Allermöhe. Kostenexplosion: Kultfestival am Eichbaumsee kostet fast 200.000 Euro, doch Eintritt bleibt frei. Was die Verantwortlichen vorhaben.
Vom 11. bis zum 13. August soll am Eichbaumsee die Sau rausgelassen werden, so richtig, so wie früher: Das legendäre Wutzrock-Festival wird erstmals seit 2019 wieder an drei Tagen, mit zwei Livebühnen und der Möglichkeit zum Campieren gefeiert. Die Organisatoren wollen dem Motto Umsonst & draußen treu bleiben – obwohl die Finanzierung des fast 200.000 Euro teuren Open-Air-Spektakels ein großes Risiko darstellt.
Wegen Corona haben die Wutzrocker keine Rücklagen mehr. 2020 gab es nur eine Online-Version des Festivals, 2021 fiel es komplett aus, und 2022 gab es eine abgespeckte Version (zwei Tage, eine Bühne, kein Camping), die wegen Sicherheitsmaßnahmen wie der Umzäunung des Festplatzes besonders viel Geld kostete.
Organisatoren des „Umsonst & draußen“-Spektakels gehen hohes Risiko ein
Und: „Die Kosten sind aufgrund der allgemeinen Preisexplosionen im Vergleich zu 2019 um rund 30 Prozent gestiegen“, sagt Wutzrock-Sprecherin Sabine Vielhaben. Das Kultfestival finanziert sich durch Standgebühren, die Händler zahlen müssen, und Spenden sowie durch den Verkauf von Merchandising-Artikeln, Kaffee, Kuchen, Softdrinks und – vor allem – Bier.
Trotz des finanziellen Risikos soll weiterhin auf Eintritt verzichtet werden. Sabine Vielhaben: „Uns ist wichtig, dass auch Menschen ohne Geld Wutzrock besuchen können.“ Auch die Getränkepreise werden nicht erhöht – wenn es vermeidbar ist. Und das wird sich erst vor Ort zeigen, betont Sabine Vielhaben: „Wir werden die Besucher massiv um Spenden bitten.“
Wird nicht genug gespendet, werden Bierpreise erhöht
Sollte sich am späten Wutzrock-Freitagabend zeigen, dass kaum Geld gespendet worden ist, würden die Getränkepreise für den Rest des Festivals notgedrungen „moderat erhöht“. Vor allem Besucher, die mit Autos anreisen, sollen um Spenden gebeten werden, berichtet die 64-Jährige, „weil wir davon ausgehen, dass, wer sich ein Auto leisten kann, nicht ganz arm ist“. Gespendet werden könne vor Ort auch per Handy und Internet-Überweisung.
Bühnen, Licht- und Tontechnik, sanitäre Anlagen, Absperrzäune, die Versorgung mit Strom und Wasser, die Verpflegung der Mitarbeiter sowie die (verhältnismäßig kleinen) Gagen für die auftretenden Bands – darunter I-Fire aus Bergedorf, Tequila & the Sunrise Gang und Drei Meter Feldweg – würden den Löwenanteil der Kosten ausmachen. „Zum Glück sind uns alle Beteiligten wohlgesonnen, haben wir gute Kontakte. Deshalb müssen wir nicht in Vorkasse gehen.“ Der (finanzielle) Erfolg des Festivals sei extrem wetterabhängig, „während die Ausgaben stabil sind“.
Pandemie mit Kulturzuschüssen überlebt
Zwei, drei aufeinanderfolgende verregnete Festivals konnten in der Vergangenheit mit Solidaritätskonzerten etwa im Kulturzentrum Lola, Spenden-Aufrufen und dem Packen von Merchandising-Paketen ausgeglichen werden. Die Pandemie überstand Wutzrock nur mit Hilfe von Kulturmitteln des Bundes. Im schlimmsten Falle müsste der Vorstand des Vereins Galactic Entertainment, der hinter Wutzrock steht, persönlich haften. Das sei allerdings in mehr als 40 Jahren niemals vorgekommen – zum Glück. Denn nach einem finanziellen Desaster würden sich vermutlich keine Verantwortlichen mehr finden, die eine weitere Ausgabe stemmen.
- Musik: Mit 82 Jahren Bergedorfs dienstälteste Klavierlehrerin
- Polizei Bergedorf: Bewohner schlafen fest – da kommen die Einbrecher
- Straßenschäden in Bergedorf: Allermöher Deich soll saniert werden
Eine weitere Herausforderung für das bis zu 50 Ehrenamtliche zählende Organisationsteam, das sich das ganze Jahr über mit Wutzrock beschäftigt, ist die Akquise von ehrenamtlichen Helfern vor Ort. Für alle Arbeitsbereiche – von Auf- und Abbau über Bierverkauf, Security, Betreuung von Kinderfest, Bands und Bühnentechnik bis zur Arbeit am Geschirrspülmobil – werden bis zu 400 Helfer benötigt. „Bisher haben wir knapp 300. Da ist noch Luft nach oben“, sagt Sabine Vielhaben.
Informationen für Helfer stehen im Internet
Die Wutzrock-Veteranin hat drei Bitten an die Besucher: Sie sollen ihren Müll wieder mitnehmen „oder zumindest zu einem der Sammelplätze bringen, Taschenaschenbecher nutzen und keine Fremdgetränke konsumieren“. Zahlreiche weitere Informationen über das Festival, darunter das Timetable für das gesamte Musikprogramm und kurze Beschreibungen aller ehrenamtlichen Arbeitsbereiche sowie Spendenkontodaten und Kontaktmöglichkeiten, finden sich im Internet unter wutzrock.de.