Hamburg. Beste Zutaten haben im Lokal an der Großen Elbstraße ihren großen Auftritt. Was den Gastro-Kritiker besonders begeistert.

Zu den sympathischsten Komponenten einer vitalen Gastronomieszene wie der in Hamburg zählen die „verlässlichen Klassiker“: Das sind liebenswerte Stätten der Einkehr, wo man fürsorglich umsorgt und umhegt wird und im Grunde den Verstand an der Garderobe abgeben kann, weil man weiß: Speis und Trank sind eigentlich immer gut und niemand muss fürchten, über den Tisch gezogen zu werden.

Restaurant Hamburg: Marseille – ein verlässlicher Klassiker an der Elbe

Förmlich die Inkarnation dieser Spezies ist das Marseille an der Großen Elbstraße: Seit 15 Jahren versteht es hier der ausnehmend sympathische Gastgeber Milenko, seinen, c´est la vie, im Laufe der Zeit bisweilen wechselnden Chefköchinnen und -köchen die perfekte Zubereitung der ultimativen Bouillabaisse à la Marseille (klein 21,80 Euro, sinnvoller als Hauptgericht für 27,50 Euro) beizubringen.

Im Marseille kommen Fisch- und Fleischliebhaber auf ihre Kosten

Sämig und sinnensatt sonnt sich der hoch aromatische, brillant abgeschmeckte Sud in seiner rustikalen Terrine, in ihm ruht sanft eine reichhaltige Einlage frischer Edelfische und Krustengetiers, würzige Rouille und knackige Crôutons vollenden das eminent erfreuliche Ensemble. Da kann, bei allem anderswo vielleicht berechtigtem Lokalpatriotismus, die nüchternere, seit einigen Jahren alternativ offerierte „Bouillabaisse Altona“, die auf einem klaren Fischfond basiert, nicht ganz mithalten.

Auch der, den es nach Abwechslung zur Bouillabaisse gelüstet, kann hier glücklich werden und sich an – nicht nur – frankophilen Klassikern erfreuen: Frische Fine de Claire-Austern, woanders gern schon mal für knapp 7 Euro auf der Karte, werden hier noch für nostalgisch anmutende 3,80 Euro offeriert.

Auf der wöchentlich wechselnden Karte stehen französisch interpretierte Gerichte

Weiters locken frische Miesmuscheln mit Wurzelgemüse im Weißweinsud (klein 17,90, groß 23,90 Euro), die Dorade im Ganzen (31 Euro) verblüfft bei den Beilagen mit einer köstlichen, portugiesisch inspirierten Stockfisch-Brandade und Spinat – und dann lugt noch keck ein schneeweißer nordischer Kabeljau mit Specklinsen und Schwarzwurzeln (34 Euro) ums Eck.

Konservative Fleischfreunde bekommen ihre beiden Leibspeisen: Kundig angemachtes Tatar vom Rind mit Röstbrot und einem knackigen Salat (klein 19,90, groß 26,50 Euro) oder, ein solides Entrecôte mit Pommes frites und Salat (35 Euro). Das klingt zum Teil unspektakulär, aber wenn Fisch, Fleisch und Gemüse von bester Qualität, die Beilagen liebevoll komponiert, die Salate knackig und die Dressings perfekt sind, dann lacht schon mal das Glück vom Teller.

Restaurant Hamburg: Weinauswahl im Marseille ist spannend und fair kalkuliert

Die wechselnde Tageskarte offeriert bisweilen auch spannende Wildgerichte oder Geschmortes vom Bunten Bentheimer Landschwein – da heißt es zugreifen. Spannend und einigermaßen fair kalkuliert (ordentliche Flaschenweine ab 33 Euro) präsentiert sich auch die Weinauswahl. Dabei stehen neben großen Namen der deutschen und französischen Weinszene zunehmend spannende Gewächse aus der Bio- und Naturweinszene auf der Karte.

Den Patron unbedingt nach besonderen Weinen abseits der Karte fragen

Oder eben auch nicht: Es gehört zu den Eigenheiten von Patron Milenko, dass er meist noch irgendwelche in Kleinstmengen zugeteilten Trouvaillen im hintersten Winkel seines Klimaschranks versteckt hält – und auf gutes Zureden hin auch mal offen ausschenkt. Kommunikation und Interaktion ist also gefragt im gemütlich-rustikalen kleinen Restaurant mit schönem Elbblick – und so soll es ja auch sein im Gastgewerbe.

Marseille, Große Elbstraße 164, Tel. 4130 7221, Di-Sa 12–23 Uhr, restaurant-marseille.de