Hamburg. 60.000 Fahrgäste am Tag müssen 2020 auf andere Verbindungen ausweichen, wenn die U3-Strecke in der Innenstadt saniert wird.
Dass ein U-Bahn-Abschnitt für mehr als ein Jahr gesperrt wird, dürfte wohl einmalig sein in der mehr als 100-jährigen Geschichte der Hamburger Hochbahn. Aber im kommenden Jahr wird dieses Szenario Realität – und davon sind täglich rund 60.000 Fahrgäste in der Hansestadt betroffen. Die Rede ist von der historischen U-Bahn-Linie 3 auf dem Abschnitt zwischen dem Hauptbahnhof und dem Baumwall. Der U-Bahn-Trog, der zwischen den Haltestellen Rathaus und Rödingsmarkt liegt, muss durch einen Neubau ersetzt werden. „Eine besondere Herausforderung stellen die Arbeiten in dem engen Tunnel unterhalb des HSBA-Gebäudes am Adolphsplatz dar“, sagte Jens-Günter Lang, Technik-Vorstand der Hochbahn.
Die Baumaßnahmen sollen frühestens im September 2020 starten und 14 Monate dauern. Lang betont: „Die U-3-Strecke ist eine der wichtigsten Verbindungen im Innenstadtbereich. Eine hohe Verlässlichkeit und Sicherheit der Infrastruktur ist unverzichtbar für die Mobilität in Hamburg.“ Deshalb müssten diese Arbeiten rechtzeitig angegangen werden. Für die Fahrgäste bedeutet die Sperrung des Abschnitts zwischen Hauptbahnhof und Baumwall erhebliche Fahrzeitverlängerungen. Einen Busersatzverkehr wird die Hochbahn nicht einrichten. Die Kunden müssen auf die Metrobusse ausweichen, die durch die Mönckebergstraße fahren oder auf andere S- und U-Bahnen.
Insgesamt investiert das städtische Verkehrsunternehmen rund 50 Millionen Euro. In dieser Summe sind aber weitere Baumaßnahmen enthalten. So wird die Haltestelle Rödingsmarkt saniert. In dem mehr als 100 Jahre alten Bauwerk werden der Bahnsteigbelag und die Treppenanlagen erneuert. Zudem wird die historische Bausubstanz des U-Bahn-Tunnels zwischen der Mönckebergstraße und dem Adolphsplatz erneuert. Außerdem werden die Stahlviadukte im Bereich der Willy-Brandt-Straße, an den Haltestellen Rödingsmarkt, am Graskeller und am Mönkedammfleet instand gesetzt.
U3-Sperrung ermöglicht weitere Sanierungen
Um weitere Sperrungen in den kommenden Jahren zu vermeiden, will die Hochbahn im Zuge dieser Sanierungsmaßnahmen weitere Projekte bündeln:
- Instandsetzung des U-Bahn-Tunnels zwischen Mönckebergstraße und Adolphsplatz: Dabei sollen die Tunneldecke und Tunnelwände saniert werden. Im Abschnitt zwischen Rathaus und Adolphsplatz wird zudem die Tunnelabdichtung erneuert, um die Konstruktion gegen Feuchtigkeit zu schützen.
- Es müssen vier Stahlviadukte an der Willy-Brandt-Straße, der Haltestelle Rödingsmarkt, am Graskeller und am Mönckedammfleet instand gesetzt werden sowie ein Steinviadukt am Mönckedammfleet.
- An der Haltestelle Rödingsmarkt werden die Bahnsteigerhöhung verlängert, der Bahnsteigbelag erneuert und die Treppen saniert. Außerdem wird das mehr als 100 Jahre alte Bauwerk gegen Rost geschützt.
- Zwischen den Haltestellen Rathaus und Rödingsmarkt werden Schienen, Schwellen, Schotter und Stromschienen ausgetauscht.
- Im „Windschatten“ des Großprojektes wird auch die U3-Haltestelle Rathaus barrierefrei ausgebaut, mit einem Aufzug je Bahnsteig, einem erhöhten Bahnsteig und Leitsystemen für blinde und sehbehinderte Fahrgäste.
Die Hochbahn wird im Zuge der Baumaßnahmen auch die U-3-Haltstelle Rathaus für rund zehn Millionen Euro barrierefrei ausbauen. Die Station erhält zwei Aufzüge und die Bahnsteige werden für einen niveaugleichen Ein- und Ausstieg erhöht und Leitsysteme für blinde und sehbehinderte Fahrgäste installiert. „Allein der barrierefreie Ausbau hätte eine Betriebsunterbrechung von zwölf Monaten erfordert und kann nun komplett in die Streckensperrung eingebettet werden“, sagte Lang. 76 ihrer 92 Stationen hat die Hochbahn in Hamburg bereits barrierefrei mit Fahrstühlen ausgebaut.
Weitere Baumaßnahme geplant
Eigentlich war auf der Strecke noch eine weitere Baumaßnahme in der Haltestelle Mönckebergstraße geplant. Es sollten in Höhe des Levantehauses und der gegenüberliegenden Barkhof-Passage jeweils ein gläserner Aufzug eingebaut werden und vor der Barkhof-Passage ein weiterer Zugang. Aber Anrainer haben vor dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht (OVG) eine Klage und einen Eilantrag gegen den Planfeststellungsbeschluss der Verkehrsbehörde für den barrierefreien Ausbau der Haltestelle Mönckebergstraße erhoben (wir berichteten).
Wenn das Gericht dem Eilantrag stattgibt, würde ein vorläufiger Baustopp – so wie beim geplanten neuen Fernbahnhof Altona am Diebsteich – verhängt. Die Hochbahn wartet nun die Entscheidung des Gerichts ab und hatte gar nicht erst mit den bauvorbereitenden Maßnahmen begonnen.
„Sollte es bis Anfang kommenden Jahres eine Entscheidung des OVG geben, dass der Planfeststellungsbeschluss seine Gültigkeit behält, dann würden wir Anfang 2021 auch mit dem barrierefreien Ausbau der Haltestelle Mönckebergstraße beginnen“, sagte Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum. Ein Gerichtssprecher sagte auf Abendblatt-Anfrage: „Die Stadt und die Hochbahn haben noch bis zum 10. Oktober Zeit eine Stellungnahme abzugeben. Wann über den Eilantrag entschieden wird, steht noch nicht fest.“
Der erste Spatenstich für die Ringlinie U 3 erfolgte im Jahr 1906 am Adolphsplatz in der Innenstadt. Der erste und älteste Streckenabschnitt führte vom Rathaus über den Hauptbahnhof bis nach Barmbek und wurde am 15. Februar 1912 eingeweiht. Heute ist die Strecke rund 20 Kilometer lang. Auf der U 3 werden aktuell nur noch die neuesten DT5-Züge eingesetzt. Davon fahren bereits 110 auf dem Hamburger Streckennetz, weitere 53 Fahrzeuge sollen noch geliefert werden.
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Unterdessen hält die U 3 weiterhin nicht am stark frequentierten Bahnhof Landungsbrücken. Die Haltestelle wird seit Monaten saniert und barrierefrei ausgebaut. Die U-Bahn soll ab 16. Dezember wieder an der Station halten.