Hamburg. Flughafen, S-Bahn, Fernzüge und Hafen betroffen. Elbtunnel auch nach Baumaßnahmen dicht? Was Sie jetzt wissen müssen.

Der Warnstreik bei der Deutschen Bahn, am Flughafen und im Hamburger Hafen am Montag wird für Hunderttausende Menschen in Norddeutschland die Mobilität erheblich einschränken. Und anders als landläufig angenommen dürften die Ausläufer schon viel früher einsetzen, auf die sich Pendler, Bahn- und Fluggäste sowie Autofahrer einstellen müssen. Das hat mit Notfallplänen der Airlines wie der Lufthansa zu tun, mit der ohnehin geplanten Sperrung des Elbtunnels und der „Erfahrung“ der Deutschen Bahn mit einem kompletten „Lockdown“ im Fernverkehr, also ICE und Intercity.

Hier greift die „Torschlusspanik“: Weil viele Reisende vor Montag 0 Uhr an einem Ort sein wollen, an dem sie die nächsten 24 Stunden verbringen, könnten die Fernzüge schon am Sonnabend und Sonntag aus allen Nähten platzen. Die Bahn weist bereits darauf hin, dass Sonntagabend Züge ausfallen dürften. Infos gibt es bei bahn.de im Internet und unter der Telefonnummer 08000 996633. Wer ein Ticket hat, kann es flexibel bis zum 4. April nutzen, Sitzplatzreservierungen können storniert werden – kostenfrei, wie es heißt.

Streik Hamburg: Welche Bahnen fahren – welche nicht

Jedoch fallen auch Züge der DB Regio aus sowie bei der AKN aus. Die Bahngesellschaft Metronom teilte mit, ihre Züge führen jedoch, gleichfalls die von enno, erixx und erixx Holstein. Wegen der Streiks bei der DB Netz AG komme es aber auch bei den Privaten zu Verspätungen und/oder Ausfällen.

S-Bahnen in Hamburg werden ebenso bestreikt. Die U-Bahnen und Busse fahren. Auch die Hafenfähren sind wie gewohnt im Einsatz. Das war nach den Warnstreiks auf der Elbe nicht selbstverständlich. Zudem werden sie benötigt, um den Fluss zu überwinden. Sollte der Elbtunnel (Autobahn A7) bestreikt werden, die S-Bahn zwischen Hauptbahnhof und dem Hamburger Süden sowie Niedersachsen nicht fahren und Köhlbrandbrücke wie A1 (Elbbrücken) von Staus verstopft sein, braucht es Alternativen. Experten raten davon ab, die Bundeswasserstraße Elbe eigenmächtig im Segel- oder Ruderboot zu überqueren, bietet sie doch auch für erfahrene Nautiker reichlich Tücken.

Das Ausmaß eines befürchteten Verkehrschaos wird vom Elbtunnel abhängen. Er wird von Freitag 19 Uhr bis Montagfrüh 5 Uhr für A7-Bauarbeiten zwischen Heimfeld und Volkspark gesperrt. Ver.di könnte diese Elbquerung am Montag gleich weiter stilllegen. Die Polizei hat dafür einen „Notfallplan“ in der Hinterhand. Er sieht eine großräumige Umleitung durch Hamburg vor. Zuständig wäre die Verkehrsleitzentrale, die dafür aktiv in das Verkehrsgeschehen eingreifen würde. So könnten Ampelschaltungen verbessert werden, um den Verkehr flüssiger zu machen. Außerdem ist geplant, bei einer Elbtunnelsperrung direkt Infos an die Navigationsgeräte der Fahrzeuge zu schicken.

A7 und Elbtunnel: Infos direkt ins Navi?

Eine Notbesetzung für den Elbtunnel, beispielsweise durch Beamte, wäre nicht möglich – auch, weil die Technik zu komplex ist. Vor allem bei einem Notfall in einer der vier Tunnelröhren (Unfall oder Feuer) werden die Maßnahmen aus der Tunnelzentrale durchgeführt.

Und wer nicht Bahn fahren oder fliegen kann, braucht zur Fortbewegung auf längeren Strecken Auto oder Bus. So stieg die Nachfrage nach Mietwagen und Buchungen beim Flixbus bereits am Donnerstag stark an, wie dpa berichtete. Internetportale wie billiger-mietwagen.de und Check 24 verzeichneten eine Verdoppelung oder Vervierfachung der Anfragen. Analog stiegen die Preise. Flixbus hat nach Angaben einer Sprecherin auf zentralen Routen bereits die Kapazitäten für Montag erhöht.

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Flughafen Hamburg: Abflug und Ankunft gestrichen

Warteschlangen vor der Sicherheitskontrolle des Hamburger Flughafens: Bald sollen Passagiere Zeitfenster für den Check buchen können.
Warteschlangen vor der Sicherheitskontrolle des Hamburger Flughafens: Bald sollen Passagiere Zeitfenster für den Check buchen können. © Roland Magunia | Unbekannt

Der Hamburger Flughafen sagte für den Montag alle Starts ab. Ver.di habe ab Sonntag um 22 Uhr zu einem 25-stündigen Warnstreik aufgerufen. „Da auch die Sicherheitskontrolle bestreikt wird, sind erneut keine Abflüge ab Hamburg möglich“, sagte Sprecherin Katja Bromm. Die Kontrollstelle sei den ganzen Tag für Passagiere geschlossen. Geplant waren 147 Abflüge.

Auch bei den Ankünften seien Flugstreichungen zu erwarten, hieß es. Diese zeichnen sich in großem Ausmaß ab. Bis zum Freitagnachmittag cancelten Fluggesellschaften 70 der einst avisierten 152 Landungen in Fuhlsbüttel. So nahm die Lufthansa alle Ihre Verbindungen zu ihren Drehkreuzen nach Frankfurt und München aus dem Programm. Beide Flughäfen hatten mitgeteilt, den regulären Passagierverkehr einzustellen. Auch die Tochter Eurowings – der größte Anbieter in Hamburg – strich viele Flüge. Weitere Landungen könnten abgesagt werden.

Hamburger Hafen: Kreuzfahrtschiffe betroffen

Der Helmut-Schmidt-Airport rechnete am Montag ursprünglich mit mehr als 35.000 an- und abreisenden Passagieren. Am Dienstag – wenn der Flugbetrieb wieder möglich sein soll – sind 134 Starts und 131 Landungen in Fuhlsbüttel geplant. Diese Flüge dürften besser ausgelastet sein als üblich. Zudem könnten Airlines noch neue Verbindungen – quasi als Ersatz für die ausgefallenen am Montag – hinzufügen.

Auch der Hafen dürfte vom Warnstreik wieder stark betroffen sein. Die Gewerkschaft rief die Beschäftigten der Hamburg Port Authority (HPA) zur Arbeitsniederlegung auf. Bereits von Sonntag um 18 Uhr bis zum Dienstag um 6 Uhr sei ein weiterer Streik angekündigt, sagte HPA-Sprecherin Sinje Pangritz: „Dieser wird voraussichtlich erneut zu massiven Einschränkungen sowohl beim Lotsenversetzdienst als auch bei der Bedienung von Schleusen, Brücken, Sperrwerken und des St. Pauli Elbtunnels führen.“

„Aidabella“ und „MSC Virtuosa“: Laufen sie noch aus?

Das Kreuzfahrtschiff
Das Kreuzfahrtschiff "AidaBella" ist im Dezember 2022 bei einem Unfall im Hamburger Hafen beschädigt worden. © Michael Rauhe | Unbekannt

Davon könnten am Wochenende auch Kreuzfahrtschiffe betroffen sein. Die „Aidabella“ soll am Sonntag um 18 Uhr zu einem einwöchigen Törn nach Norwegen aufbrechen, die „MSC Virtuosa“ drei Stunden später Richtung Westeuropa. Man befinde sich mit Ver.di in Gesprächen, um Lösungen zu erarbeiten, hieß es von der HPA zur Gesamtsituation. Auch die Schleusen des Nord-Ostsee-Kanals dürften geschlossen bleiben, weil die Wasser- und Schifffahrtsämter ebenfalls bestreikt werden.

Erst am gestrigen Freitag um 6 Uhr war der vorangegangene Warnstreik im Hamburger Hafen beendet worden. Der Lotsenversetzdienst habe seine Tätigkeit wieder aufgenommen, so die HPA. Auch befinde sich die Bedienung von Schleusen, Brücken, Sperrwerken und des St. Pauli Elbtunnels wieder im Regelbetrieb. Seit Mittwoch hatten lotspflichtige Schiffe den Hafen weder anlaufen noch verlassen können. Die Lotsenversetzboote bringen die Lotsen zu den Containerschiffen. Ohne sie dürfen Schiffe mit einer Länge von mehr als 90 Metern oder einer Breite von 13 Metern und darüber die Elbe nicht befahren.

Tarifstreit: Was die Gewerkschaften Ver.di und EVG fordern

Ver.di verlangt in der Tarifauseinandersetzung für die Angestellten von Bund und Kommunen ein Gehaltsplus von 10,5 Prozent, mindestens 500 Euro. Die Laufzeit dieser Vereinbarung soll zwölf Monate betragen. Von einer Einigung sollen auch Beamtinnen und Beamte sowie Versorgungsempfänger profitieren. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) fordert 650 Euro mehr für alle oder zwölf Prozent Aufschlag.

Der EVG-Vorsitzende Martin Burkert sagte: „Den Eisenbahnverkehrsunternehmen laufen, wie auch den Busgesellschaften der Deutschen Bahn, die Mitarbeitenden davon. Ein Grund hierfür ist die schlechte Bezahlung. Schon heute fallen immer wieder Bus- und Zugverbindungen aus, weil Stellen unbesetzt oder Kolleginnen und Kollegen aufgrund der hohen Belastung krank geworden sind.“ Die Verkehrswende werde ohne ausreichend vorhandenes Personal nicht gelingen.

Arbeitgeber: „Wildwest-Arbeitskampf“

Asklepios Vorstand Kai Hankeln
Asklepios Vorstand Kai Hankeln © Michael Rauhe | Michael Rauhe

Die Arbeitgeber wie die Arbeitsrechtliche Vereinigung Hamburg (AVH) machen geltend, dass die hohe Inflation, die viele anführen, ja nicht von Dauer sei. Zudem profitierten viele Beschäftigte von Entlastungspaketen. Für den Krankenhaus-Konzern Asklepios, der vom Ärzte- und Pflegekräftestreik betroffen war, sagte dessen Vorstandschef Kai Hankeln, Leidtragende seien die Patientinnen und Patienten. Zudem habe sein Unternehmen wenig Einfluss auf die Tarifgespräche, die am Montag in Potsdam wieder aufgenommen werden. Hankeln sagte: „Ver.di nutzt die arbeitsrechtlichen Lücken für einen Wildwest-Arbeitskampf zulasten der Patienten, um mit dem PR-Spektakel neue Mitglieder zu werben.“

Der Präsident des Unternehmerverbandes Nord, Philipp Murmann, erklärte: „Wer in diesen Zeiten den Hamburger Hafen und den Nord-Ostsee-Kanal durch überdimensionale Streiks lahmlegt, kämpft nicht für Arbeitsplätze, sondern gefährdet diese nachhaltig!“ Hamburg verliere Marktanteile an Rotterdam und Antwerpen, ein „Arbeitskampf mit der Brechstange“ gefährde den Standort.

Arbeitsrechtler zu Pflichten der Arbeitnehmer

Ungewöhnlich an dem bevorstehenden Streik ist, dass er sich mit den Tarifverhandlungen überschneidet. Thorsten Schulten vom Institut WSI der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung sagte jedoch, das sei rechtlich nicht zu beanstanden. Und doch sollten sich Arbeitnehmer an ihre Pflichten erinnern.

Der Hamburger Arbeitsrechtler Prof. Dr. Michael Fuhlrott sagte: „Wie der Arbeitnehmer zur Arbeit gelangt, ist Sache des Arbeitnehmers. Dieser hat sicherzustellen, dass er pünktlich zum Arbeitsbeginn im Betrieb erscheint, um die Arbeit aufnehmen zu können.“ Das gelte umso mehr, als Streiks und absehbares Verkehrschaos Tage vorher bekannt sind. Und sich ohne Absprache für einen Tag im Homeoffice zu entscheiden – das sei nicht erlaubt.