Hamburg. Pensionierungswelle macht Ordnungshütern zu schaffen. Nachwuchs muss schon nach “zwei oder drei Jahren“ Führungspositionen übernehmen.
Die Pensionierungswelle bei der Hamburger Polizei ist in vollem Gange. Jeden Monat verlassen um die 30 Polizistinnen und Polizisten den Apparat. Mit der Pensionierung der Babyboomer einhergeht ein großer Erfahrungsverlust. Den aufzufangen sei nur begrenzt möglich, sagte Polizeipräsident Ralf Martin Meyer im Interview mit dem Hamburger Abendblatt.
„Teile unseres Nachwuchses werden bereits nach zwei oder drei Jahren die erste Führungsposition bekommen. Das heißt, die Jungen müssen jetzt schnell an ihren Aufgaben wachsen“, so Meyer. Um gerade für Bewerber von außerhalb noch attraktiver zu werden, kündigte der Polizeipräsident mehr Kooperationen mit Wohnungsvermietern an. „Wir wollen den Berufsanfängern viel konkreter als bisher bei der Wohnungssuche helfen“, sagte Meyer. Das Ende der Dienstzeit des Polizeipräsidenten ist in Sicht: Meyer, selbst einer der Babyboomer, will dieses Jahr in Pension gehen. „Mein Wunsch ist bekannt: Ich möchte mich mehr um meine Familie kümmern und will noch ein bisschen was vom Leben haben.“
Hamburger Abendblatt: Die Pensionierungswelle der Babyboomer ist in vollem Gange. Wie viele erfahrene Polizisten werden Sie dieses Jahr wieder verlieren?
Ralf Martin Meyer: Ich unterschreibe im Durchschnitt rund 30 Ruhestandsurkunden pro Monat, mal auch etwas mehr. Bis 2026 sinken die Pensionierungszahlen der letzten Babyboomer dann leicht ab. Darauf haben wir bereits vor Jahren mit einer Einstellungsoffensive reagiert und die Einstellungszahlen erheblich angehoben. Also werden wir einerseits schon jetzt immer jünger und gleichzeitig steigt der Personalbestand sukzessive an.
Wie kompensieren Sie den Erfahrungsverlust, wenn so viele gestandene Polizisten in Pension gehen?
Ralf Martin Meyer: Dieses Problem kennt wohl jedes Unternehmen. Es geht nur begrenzt, zum Beispiel durch eine konsequente Aus- und Fortbildung. Teile unseres Nachwuchses werden bereits nach zwei oder drei Jahren die erste Führungsposition bekommen. Das heißt, die Jungen müssen jetzt schnell an ihren Aufgaben wachsen. Das ist für sie selbst aber auch für uns als Organisation neu aber auch eine Chance.
30 gehen pro Monat. Finden Sie immer noch 300 bis 400 geeignete Bewerber im Jahr?
Ralf Martin Meyer: Wir haben sowohl für den mittleren Dienst, als auch für den gehobenen Dienst, also das Studium, immer noch genügend geeignete Bewerbende. Wobei sich eine Tendenz abzeichnet, dass sich die jungen Menschen eher für das Studium interessieren. Insgesamt denke ich aber, dass der Polizeiberuf attraktiv bleiben wird. Unsicherheiten im Kontext der wirtschaftlichen Situation werden auch eine Rolle spielen. Unser Beruf ist ja nicht nur spannend und abwechslungsreich, er ist auch krisensicher.
Sind Sie als Arbeitgeber noch attraktiv genug? Oder müssen Sie den Schulabgängern noch mehr über das hinaus bieten, was Sie heute schon machen?
Ralf Martin Meyer: Viele Unternehmen werben um wenige junge Menschen. Na klar, muss man da als Arbeitgeber attraktiv sein. Unser Pfund ist der Polizeiberuf an sich. Er ist und bleibt attraktiv. Kein Tag ist wie der andere. Polizistin und Polizist zu sein, zeichnet sich durch den häufigen Kontakt mit Menschen aus und es ist höchst sinnstiftend für die Gemeinschaft da zu sein und für Sicherheit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sorgen. Darüber hinaus schauen wir auf den verschiedensten Ebenen, wie wir die jungen Menschen für uns interessieren und an uns binden können. Das beginnt schon vor dem Start der Ausbildung, zum Beispiel bei der Wohnungssuche, die ja in Hamburg bekanntlich nicht ganz einfach ist.
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Woran denken Sie? An neue Polizistenheime?
Ralf Martin Meyer: Wir haben bereits rund 100 Appartements in Alsterdorf, in denen die Nachwuchskräfte wohnen können und sich auf den Start der Ausbildung konzentrieren können. Früher war dies nur übergangsweise möglich, heute können die jungen Menschen dort länger wohnen. Darüber hinaus wollen wir aber auch bereits bestehende Kooperationen mit anderen Anbietern ausbauen. Und wir wollen den Berufsanfängern viel konkreter als bisher bei der Wohnungssuche helfen, zum Beispiel über eine Vernetzung im Social Media Bereich.
Aber sSie werden keine eigenen Wohnungen bauen.
Ralf Martin Meyer: Nein, das können und werden wir nicht tun.
Sie sind einer der Babyboomer. Im November werden Sie 64 Jahre alt. Wie lange kann die Polizei noch auf Sie zählen?
Ralf Martin Meyer: Es ist ja kein Geheimnis, dass die Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger bereits läuft. Bis dahin stehe ich mit all meiner Kraft und meinem Engagement als Chef der Polizei zur Verfügung. Ob das bis zum Sommer dauert oder bis zum Ende des Jahres, kann ich heute nicht sagen. Aber mein Wunsch ist bekannt: Ich möchte mich mehr um meine Familie kümmern und will noch ein bisschen was vom Leben haben.