Hamburg. Handelsunternehmen entdecken Hamburg. Clas Ohlson eröffnet 2016 drei Filialen, Stadium im März sein drittes Geschäft.


Mit dem neuen Namen in prominenter Lage werden viele Hamburger nicht viel anfangen können. Im Erdgeschoss des Streit’s Haus am Jungfernstieg prangt seit einiger Zeit der Schriftzug Clas Ohlson. Statt wie früher im traditionsreichen Kino Filmpremieren sind dort bald Bohrmaschinen, Selfie-Sticks und Grills zu sehen – und zu erwerben. Das schwedische Lifestyle-Kaufhaus wagt den Schritt in die Bundesrepublik. Gleich drei Filialen in der Hansestadt will das Unternehmen in diesem Jahr eröffnen – und reiht sich damit in eine Liste schwedischer Unternehmen ein, die in jüngster Zeit ihre Deutschland-Expansion in Hamburg starteten. Aber warum eigentlich an der Elbe?

Bei Clas Ohlson ist man vom hohen Potenzial des deutschen Marktes überzeugt. Der Norden sei der natürliche erste Schritt für den lange geplanten Markteintritt gewesen, sagt Firmensprecherin Sara Kraft-Westrell: „Das Flaggschiff-Geschäft am Jungfernstieg wird eine perfekte Location für unseren ersten Shop in Deutschland sein.“ Für den Schritt habe man auf Erfahrungen von Landsleuten in Hamburg zurückgegriffen – und auf die Beratung der deutsch-schwedischen Handelskammer gehört.

Dort ist man voll des Lobes für die Hansestadt. In Beratungsgesprächen weise man stets darauf hin, dass der Konsum in den vergangenen Jahren eine starke Triebfeder für das Wirtschaftswachstum in der Bundesrepublik gewesen sei, sagt Ninni Löwgren Tischer, Abteilungsleiterin für Markteintritt und Geschäftsentwicklung: „Für schwedische Einzelhandelsunternehmen sehen wir, dass Hamburg die natürliche Wahl für eine Erstetablierung ist.“ Die Kaufkraft sei hoch, die Branche genieße einen hohen Stellenwert, Interesse und Verständnis für die Schweden und deren Kultur seien sehr ausgeprägt und unterstützen den Start vor Ort ebenso wie die Nähe zum Heimatmarkt. „Hinzu kommt, dass die Hamburger innovativ und trendbewusst sind, was dem Profil vieler schwedischer Unternehmen entspricht“, so Löwgren Tischer.

Und Brigitte Nolte, Geschäftsführerin des Handelsverbands Nord in Hamburg, stuft die Elbmetropole generell als Wachstumsmarkt mit einer relativ jungen Bevölkerung ein: „Jedes Unternehmen tut sich einen Gefallen, wenn es diesen Markt erschließt.“

Von Schweden aus gab es zuletzt zwei Ansiedlungswellen. Den Anfang der ersten machte Ende September 2014 Skandinaviens größte Sporthandelskette. An der Mönckebergstraße eröffnete Stadium seine erste Filiale außerhalb des Heimatlandes, Finnlands und Dänemarks. Auf 2800 Quadratmetern bietet der Flagshipstore des von den Brüdern Ulf und Bo Eklöf gegründeten Unternehmens Sport- und Lifestyleprodukte von Weltmarken wie Adidas, Puma und Nike sowie den Eigenmarken SOC und Everest an. „Hamburg ähnelt den nordischen Märkten in Bezug auf Logistik, Klima sowie Sport- und Modeinteressen“, sagte damals Vorstandschef Gustaf Öhrn. Deshalb habe sich das Unternehmen bewusst für die Hansestadt als Standort entschieden.

Die Entscheidung hat sich offenbar ausgezahlt. Im Frühjahr 2015 machte am Bahnhof Altona ein zweites Geschäft auf. „Mit den Eröffnungen in Hamburg sind wir sehr zufrieden und haben das Gefühl, dass Stadium in Deutschland sehr gut ankommt“, sagte Deutschland-Chef Johan Sandgren. Besonders gut verkauften sich Artikel für das Laufen und Training sowie Kinderbekleidung. „Wir freuen uns, dass wir in eine so aktive Stadt wie Hamburg gekommen sind“, sagte Sandgren. Und kündigte die dritte Filiale für die Hansestadt an. Im März werde man im Phoenix-Center ein weiteres Geschäft eröffnen. Es ist auch der Startschuss für die zweite Ansiedlungswelle, die in diesem Jahr aus Schweden nach Hamburg schwappt. Stadium wird im Erdgeschoss des Centers eine inklusive Lager rund 1250 Quadratmeter große Fläche beziehen. 20 Mitarbeiter sollen dort die Kunden beraten.

Das Unternehmen gehört neben der Familie Eklöf übrigens einem der reichsten Männer der Welt, der schwedischen Lifestyle maßgeblich nach Deutschland brachte. Im Jahr 2005 erwarb die Ikano SA ein Viertel der Anteile. Ikano verwaltet das Vermögen des Ikea-Gründers Ingvar Kamprad und dessen Familie. Das Möbelhaus ist wohl Schwedens größter Exportschlager. Seit 1974 in der Bundesrepublik aktiv, gibt es mittlerweile 50 deutsche Einrichtungshäuser. Im Geschäftsjahr 2015 erzielte das Unternehmen hierzulande einen Umsatz von 4,435 Milliarden Euro. Das vor zwei Jahren eröffnete Haus an der Großen Bergstraße in Altona besitzt immer noch Pilotcharakter. Schließlich ist es das weltweit einzige in einer Fußgängerzone. Wie Ikea die Wohnzimmer veränderte, prägte Hennes & Mauritz (H&M) die Inhalte der Kleiderschränke. Heute ist die Bekleidungskette mit 16 Läden einer der großen Filialisten in der Stadt.

Aber auch kleinere Händler aus dem Pippi-Langstrumpf-Land machen Geschäfte an Alster und Elbe. Skandinavische Damenmode gibt es bei Gudrun Sjödén an der Adolphsbrücke. Handgebaute Betten von Hästens in Blankenese und in der HafenCity. Wer Farben, Perlen oder Modelliermasse sucht, kann einen der vier Hamburger Bastelläden von Panduro aufsuchen. Insgesamt gibt es 80 schwedische Firmen direkt in Hamburg.

Mitte Oktober 2014 kam die Hemdenmarke Stenströms hinzu. In der Kaisergalerie eröffnete der Hoflieferant des schwedischen Königshauses seinen Flagshipstore in Deutschland. „Wir sind sehr zufrieden mit dem Zuspruch der Kunden“, sagt Inhaber Anders Bengtsson. „Stenström ist eine gute Marke für Hamburg.“

Drei Wochen nach Stenströms machte Indiska sein Geschäft in der Hamburger Meile auf. Der Shop war der erste außerhalb Skandinaviens und der hundertste des 115 Jahre alten Unternehmens. Indiska stellt Modeartikel und Accessoires her. Sowohl Umsatz als auch Kundenzahl stiegen seit der Eröffnung kontinuierlich, sagte Sprecher Fredrik Henriksson: „Wir sind glücklich, dass unsere Marke immer mehr Freunde in Hamburg gewinnt.“ Ihren zweiten Laden in der Bundesrepublik nach Köln plant die Einrichtungskette Granit. Spätestens im April soll an der Poststraße das 300 Quadratmeter große Geschäft eröffnen.

Clas Ohlson plant in einer ersten Phase drei Geschäfte in Hamburg. Nach der Eröffnung des 1800 Quadratmeter großen Geschäfts am Jungfernstieg im Sommer sollen im Herbst zwei kleinere folgen. Jeweils rund 1100 Quadratmeter Verkaufsfläche sind bei den Läden im Alstertal-Einkaufszentrum (AEZ) und an der Ottenser Hauptstraße vorgesehen. 50 bis 60 Beschäftigte will das Unternehmen mit mehr als 200 Filialen in fünf Ländern insgesamt in der Hansestadt einstellen. „Wir haben ein einzigartiges Konzept, das attraktiv für die deutschen Kunden sein wird“, sagt Sprecherin Sara Kraft Westrell. Man biete eine breite Palette von praktischen Produkten zu günstigen Preisen an. Wie heißt es so schön in Filmtrailern: Ab Sommer in diesem (ehemaligen) Kino.