Hamburg. Mehr als 1000 Tote in Hamburg: Wie sich die Opferzahlen auf Altersgruppen verteilen, was Antikörper-Medikamente bringen.

Dass die Schwelle von 1000 Corona-Toten im Laufe der Woche überschritten werden würde, war erwartet worden. Aber als die Zahl dann am Morgen dieses 27. Januar schwarz auf weiß auf der Homepage des Robert-Koch-Instituts (RKI) stand, mussten doch viele Menschen noch einmal schlucken: Nachdem dem RKI 13 weitere Todesfälle gemeldet worden waren, stieg die Zahl am Mittwoch von 990 auf genau 1003 Hamburgerinnen und Hamburger, die inzwischen an oder mit der vom Coronavirus ausgelösten Krankheit Covid-19 gestorben sind.​

Sozial- und Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard (SPD) zeigte sich betroffen: „Jeder einzelne Todesfall in dieser Pandemie ist einer zu viel“, sagte sie dem Abendblatt. „Deswegen sind die gegenwärtigen Maßnahmen, so belastend sie für uns alle sind, weiter erforderlich. Jede Neuinfektion, die wir verhindern, und jede Schutzimpfung trägt dazu bei, schwere Krankheitsverläufe und letztlich auch Todesfälle zu verhindern.“

Es vor allem die Älteren, denen das Coronavirus schwer zusetzt

Nach wie vor sind es vor allem die Älteren, denen das Virus überdurchschnittlich häufig so schwer zusetzt, dass sie daran sterben. So sind in Hamburg von allen über 90-Jährigen, die sich infiziert haben, nach Angaben der Sozialbehörde rund 18 Prozent gestorben. Bei den 80- bis 89-Jährigen lag diese Quote bei 16,9 Prozent, unter den 70- bis 79-Jährigen bei rund 10,2 Prozent, unter den 60- bis 69-Jährigen nur noch bei rund 1,9 Prozent und bei allen anderen Alterssegmenten bei deutlich unter einem Prozent.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Mit anderen Worten: Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, an Covid-19 zu sterben. Der älteste an oder mit Corona in Hamburg gestorbene Mensch war 102 Jahre Alt, der jüngste 24. Das mittlere Alter liegt laut Sozialbehörden-Sprecher Martin Helfrich bei 83 Jahren.

Es nicht gelungen, das Virus aus Alten- und Pflegeheimen herauszuhalten

In absoluten Zahlen ausgedrückt: Mit 466 Corona-Toten war die Altersgruppe der 80- bis 89-Jährigen am stärksten betroffen, gefolgt von den 70- bis 79-Jährigen (243 Tote) und den über 90-Jährigen (209). 62 Opfer der Pandemie waren zwischen 60 und 69 Jahre alt, 34 zwischen 50 und 59, zehn im Alter von 40 bis 49, drei erst 30 bis 39 Jahre und zwei zwischen 20 und 29 Jahren alt. Wer diese Zahlen addiert, kommt übrigens bereits auf 1029 Todesfälle – das ist korrekt, denn weitere 26 Verstorbene sind zwar den Hamburger Behörden bereits bekannt, sie fließen aber erst morgen in die RKI-Zahlen ein. 

Von diesen 1029 Menschen waren 556 Männer und lediglich 473 Frauen – obwohl diese in der Hamburger Bevölkerung leicht in der Mehrheit sind. Zwei Drittel der Corona-Toten sind erst in den vergangenen zwei Monaten verstorben. Anfang November hatte die Zahl noch unter 300 gelegen. Dass sie seitdem stetig gestiegen ist, lag vor allem daran, dass es nicht gelungen ist, das Virus aus den Alten- und Pflegeheimen herauszuhalten. 671 der Hamburger Corona-Toten, also mehr als zwei Drittel, waren Heimbewohner. Allein 281 von ihnen sind im Januar gestorben.

Immer wieder kam es zu Ausbrüchen in Heimen

Trotz umfangreicher Schutzvorkehrungen wie einer Begrenzung der Besuche, Maskenpflicht für Besucher und mittlerweile auch einer Pflicht, einen negativen Corona-Test vorzulegen, kam es immer wieder zu Ausbrüchen in Heimen – und kommt es auch weiterhin. Am Dienstag waren laut Sozialbehörde in 44 Pflegeeinrichtungen insgesamt 407 Bewohnerinnen und Bewohner infiziert. In neun Pflegeeinrichtungen gab es 20 oder mehr Fälle.

Zudem waren am Dienstag 230 Beschäftigte von Pflegeeinrichtungen akut mit dem Coronavirus infiziert. Bis Ende 2020 hatte die Stadt alle Corona-Toten durch das Institut für Rechtsmedizin untersuchen lassen. Dabei wurde in 624 von 734 Fällen nachgewiesen, dass die Covid-19-Erkrankung sicher die Todesursache war. Die Erkenntnisse haben „weit über Hamburg hinaus zu einer Anpassung der Therapien geführt“, so die Sozialbehörde.  

Wenn unter 50-Jährige sterben, sei dies ein Einzelfall

Auch Stefan Kluge, Direktor der Klinik für Intensivmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), bezeichnete das Alter des Patienten als den mit Abstand größten Risikofaktor, um an Corona zu sterben. „Wenn jemand unter 50 Jahren verstirbt, dann ist das ein absoluter Einzelfall“, so Kluge.

Auf den Intensivstationen des UKE würden derzeit 21 Menschen mit Covid-19 behandelt. Im Schnitt würden die Patienten zwei Wochen dort bleiben, bei Beatmung länger. Ist erst einmal eine intensivmedizinische Behandlung notwendig, hänge es wieder zu einem großen Teil vom Alter ab, wie groß die Chance ist zu genesen. „Im Schnitt kann man sagen, dass 40 bis 50 Prozent der Patienten, die beatmet werden müssen, versterben. Bei über 80-Jährigen sind es mehr als 50 Prozent.“

Mit einem Blick auf die deutschlandweiten Zahlen zeige sich, dass viele Menschen auf der Intensivstation, aber auch in Pflegeheimen sterben. Von den bisher rund 54.000 Menschen, die an oder mit Corona starben, waren laut DIVI Intensivregister rund 18.000 vorher auf einer Intensivstation behandelt worden. „Der Altersdurchschnitt der Verstorbenen in Deutschland liegt bei über 80 Jahren.  Viele sehr alte Menschen möchten keine intensivmedizinische Behandlung mehr und werden deshalb dann auch nicht mehr ins Krankenhaus gebracht“, so Kluge weiter.

UKE erhält diese Woche neue Antikörper-Medikamente

Abweisen habe man am UKE noch niemanden müssen, auch derzeit gebe es noch freie Betten. Dass die Todeszahlen trotz sinkender Infektionszahlen nicht deutlich sinken, liege daran, dass die Zeitspanne zwischen Infektion und Versterben bei circa drei Wochen liegt, da  unter Umständen noch eine mehrwöchige Behandlung auf der Intensivstation folgt, bevor der Patient stirbt.

„Durch diese Verzögerung und die zuletzt noch relativ hohen Infektionszahlen konnte der harte Lockdown noch keinen signifikanten Effekt auf die Todeszahlen haben.“ Den neuen Antikörper-Medikamenten, die die Bundesregierung für Deutschland gekauft hat und diese Woche auch zum UKE geliefert werden sollen, spricht Kluge zwar eine gewisse Bedeutung zu, allerdings werden sie die Gefährdungslage nicht grundsätzlich ändern. „Die Antikörper-Mittel zeigen nur in einem sehr frühen Stadium der Infektion Effekte“, so Kluge weiter.

Hamburgs Corona-Regeln:

Die aktuellen Corona-Regeln für Hamburg im Überblick

  • Alle Regeln, die im Rahmen der Eindämmungsverordnung bis zum 10. Januar gelten sollten, werden grundsätzlich bis zum 14. Februar verlängert – ein Großteil des Einzelhandels bleibt geschlossen, bestellte Waren dürfen aber abgeholt werden. "Körpernahe Dienstleistungen" wie Friseure, Nagel-, Massage- und Tattoo-Studios dürfen nicht angeboten werden. Auch Kultur- und Freizeiteinrichtungen bleiben geschlossen, Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit bleibt verboten.
  • Kontaktregeln Angehörige eines Haushalts dürfen sich nur noch mit einer weiteren Person treffen. Ausnahmen für Kinder gibt es nicht.
  • Die Maskenpflicht wird angepasst: Stoffmasken reichen in den meisten Fällen nicht mehr aus. Stattdessen müssen medizinische Masken (mindestens OP-Masken, auch FFP2- oder KN95-Masken sind möglich) getragen werden. Bis zum 1. Februar gilt eine Übergangsphase, danach werden Verstöße mit Bußgeldern geahndet.
  • Kitas und Schulen: Die Präsenzpflicht an den Schulen bleibt aufgehoben, stattdessen soll so weit wie möglich Distanzunterricht gegeben werden. Kinder sollen – wann immer möglich – zu Hause betreut werden. Die Kitas wechseln in die "erweiterte Notbetreuung". Die privat organisierte Kinderbetreuung in Kleingruppen bleibt gestattet.
  • Arbeitgeber sind angehalten, so weit wie möglich ein Arbeiten von zu Hause aus zu ermöglichen. Zusätzlich soll eine neue Bundesverordnung Arbeitgeber dazu verpflichten, Homeoffice anzubieten, so weit das möglich ist. Betriebskantinen dürfen nur öffnen, wenn sie für den Arbeitsablauf zwingend erforderlich sind.
  • Sollte die Sieben-Tage-Inzidenz auf einen Wert über 200 steigen, müsste eine Ausgangsbeschränkung erlassen werden, die den Bewegungsradius auf 15 Kilometer rund um den Wohnort einschränkt. Wie genau diese Regel in Hamburg angewandt würde, ist noch nicht bekannt – der Senat will darüber entscheiden, sollte sich die Inzidenz dem Grenzwert annähern.
  • Senioren- und Pflegeeinrichtungen sollen mehrmals pro Woche Personal und Besucher testen. Das war in Hamburg schon verpflichtend und gilt nun bundesweit.
  • Zwei-Test-Strategie bei Reiserückkehrern aus Risikogebieten: Ein Corona-Test direkt nach der Einreise ist verpflichtend, die zehntägige Quarantäne kann frühestens fünf Tage nach der Einreise durch einen weiteren Test verkürzt werden. Die Kosten für die Tests werden nicht übernommen.