Hamburg. Katharina Schaefer, Chefin der Hamburg Media School, spricht über Veränderungen in der Medienbranche und einen bekannten Absolventen.

Wo kommen die Gründerinnen und Gründer neuer, digitaler Unternehmen her, wo die Journalistinnen und Journalisten für die digitale Zukunft? Zum Beispiel aus der Hamburg Media School, die die Stadt Hamburg und Medienunternehmen vor knapp 20 Jahren gemeinsam gegründet haben.

In unserer Reihe „Entscheider treffen Haider“ spricht Geschäftsführerin Katharina Schaefer über die neue Lust am Journalismus, den Medienstandort Hamburg und erklärt, warum man sich als 46-Jährige davon verabschieden muss, dass jüngere Menschen weniger wissen als man selbst.

Das sagt Katharina Schaefer über…

… die Gründung der Hamburg Media School vor knapp 20 Jahren:

„Es ging darum, dass man angesichts der Digitalisierung im Journalismus und im Medienmanagement vor enormen Herausforderungen stand. Man sah, dass sich der Journalismus ändern würde, dass es neue Geschäftsmodelle geben muss und hat sich gefragt: Wo bilden wir die Leute aus, die wir dafür brauchen? In Hamburg gab es damals keinen Ort dafür, und deswegen haben die Stadt und Medienunternehmen die HMS gegründet.“

… die neuen Chancen im Journalismus:

„Ich freue mich, dass wir wieder mehr Menschen für den Journalismus begeistern können, die noch vor ein paar Jahren gesagt hätten: Ich weiß nicht, wie es mit dem Journalismus und den Medienunternehmen weitergeht, ich gehe sicherheitshalber lieber in die Kommunikations- oder PR-Branche. Das hat sich gedreht, die Nachfrage nach Journalistinnen und Journalisten wird immer größer.“

… ihr Psychologiestudium und eine besondere Einsicht, die allen Chefinnen und Chefs helfen könnte:

„Aus der Psychologie ist das Wichtigste für mich, dass ich Korrelationen und Kausalitäten auseinanderhalten kann, das hilft mir jeden Tag. Korrelation heißt: Dinge, die einfach zusammen passieren, müssen nicht voneinander begründet sein, während eine Kausalität etwas ist, wo man etwas getan und damit tatsächlich eine Veränderung herbeigeführt hat. Wenn man in einer Führungsposition ist, denkt man gern, dass man mit einer eigenen Entscheidung etwas bewirkt hat, aber häufig ist das nur eine Korrelation. Ein einfaches Beispiel: Wir haben eine Hochkonjunktur, und trotzdem denken viele Firmenchefinnen, dass es ihren Unternehmen nur so gut geht, weil sie so tolle Managerinnen sind.“

… einen aktuell sehr bekannten Absolventen der HMS:

„Philipp Westermeyer, der Gründer der Online Marketing Rockstars, hat bei uns studiert, das OMR-Festival ist bei uns an der HMS mitentwickelt worden. Er gehörte zu einem der ersten Jahrgänge nach der Gründung. Bei diesen ersten Jahrgängen ist schon sehr viel unternehmerischer Geist spürbar. Genauso wie der Wille, noch einmal eine Runde tiefer zu gehen, und mit anderen darüber nachzudenken, in welche Richtung man sich entwickeln will. Das zeichnet aber auch jetzt noch viele unserer Studierenden aus. Was unsere Absolventen und Absolventinnen im Kern antreibt, ist, dass sie
diese Welt ein Stück besser machen wollen. Es ist ihnen sehr wichtig, was sie machen.“

… das Alter in einer digitalen Welt:

„Wovon man sich verabschieden muss, ist, dass Menschen, die jünger sind per se weniger wissen als man selbst. Wenn man das einmal begriffen hat, hilft das sehr, zumal Erfahrung, die etwa jemand gesammelt hat, der wie ich 46 Jahre alt ist, kein Wert an sich mehr ist. Im Zweifelsfall ist es in einer Welt, die komplex ist und sich derart schnell ändert, so, dass man sich seine Erfahrung immer von neuem erarbeiten muss. Jüngere haben dafür das Problem, die Gedankengerüste von uns Älteren zu verstehen, die uns helfen, bestimmte Fragen vom Ende her besser beurteilen zu können. Deswegen macht eine Zusammenarbeit in diversen Teams einen großen Sinn, wobei divers eben nicht nur Männer und Frauen meint, sondern unter anderem eben auch Alt und Jung.“

… der Medienstandort Hamburg:

„Als die HMS gegründet wurde, spielte dabei auch die Frage eine Rolle, was aus Hamburg als einem der wichtigsten Medienstandorte Deutschlands wird. Die Sorgen, die es damals gab, haben sich nicht bestätigt. Man muss nur mal gucken, wie viele digitale Medien dazugekommen sind. New Work, ehemals Xing, Google, Facebook, Twitch, OMR, da hat sich in den vergangenen Jahren extrem viel entwickelt. Wir müssen nur dafür sorgen, dass genügend junge Journalistinnen und Journalisten, Medienmanagerinnen und Filmemacher in die Stadt kommen und hierbleiben. Das wird schwieriger, weil mobiles Arbeiten so viel leichter und selbstverständlich geworden ist.“

Der Fragebogen: Berufswunsch Ägyptologin

Was wollten Sie als Kind werden und warum?

Als Kind wollte ich gerne Ägyptologin werden. Diese versunkene Kultur, das Geheimnisvolle der Entschlüsselung der Hieroglyphen und die unglaublichen Baudenkmäler haben mich sehr fasziniert. Am Ende habe ich mich dann aber doch entschieden, mich mit etwas aktuelleren Themen zu beschäftigen.

Was war der beste Rat Ihrer Eltern?

Ich würde das, was meine Eltern mir mitgegeben haben, ungern auf einen Rat reduzieren. Meine Eltern haben mir unglaublich viel Vertrauen in mich selber vermittelt, aber auch Werte und Haltungen, die mich noch immer sehr prägen. Der einprägsamste Einzelrat war sicherlich, immer eine Mütze zu tragen und viel Gemüse zu essen – an beides halte ich mich allerdings bislang eher weniger und gönne mir stattdessen lieber ein Halloumi-Dürüm auf der Langen Reihe.

Wer war beziehungsweise ist Ihr Vorbild?

Mich haben ganz viele unterschiedliche Menschen geprägt. Sei es meine erst kürzlich verstorbene Großmutter, die jedem Menschen mit unerschütterlicher Freundlichkeit begegnet ist, oder mein Patenonkel, der mich für die intellektuelle Auseinandersetzung mit der Welt begeistert hat.

Was haben Ihre Lehrer/Professoren über Sie gesagt?

Ich war richtig gerne an der Universität – jeden Tag eine neue Herausforderung und viel Wahlfreiheit. Ich habe nie gehört, was meine Professor/-innen über mich gesagt haben, aber ich hoffe, dass Sie gemerkt haben, dass ich mich schnell für viele Themen begeistert habe.

Wann und warum haben Sie sich für den Beruf entschieden, den Sie ausüben?

Auch wenn es sehr pathetisch kling, ist Bildung für mich eher eine Berufung als ein Beruf. Aber, wenn man meine jetzige Tätigkeit als Beruf sehen will, dann wahrscheinlich 2016, als mich ein Headhunter für die Position bei der Hamburg Media School anrief. Film, Journalismus und Digitale Medien zu verbinden, hat mich total begeistert und tut es bis heute!

Wer waren Ihre wichtigsten Förderer?

Sicherlich meine Eltern und Großeltern, aber auch beruflich habe ich tolle Chef/-innen und Kolleg/-innen gehabt.

Auf wen hören Sie?

Auf jeden mit guten Argumenten auf Basis von Fakten.

Was sind Eigenschaften, die Sie an Ihren Chefs bewundert haben?

Intellektuelle Brillanz und die Fähigkeit, das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen, bewundere ich schon immer. Je mehr ich selber in der Chefinnenrolle bin, desto mehr bewundere ich Teamarbeit und die Kompetenz, die richtigen Personen für ein Team auszuwählen und zu motivieren.

Was sollte man als Chef nicht tun?

Zu sehr Chefin sein und vergessen, dass es viel einfacher ist, etwas zu kritisieren als etwas zu schaffen.

Was sind Prinzipien Ihres Führungsstils?

Verantwortung, Freiheit und Diskussion – aber ich fordere auch Leistung ein. Schließlich sind da die Studierenden und die Teilnehmenden an Weiterbildungsmaßnahmen, die bei uns so viel wie möglich für ihre Zukunft lernen sollen – da müssen sich alle voll einbringen.

Wie wichtig war/ist Ihnen Geld?

Geld ist kein Selbstzweck. Für mich sichert es meine Unabhängigkeit, die mir sehr wichtig ist. Dafür brauche ich aber kein dickes Auto, und in der Stadt fahre ich sowieso lieber mit dem Fahrrad.

Was erwarten Sie von Mitarbeitern?

Ehrlichkeit, Einsatz für die Sache und  natürlich Teamgeist.

Worauf achten Sie bei Bewerbungen?

Mir ist wichtig, dass ehrliche Entscheidungen bei der Bewerbung sichtbar sind. Das kann auch mal ein Schlenker im Lebenslauf sein oder eine im Nachhinein falsche Entscheidung. Immer alles auf Erfolg zu „trimmen“, finde ich unrealistisch.

 Duzen oder siezen Sie?

An der HMS duze ich alle Mitarbeitenden und werde von allen geduzt. Für mich macht das aber keinen Unterschied. Ich sieze Menschen, denen ich mich nahe fühle und die ich sehr, sehr bewundere und duze andere, die ich kaum kenne. Vielleicht liegt das daran, dass ich meine ersten Berufsjahre im anglo-amerikanischen Kontext verbracht habe.

Was sind Ihre größten Stärken?

Ich bin nicht nachtragend, und ich kann meine eigenen Entscheidungen überdenken, wenn sich die Sachlage ändert. Außerdem glaube ich, dass ich mich gut auf neue Situationen und menschliche  Beziehungen einstellen kann.

Was sind Ihre größten Schwächen?

Mit meiner Schwäche für Eiscreme und Schokolade wäre ich sicher bei so manchem Konsumgüterunternehmen besser aufgehoben als in der Bildungsbranche. Ich kann außerdem schlecht mein Prozessdenken ablegen: Wenn jemand erst lange überlegt, welchen Teebeutel er auswählt und dann das Wasser aufsetzt, macht mich das nervös…

Welchen anderen Entscheider würden Sie gern näher kennenlernen?

Kim Jong-un, den obersten Führer Nordkoreas – sein Handeln und seine Entscheidungen sind völlig außerhalb meiner Vorstellungskraft.

Was würden Sie ihn fragen?

Was ist seine Perspektive auf die Welt und auf Nordkorea? Wie rechtfertigt er, sein Handeln und seine Entscheidungen?

Was denken Sie über Betriebsräte?

Ich denke lieber zusammen mit Betriebsräten als über Betriebsräte… Davon abgesehen, finde ich Betriebsräte insbesondere in Unternehmen sinnvoll, die so groß sind, dass sich die Mitarbeitenden nicht mehr alle gemeinsam abstimmen können.

Welche Entscheidung hat Ihnen auf Ihrem Karriereweg geholfen?

Die Entscheidung zu studieren war sicherlich eine der wichtigsten Entscheidungen in meinem Leben. Insgesamt hat es mir sicherlich geholfen, immer die Entscheidung zu treffen, die mir die größtmögliche Unabhängigkeit gewährt hat.

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Wie viele Stunden arbeiten Sie in der Woche?

Das kommt darauf an, ob die vielen Abendveranstaltungen, die ich besuche, als „Arbeit“ gezählt werden, obwohl sie  auch Vergnügen sind. Wenn die nicht mitgezählt werden, wahrscheinlich 50 bis 60.

Wie viele Stunden schlafen Sie (pro Nacht)?

Mein Geständnis: Ich schlafe gern! Daher werden es eigentlich immer acht  Stunden, am Wochenende auch gerne mal mehr. Ein wenig hängt es aber auch davon ab, wie spannend das Buch ist, das ich gerade vor dem Einschlafen lese.

Wie gehen Sie mit Stress um?

Ich habe das große Glück in einer Position zu sein, in der ich meine Arbeit sehr umfassend selber steuern kann. Daher habe ich nur sehr wenig negativen Stress. Sehr viel zu tun habe ich natürlich aber trotzdem. Da das dann aber fast ausschließlich positiver Stress ist, komme ich mit ausreichend Schlaf, gutem Essen und Gesprächen mit Freunden und Freundinnen sehr gut damit zurecht.

Wie kommunizieren Sie?

Mit Worten, Gesten und mit meinen Taten. Ich hoffe, dass das offen und konsistent geschieht. Ich arbeite aber jeden Tag daran, besser zu kommunizieren.

Wie viel Zeit verbringen Sie an ihrem Schreibtisch?

Im Moment vergleichsweise viel, weil wir auch bei Meetings noch versuchen, Abstand zu wahren: Da sitze ich dann am Schreibtisch, ein Kollege in meinem Büro auf dem Sofa und eine Kollegin am Konferenztisch. Ich hoffe aber, dass das jetzt langsam immer weniger wird und wir bald alle wieder um den (eckigen) Tisch herum zusammensitzen.

Wenn Sie anderen Menschen nur einen Rat für ihren beruflichen Werdegang geben dürften, welcher wäre das?

Durchhalten! Auch im „perfektesten“ Job, kommen mal schwierige Zeiten. Wer dann durchhält, wird langfristig glücklicher werden als jemand, der immer sofort wechselt − auch wenn die Verlockung manchmal groß ist.