Hamburg. Der gesamte Gebäudeteil gilt jetzt als einsturzgefährdet – ein Mann ist flüchtig, ein weiterer liegt schwerverletzt im Krankenhaus.

Eine massive Explosion hat am Montagmittag Barmbek erschüttert. Ihre Kraft war so gewaltig, dass der Ausgangsort – eine Wohnung im dritten Geschoss eines Klinkerbaus am Eckmannsweg – komplett verwüstet wurde.

Der gesamte Gebäudeteil gilt jetzt als einsturzgefährdet. Mauerteile wurden aus der Fassade des Mehrfamilienhauses herausgesprengt, Fenster barsten, Glassplitter prasselten auf den Gehweg. Was war hier bloß passiert?

Schwerverletzt nach Explosion: Verbrennungen im Gesicht

Der sichtbaren Zerstörung voran ging gegen 13 Uhr ein ohrenbetäubender Knall in der ansonsten ruhigen Wohnstraße, nicht weit entfernt vom Ring 2. Fast 40 Feuerwehrleute eilten zu dem Rotklinkerbau. Aus der Wohnung im dritten Geschoss des Gebäudes retteten sie einen schwer verletzten 39 Jahre alten Mann, der nach Angaben von Feuerwehrsprecher Martin Schneider Verbrennungen zweiten Grades vor allem an den Händen und im Gesicht erlitten hatte. Er musste intubiert werden und kam anschließend ins Unfallkrankenhaus Boberg.

Wie es am Einsatzort hieß, soll sich in der betroffenen Wohnung aber noch ein zweiter Mann aufgehalten haben. Und der war nach Angaben der Hamburger Polizei – Stand Montagabend – noch flüchtig.

Explodierte Wohnung beherbergte Hanfplantage

Offenbar gibt es starke Anhaltspunkte dafür, dass die Wohnung selbst zwar unbewohnt war, dort aber eine illegale und vermutlich professionelle Aufzucht mit Marihuana-Pflanzen betrieben wurde. „In der Wohnung befand sich nach unseren Erkenntnissen eine Hanfplantage“, sagte Polizeisprecherin Evi Theodoridou.

Feuerwehrleute hatten sie während des Lösch- und Rettungseinsatzes entdeckt. Die beiden mutmaßlichen Betreiber der Plantage – der verletzte 39-Jährige und sein noch flüchtiger Mitbewohner – sollen nach Abendblatt-Information in einer benachbarten Wohnung gelebt haben.

Explodierte Düngemittel für den Marihuana-Anbau?

Was die Explosion ausgelöst hat, ist noch nicht geklärt. Der naheliegende Verdacht, dass Gas ausgetreten und verpufft sein könnte, zerschlug sich nach Rücksprache mit dem Energieversorger jedoch schnell: Im gesamten Gebäude waren keine Gasleitungen verlegt. Die Polizei geht auch deshalb davon aus, dass es einen Zusammenhang zwischen der Explosion und dem Drogenanbau gibt.

Als eine mögliche Ursache gilt der unsachgemäße Gebrauch oder die schlampige Lagerung von chemischen Düngemitteln, die für die Aufzucht der profitablen Pflänzchen benötigt wurden.  Welch katastrophale Folgen Düngemittel-Explosionen haben können, zeigte sich im August dieses Jahres, als in Beirut fast 3000 Tonnen gelagertes Ammoniumnitrat in die Luft flogen: Der gesamte Hafen wurde dabei vernichtet, weite Teile der Stadt schwer beschädigt.

Druckwelle schleuderte Fassadenteile über die Straße

Belegt ist diese Theorie aber noch nicht. Die Brandermittler der Polizei durften die Wohnung aus Sicherheitsgründen zunächst nicht betreten. Zuvor musste sich am Montagnachmittag ein Baustatiker vergewissern, dass die Stabilität des einsturzgefährdeten Gebäudes noch hinreichend gewährleistet ist. Am frühen Abend dann konnten die Ermittler endlich ihren Job machen. Ein Ergebnis steht allerdings noch aus.

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Durch die Druckwelle war ein Teil des Mauerwerks im Bereich der Fassade nach außen gedrückt und Wände in der Wohnung verschoben worden. Trümmerteile fielen auf die Straße und beschädigten dort geparkte Autos. „Teile der Klinkerfassade wurden bis zur gegenüberliegenden Straßenseite geschleudert“, sagte Feuerwehrsprecher Martin Schneider. „Fast die ganze Küche lag unten.“

Feuerwehr: Mittlerer Bereich des Gebäudes "definitiv unbewohnbar"

Glücklicherweise hatte das Mobiliar in der betroffenen Wohnung nicht auch noch Feuer gefangen. An den Wänden zur benachbarten Wohnung und in der Decke seien Risse entstanden. Der mittlere Bereich des rund 60 Meter langen Wohngebäudes mit drei Eingängen sei „definitiv unbewohnbar“, so Schneider. So berichtet es auch Larissa Robitzsch, Sprecherin des Bezirksamts Nord. Insgesamt lebten in dem Haus zwölf Mietparteien, die zurzeit nicht in ihre Wohnungen zurückkehren können. 

Die Feuerwehr musste das Gebäude am Montagnachmittag evakuieren. Abgesehen von den beiden mutmaßlichen Betreibern der Hanfplantage hielten sich zum Zeitpunkt der Explosion nur fünf weitere Bewohner in dem Haus auf. Sie wurden von der Feuerwehr versorgt, ein Großraumrettungswagen (GRTW) stand bereit.

Auf Notunterkünfte, die ihnen der Bezirk Nord im Bedarfsfall zur Verfügung gestellt hätte, waren sie nicht angewiesen – sie kamen privat bei Freunden oder Verwandten unter. Heute soll geklärt werden, ob und inwieweit schnell Ersatzwohnungen für die betroffenen Mieter beschafft werden können, so Amtssprecherin Robitzsch weiter.