Hamburg. Auch SPD geht auf Distanz zum Expertengremium, anders als die Grünen. Industrieverband fordert „leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur“.
Die zweite Empfehlung des 2021 eingesetzten Hamburger Klimabeirates hat am Donnerstag für eine große Debatte gesorgt. Die 15 Experten, die den Senat beraten, hatten gefordert, Infrastrukturprojekte immer daraufhin zu prüfen, wie viel Treibhausgase beim Bau anfallen – und eine solche Überprüfung von U 5, der geplanten A 26-Ost, der Köhlbrandquerung und des neuen S-Bahn-Tunnels zwischen Hauptbahnhof und Altona gefordert (wir berichteten).
„Eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur ist für die Wettbewerbsfähigkeit einer Industrie- und Handelsdrehscheibe von herausragender Bedeutung“, sagte Industrieverbands-Chef Matthias Boxberger.
Verkehr Hamburg: Klimabeirat erntet Lob und Kritik für Forderungen
„Die A 26-Ost bündelt den weiträumigen Hafenverkehr und verbessert die Erreichbarkeit sowie die Leistungsfähigkeit des Standortes Hamburg. Gleichzeitig entlastet sie die innerstädtischen Quartiere von Verkehr und damit von Lärm- und Schadstoffemissionen. Viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wohnen im Süden Hamburgs und wünschen sich eine Entlastung von Verkehr in den Wohnbereichen sowie eine Bündelung der Verkehre auf leistungsfähigen Hauptverkehrsachsen.“
SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf übte grundsätzliche Kritik an dem in der grünen Umweltbehörde angesiedelten Beirat. „Wir haben große Hoffnung in die Arbeit des Klimabeirates als kritisch-konstruktives Gremium gesetzt. Dieser Erwartung wird er bisher leider nicht gerecht und verpasst so eine große Chance“, sagte Kienscherf. „Nach der Forderung zur Halbierung des dringend benötigten Wohnungsbaus in Hamburg sowie sehr kritischen Äußerungen zu den wichtigen Schienenprojekten der Mobilitätswende fragt man sich, ob der Klimabeirat eigentlich die reale nachhaltige Entwicklung unserer Stadt zum Ziel hat.“
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Dennis Thering: „Hamburg ist kein Museumsdorf“
Grünen-Klimapolitikerin Rosa Domm dagegen sagte: „Der Klimabeirat ist mit seiner fachlich hochklassigen Besetzung eine wichtige Stimme im stadtweiten Diskurs über klimapolitische Weichenstellungen.“ Mit Blick auf die Bauprojekte sei es wichtig, „dass alle dabei anfallenden Emissionen umfassend erfasst und die Projekte entsprechend abgewogen werden“. Das gelte auch für die U 5, „bei der wir von Hochbahn und Stadt eine Nutzung sämtlicher Einsparpotenziale nachdrücklich erwarten“, so Domm. „Die A 26-Ost steht wie alle Autobahnprojekte des Bundes auf dem klimapolitischen Prüfstand. Für Hamburgs Wirtschaftsverkehr liegt die Priorität auf einer neuen Köhlbrandquerung.“
CDU-Fraktionschef Dennis Thering unterstützte die Forderung nach Klimabilanzierung, sagte aber auch: „Hamburg ist kein Museumsdorf und als Wirtschafts-, Hafen- und Handelsmetropole auf gute Infrastruktur angewiesen, dazu gehört die A 26-Ost.“ Für den Linken-Umweltpolitiker Stephan Jersch hat der Klimabeirat recht. „Erst bauen und dann gucken, wie damit verbundene Treibhausgas-Ausstöße wieder eingefangen werden, geht nicht mehr. Die U 5 verursacht zu viel CO2, ist kaum bezahlbar und kommt viel zu spät für die Klimawende.“ FDP-Landesvize Katarina Blume forderte, die Stadt müsse sich „mit innovativen Baustoffen und klimaschonenden Verfahren auseinandersetzen, damit wichtige Infrastruktur-Projekte durchgeführt und gleichzeitig ehrgeizige Klimaziele erreicht werden können“.