verfügbaren Ressourcen zu erkunden und zu nutzen. Nach Abendblatt-Informationen will das Unternehmen GDF Suez E & P Deutschland (Lingen) in Reitbrook bei Bergedorf 20 Jahre lang Erdöl fördern. Jährlich sei eine Fördermenge von 20.000 Tonnen geplant. Die Firma mit französischen Wurzeln hatte das bislang als Erdgasspeicher genutzte Erdölfeld Ende 2014 gekauft und beschäftigt jetzt 19 Mitarbeiter in ihrem Betrieb „Hamburg Öl“.

Das Unternehmen trägt durch seine Aktivitäten mit rund 17 Prozent beim Erdöl und mit etwa zehn Prozent beim Erdgas zu der in Deutschland geförderten Gesamtmenge bei. Während in Reitbrook Erdöl sprudelt, ist das Tiefenwasser von Wilhelmsburg ganz heiß. Das Geologische Landesamt in der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt sieht dort langfristig Perspektiven in der Nutzung der Geothermie.

In einer Tiefe von 3000 bis 4000 Metern wurden Temperaturen von 130 Grad Celsius und mehr gemessen. Renate Taugs vom Geologischen Landesamt hält die energetischen Ressourcen im Tiefenwasser zur Wärmegewinnung für möglich. Die Gewinnung von Wärme aus der Tiefe zeichne sich durch eine hohe Versorgungssicherheit, geringe Wartungskosten und große Umweltfreundlichkeit aus, sagt sie. Die Vision: Ein geothermisches Kraftwerk könnte mehrere Tausend Wohnungen in Wilhelmsburg mit Wärme versorgen.

Nach Erkundungen befindet sich das Projekt jetzt in der weiteren Prüfungs- und Planungsphase. Bohrungen in Allermöhe, wo es ebenfalls 80 bis 125 Grad Celsius heißes Tiefenwasser gibt, hatten allerdings gezeigt, dass Förderprobleme auftreten werden. Die gibt es beim Kies übrigens nicht. Firmen wie Otto Dörner bauen im Großraum Hamburg viele Kiessande ab – neuerdings in Holtersfloh (Seevetal). Der Abbau von Kies und Sand soll hier 20 Jahre lang dauern.

Wie Alf Grube vom Amt für Umweltschutz sagte, kommt in norddeutschen Böden sogar Gold vor – allerdings in sehr geringen Mengen. Die Förderung sei jedoch wirtschaftlich uninteressant, fügte er hinzu. „Das in goldführenden Gesteinen Skandinaviens verkommende Gold wurde einst durch Inlandeis und Schmelzwässer nach Norddeutschland transportiert“, erklärt der Experte. Durch den geologischen Transport vom Norden in den Süden über teilweise Tausende von Kilometern seien die ohnehin geringen Mengen allerdings weiter minimiert worden. Goldgräberstimmung wird in Hamburg daher wohl nicht aufkommen.

Die ersten Ölquellen in Reitbrook wurden schon 1937 entdeckt

Beim „schwarzen Gold“ in Reitbrook sieht das dagegen besser aus. Die noch immer sprudelnden Quellen in Reitbrook-West und Reitbrook-Ost wurden 1937 entdeckt. Die höchste jemals geförderte Jahresmenge betrug 1940 immerhin 350.000 Tonnen. Bis Ende 2013 wurden in diesem Areal insgesamt 2,5 Millionen Tonnen gefördert. Wie groß die Hamburger Erdölreserven in diesem Bereich sind und welchen Marktwert sie haben, wollte der neue Eigentümer GDF Suez auf Abendblatt-Anfrage nicht mitteilen.

Dominique Bayen, Geschäftsführer der GDF Suez E&P Deutschland GmbH, bewertet das Vorkommen jedenfalls als „wirtschaftlich attraktiv“. Zudem werde ein Beitrag zur „Versorgungssicherheit Deutschlands mit Erdöl“ geleistet. Im Vergleich zu anderen Bundesländern wie Niedersachsen ist der Hamburger Anteil am bundesweit geförderten Erdöl jedoch gering. Nach Angaben des Wirtschaftsverbandes Erdöl- und Erdgasgewinnung lag er im Jahr 2013 bei 0,72 Prozent.

Wie die vorhandenen Ressourcen bis zuletzt genutzt wurden, zeigt die Geschichte der Braunkohleförderung in Hamburg. Im Harburger Stadtteil Hausbruch war von 1919 bis 1922 ein untertägiges Bergwerk aktiv. Bei Brunnengrabungen auf einem Wochenendgrundstück hatten Arbeiter im Jahr 1917 Braunkohle entdeckt – der Abbau in einer Sohlentiefe von 17 und 13 Metern begann. Gut 200 Menschen fanden in den nächsten Jahren im Harburger Bergwerk Lohn und Brot. Rund 84.000 Tonnen Braunkohle wurden bis zum Produktionsende 1922 gefördert. Heute befindet sich am ehemaligen Standort der Kohleumschlagstelle übrigens die Bus-Wendeschleife an der Stader Straße. Neben der Braunkohle wurden weitere natürliche Rohstoffe in Hamburg abgebaut. „In den vergangenen Jahrhunderten waren das Torfe als Brennstoffe, Sande und Kiese als Baustoffe und Tone zur Ziegelherstellung“, sagt Alf Grube.

Bei „Geotouren in Hamburg“, in Museen und Stadtrundgängen können sich Hamburger intensiver mit Bodenschätzen beschäftigen. 2015 ist das „Internationale Jahr des Bodens“, und so wollen die Geologen den Blick auf die ökologischen und landwirtschaftlichen Dimensionen des Bodens lenken. Dabei geht es um die schweren, fruchtbaren Marschen genauso wie um Dünen, Waldböden und gefährdete Böden. Das Institut für Bodenkunde an der Universität Hamburg plant mehrere Veranstaltungen. Dazu gehört eine Ringvorlesung zum Leitthema „Böden im Umwelt- und Klimasystem: Nachhaltigkeit und globale Verantwortung“. Außerdem lädt Professorin Eva-Maria Pfeiffer vom Institut für Bodenkunde für Mittwoch, 11.Februar, und Sonnabend, 21.Februar, zu einem Spaziergang von den Landungsbrücken zu großen Bodenaufschlüssen der Stadt ein. Treffpunkt: Landungsbrücken, Brücke 2, jeweils 10 Uhr.