Hamburg. Psychotherapeut Dr. Wolfgang Krüger beschäftigt sich seit Jahren mit der Eifersucht und unterscheidet im Interview drei Stufen.

Ganz gleich, ob jung oder alt: Eifersucht wird von allen Involvierten als große Belastung empfunden. Gerade in jungen Jahren bedeutet sie sogar nicht selten das Beziehungsaus oder führt zu desaströsen Affekthandlungen.

Der Psychotherapeut Dr. Wolfgang Krüger beschäftigt sich seit Jahren mit dem unangenehmen Gefühl. Warum Menschen überhaupt eifersüchtig sind und wann die Eifersucht auch etwas Positives sein kann, erklärt er im Interview.

Wie kommt es eigentlich, dass Menschen eifersüchtig sein können?

Dr. Wolfgang Krüger: Wir haben im Leben immer Angst, etwas zu verlieren. Die Verlustangst ist ein Urgefühl. Das beginnt schon bei der Geschwistereifersucht, wo das Gefühl entsteht, ich werde entthront, wenn ein jüngeres Geschwisterkind kommt. Eifersucht kann aber auch in Freundschaften oder im Kollegenkreis auftreten. Alle Beziehungen sind eifersuchtsgefährdet.

Glauben Sie, dass es Menschen gibt, die absolut keine Eifersucht verspüren?

Dr. Wolfgang Krüger: Etwas mehr als zehn Prozent aller Menschen behaupten, sie seien nicht eifersüchtig, vor allem sind das Männer. Ich sehe den Grund darin, dass die Eifersucht in ihrer stärkeren Ausprägung ein schreckliches Gefühl ist. Es gibt andere Gefühle, die sind großartiger. Die Wut zum Beispiel, weil sie ein Gefühl von Stärke verleiht. Die Eifersucht ist ein klägliches Gefühl, weil ich so sehr von einem anderen abhängig bin. Bei vielen Männern passt das nicht ins Bild.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade die Männer, die Eifersucht verdrängen, dann in eine große Krise geraten, wenn die Partnerin tatsächlich fremdgeht. Diese Verdrängung kann dazu führen, dass dann Dinge eintreten, die man gar nicht will. Anders gesagt: Der Einbrecher gelangt in die Wohnung, weil die Alarmanlage ausgestellt ist. Diese Männer geraten dann in eine heftige Krise. Insofern ist eine milde Eifersucht, bei der das Alarmsystem funktioniert, besser.

Was ist der Unterschied zwischen Neid und Eifersucht?

Dr. Wolfgang Krüger ist Psychotherapeut mit dem Schwerpunkt Beziehungsschwierigkeiten.
Dr. Wolfgang Krüger ist Psychotherapeut mit dem Schwerpunkt Beziehungsschwierigkeiten. © Gerald Wesolowski | Gerald Wesolowski

Dr. Wolfgang Krüger: Beim Neid will ich etwas dazukriegen, während die Eifersucht etwas Bewahrendes hat. Ich will etwas bewahren, das schon zu mir gehört. Insofern ist die Eifersucht kulturell in der Gesellschaftsgeschichte ein bisschen besser angesehen. Der Neid ist etwas, was Störungspotenzial hat. Da will ich dem anderen quasi etwas klauen.

Kann der Eifersucht auch etwas Positives abgewonnen werden?

Dr. Wolfgang Krüger: Im Kern ist die Eifersucht eigentlich etwas Positives. Genauso wie alle Ängste. Ängste haben immer eine Alarmfunktion und das ist sinnvoll. Wir erleben auch die milde Eifersucht durchaus als positiv. Wenn wir zum Beispiel feststellen, dass der Partner neugierig fragt, „Wer ist denn das gewesen?“ oder „Verstehst du dich gut mit dem?“, empfinden wir es so, dass der Betreffende die Beziehung bewahren will.

Ich unterscheide drei Stufen der Eifersucht: die milde, die mittlere und die massive Eifersucht. Nervig ist erst die massive Eifersucht, weil man jemanden ständig ausfragt; als Partner fühlt man sich wie beim Geheimdienst. Diese Form von Eifersucht ist für eine Beziehung destruktiv.

Das Positive bei der Eifersucht ist, dass der Betreffende immer ein sehr leidenschaftlicher Mensch ist. Da entstehen große Dramen, das ist großes Kino! Das sind Kräfte, die sinnvoll angewendet das Leben ausgesprochen bereichern können.

Das Dumme ist: Jemand, der eifersüchtig ist, hat ein schlechtes Gefühl für sich und vernachlässigt ganz viele Lebensbereiche. Zum Beispiel werden Prüfungen nicht abgelegt oder ein Studium wird nicht beendet. Wenn man diese Kräfte auf das eigene Leben umlenken könnte, dann könnte das ganz großartig sein.

Die Eifersucht wird als Kind oder Feindin der Liebe bezeichnet. Wie sehen Sie das?

Dr. Wolfgang Krüger: Das Problem ist, dass sie im Grunde beides ist. Ich glaube, dass ein wenig Eifersucht zur Liebe immer dazugehört. Wenn ich dann eine Beziehung habe, wo ich das Gefühl habe, der andere ist für mich etwas Besonderes, dann habe ich ein Grundgefühl, das mir sagt: „So einen wie dich finde ich nicht noch mal im Leben.“

Da gibt es latent eine Neigung zur Eifersucht und die ist für die Liebe eher förderlich. Schwierig wird es, wenn Eifersucht sich nur durch Kontrolle und Vorwürfe äußert. Diese Form der Eifersucht führt sehr häufig zur Trennung.