Kitas überfordert: Politik schlägt Alarm - Kaum Hilfe für die Null- bis Sechsjährigen

Fast die Hälfte der gut 800 Flüchtlinge, die Hamburg derzeit jeden Monat erreichen, sind Kinder - viele davon unter sechs Jahre jung. "Sie kommen nach langer Flucht vor Krieg und Willkür mit ihren Familien. Doch hier fallen die kleinen Kinder durch alle Hilfen, auch weil ihre traumatisierten Eltern sie komplett von der Umgebung abschirmen. Das bricht erst die Einschulung auf", sagte Heribert Krönker (Grüne) in der Bezirksversammlung.

Mit seinem Erfahrungsbericht schockte der Boberger Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut alle Fraktionen: "Eigentlich wäre professionelle Hilfe für Eltern wie Kinder dringend nötig. Doch das Gegenteil ist Realität: Im Containerdorf am Curslacker Neuen Deich etwa wurde der einzige Raum für Spiel- und Kennenlern-Gruppen zu einer Wohnung gemacht." Auch in Hamburgs Kita-Broschüren kämen Flüchtlingskinder nicht vor. Krönker: "Man bekommt den Eindruck, diese Kinder gäbe es gar nicht. Dabei brauchen sie mindestens die gleiche Aufmerksamkeit, wie wir sie heute unseren eigenen Krippen- und Kita-Kindern entgegenbringen."

Von Krönkers Worten sichtlich ergriffen, forderte Christa Timmermann (CDU) eine Sondersitzung des Sozialausschusses, um Wege aus dem Drama zu finden. Ihr Ansatz: Ehrenamtliche Helfer sollten den Nachwuchs in den Unterkünften gezielt aufsuchen, erste Hürden auf dem Weg in Bergedorfs Kita ebnen.

Lutz Jobs (Linke) hält Freiwillige in diesem Bereich der Integration zumindest als tragende Säule für falsch: "Wir brauchen Profis aus den Kitas und Krippen, die sich dieses Problems annehmen." Aber die stießen schnell an Kapazitätsgrenzen. Das unterstrich auch Clara Lenné (SPD): "In den vergangenen Jahren sind die Plätze in unseren Kitas zwar nahezu verdoppelt worden, aber die Personalstärke ist nicht mitgewachsen." Kämen jetzt noch mehr Kinder, sei das System überfordert. Zusätzliches Problem laut Lutz Jobs: Die Kitas bekämen für ein Flüchtlingskind deutlich weniger staatliche Zuschüsse als für ein deutsches.

Heribert Krönker warnte vor der Diskussion ums Kita-Personal: "Wir müssen uns darauf konzentrieren, die Flüchtlingskinder schnell und gezielt in die professionelle Betreuung zu bringen." Einstimmig beschloss die Bezirksversammlung seinen Antrag, wonach Bezirksamt und Kita-Leitungen kurzfristig Bedarfe und Engpässe ermitteln sollen. Im Januar wird im Sozialausschuss berichtet.