Hamburg. Eine abgestorbene Eiche und ein knorriger Frangipani bilden das erste Tree Art Project in Deutschland. Was es damit auf sich hat.

Eine uralte, abgestorbene Eiche wird von einem knorrigen Frangipani-Stamm umarmt – und hält einen seiner Äste im Arm, besser gesagt: im Ast. An der Außenalster, im Eichenpark in Harvestehude, steht seit Freitag ein neues Kunstwerk. Es ist Teil des Chicago Tree Art Projects und einzigartig in Deutschland. Initiator ist Christoph Lichtenfeld, der in Chicago lebt und sich als sogenannter HamburgAmbassador, eine Art ehrenamtlicher Botschafter, für seine Heimatstadt Hamburg engagiert.

Anlass für das Tree Art Project ist das 30-jährige Bestehen der Städtepartnerschaft von Hamburg und Chicago. Was in der US-Stadt in 2014 als lokale Aktion begann, hat inzwischen national und international Nachahmer gefunden: Andere Städte in den USA nutzen das Chicago Tree Project als Vorbild für eigene Baumskulpturenvorhaben, gleichzeitig kommen Künstler aus aller Welt nach Chicago, um Skulpturen zu schaffen.

Kunstprojekt an der Alster: Hamburg Marketing lobte Wettbewerb aus

„Die Idee zum Tree Art Project entstand, nachdem 2014 nach einem Insektenbefall Tausende Bäumen in Chicagos Parks abstarben“, teilt Lichtenfeld per Mail mit. „In Folge entwickelte der Chicago Park District gemeinsam mit Chicago Sculpture International ein Programm, das den absterbenden Bäumen ein zweites Leben als vergängliches öffentliches Kunstwerk geben sollte.“ Das habe er auch einem Hamburger Baum ermöglichen wollen.

Bildhauerin Franziska Seifert
Knorriger Frangipani umarmt uralte Eiche. Die Hamburger Bildhauerin Franziska Seifert vor ihrer Baumskulptur im Eichenpark an der Außenalster. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

In Chicago sei das Projekt mittlerweile sehr populär geworden. Mittlerweile kämen Künstler aus der ganzen Welt, um dort einzigartige Skulpturen zu schaffen. Unterstützung für seine Idee bekam Lichtenfeld von der Hamburg Marketing GmbH, die das HamburgAmbassador-Programm fördert und den mit 4500 Euro dotierten Wettbewerb „Hamburg Tree Art“ für die rund 300 Jahre alte Eiche im Eichenpark auslobte.

Hamburger Holzbildhauerin fand „Partner“ für alte Eiche in Indonesien

Gewonnen hat ihn die Hamburger Holzbildhauerin Franziska Seifert mit dem Entwurf einer Skulptur namens „Zwei Charakterstämme in Umarmung“. Die Vorbereitungen für die Realisierung betrugen mehrere Wochen. So befreite sie zunächst den imposanten Hamburger Baum von seiner Rinde und bettete seine Wurzeln in ein Betonfundament. Dann suchte sie ein passendes Gegenüber – und fand es in Form eines 6,50 Meter langen, knorrigen Frangipani-Baumstammes aus Indonesien.

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Dort hat die Hamburger Bildhauerin, die seit mehr als 20 Jahren während des Winterhalbjahrs in Asien arbeitet, von Einheimischen das Holzbildhauen und den Umgang mit asiatischen Hölzern gelernt. Ein besonderes Interesse hat sie daran, asiatische und europäische Hölzer zu besonderen Installationen zu verbinden. Daher sammelt sie während ihrer Asienaufenthalte viele unterschiedliche Materialien und schickt sie im Container nach Hamburg.

Alster in Hamburg: Mit dem Tree Art Project „entsteht etwas völlig Neues“

Auch der knorrige Frangipani-Stamm kam auf diese Weise hier an. Wegen der großen Gabelung im oberen Bereich wählte ihn Franziska Seifert als Partner für die Eiche aus. Weil er etwas kleiner ist als sie, steht er auf einer Art Stelze aus Edelstahl. Auf der Rückseite der Eiche hängt ein zwei Meter hohes Holzdreieck. Es sei, so die Künstlerin, ein Symbol dafür, dass aus der Begegnung der altansässigen Eiche mit dem weitgereisten Frangipani-Stamm „etwas völlig Neues entsteht“.

„Das Projekt ,Hamburg Tree Art‘ ist ein herausragendes Beispiel für kreative internationale Zusammenarbeit“, sagt Rolf Strittmatter von der Hamburg Marketing GmbH. Die künstlerische Inspiration aus Chicago führe zur Entstehung eines einzigartigen Kunstwerks in Hamburg und baue zugleich eine kulturelle Brücke zwischen den beiden Städten.