Hamburg. Unter gemeinnützigem Dach wollen die Clubs ein Generationenhaus mit Kita und Altentagesstätte bauen. Nun ist die Stadt am Zug.
Es wird ein Rennen gegen die Uhr. Nachdem der Stadtteil das erste mögliche Ersatzquartier für die Musikclubs an der Sternbrücke nicht so recht unterstützen wollte, hat sich die Szene rund um die Sternbrückenclubs neu orientiert. Jetzt haben sie das städtische Grundstück an der Ecke Stresemannstraße/Max-Brauer-Allee überplant und vielversprechende Vorgespräche mit Finanzbehörde und der gemeinnützigen Lawaetz-Stiftung geführt.
Die Clubs müssen 2023 der Bahn und dem auf vier Jahre veranschlagten Neubau der Sternbrücke weichen. Ihre Heimat wird für die Verstärkung der Brückenlager gebraucht. Die Mietverträge waren schon zum Ende 2019 gekündigt.
Sternbrücke: Das ist der Clubhaus-Plan zum Erhalt von Waagenbau und Co.
Es soll ein Neubau entstehen in der einzigen Baulücke im Umfeld der Brücke. Einziehen in das dreigeschossige Gebäude mit Staffelgeschoss würden nach derzeitigem Stand Astrastube, Fundbureau, Waagenbau, Beatboutique und Sterngarten. Die Zukunft von Bar 227 und Kulturhaus Faktor ist noch offen.
Mit dem Umzug ins neue Quartier einhergehen soll eine Entkommerzialisierung des Gebäudes: Es würde gemeinnützig betrieben, die Vermietung erfolgte also ohne Gewinnerzielungsabsicht. In dem den beiden Straßen abgewandten Gebäudeteil ist eine Kita geplant. Die weiteren Nutzungen sollen in einer Bürgerbeteiligung im Stadtteil diskutiert und festgelegt werden.
Laut Waagenbau-Mitgesellschafter John Schierhorn derzeit vorgeschlagen sind eine Altentagesstätte, Probenräume, Musikerappartements, die den Bands nach dem Auftritt das Hotel sparen, und Räume für Stadtteilkultur. 1900 Quadratmeter Fläche wären für die Clubs, 2750 Quadratmeter für die anderen Nutzungen reserviert. Die für Gewerbebauten vorgeschriebene Tiefgarage soll 426 Quadratmeter haben.
Clubhaus an der Sternbrücke: Bau in zwei Abschnitten geplant
Gebaut werden müsste in zwei Abschnitten. „Für die Montage der Brücke, die mit Kränen auf ihre Sockel gehoben werden soll, müssen wir eine ‚Einschwenklinie‘ zum Manövrieren der Teile freihalten“, sagt Schierhorn. „Hinter der Linie können wir schon vorher bauen, vor der Linie erst, wenn die Brücke eingesetzt ist.“
Im ersten Bauabschnitt könnte demnach ein Haus für die Musikclubs und die Kita gebaut werden, im zweiten Bauabschnitt drei Jahre später kämen die Gebäudeteile für die stadtteilbezogene Nutzung dazu. Grundstückseigner soll die gemeinnützige Lawaetz-Stiftung werden, die an die Clubs und andere Nutzer vermieten würde.
„Wir könnten bis Herbst 2023 mit dem ersten Bauabschnitt fertig werden, so dass wir pünktlich zum Baubeginn der Brücke wieder ein Quartier hätten“, sagt Schierhorn. Erste Signale aus Finanzbehörde und Stiftung seien positiv. Jetzt müsste die Stadt das Grundstück der Lawaetz-Stiftung anhand geben, um die Planung und das Finanzierungskonzept voranzutreiben. „Das wäre ein wichtiges Zeichen, dass wir in Hamburg beweglich und handlungsfähig sind“, sagt Schierhorn.
Umzug an den Bahnhof Sternschanze scheiterte am Widerstand der Anwohner
Zunächst war die Idee, entlang des Bahndamms am Bahnhof Sternschanze gegenüber dem Schanzenpark zusammen mit einem gemeinnützigen Träger einen etwa 4000 Quadratmeter großen Gewerbebau zu setzen. Das scheiterte jedoch an der Stadtteilkonferenz und den Befürchtungen der Anwohner. Sie fürchteten Lärm und Müll am ohnehin belasteten Schanzenpark. Im April 2019 zeichnete sich ab, dass die Bedenken nicht ausgeräumt werden können. Jetzt gibt es eine neue Perspektive für die Clubs – praktisch am alten Standort.
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2018 hatten die Clubs, die schon damals mit einem gemeinnützigen Träger selbst bauen wollten, im Wettbewerb mit der Stadtentwicklungsgesellschaft (SteG) gestanden. Der Projektentwickler wollte mit einem kommerziellen Konzept einen Gewerbebau am Sternschanzenbahnhof realisieren und die Clubs mit aufnehmen. Das stieß auf Misstrauen im Stadtteil.
Im Konsens beschlossene Pläne "in ihr Gegenteil verkehrt"
„Wir haben auf der Brammer-Fläche und an der Rindermarkthalle erfahren müssen, dass der Senat die mit dem Bezirk im Konsens beschlossenen Konzepte mit einem Federstrich in ihr Gegenteil verkehrt“, hieß es damals aus dem Stadtteilbeirat. Die Befürchtung: Wird die Fläche am Bahnhof überplant, könnten am Ende ganz andere Mieter einziehen als im Stadtteil angedacht.
Die SteG hatte bereits 2016 versucht, einen Gewerbebau auf der Grünfläche am Bahnhof Sternschanze durchzusetzen. Und die Brammerfläche sollte mit einem gemeinnützigen Konzept Musikclubs und Studentenwohnungen zusammenbringen, bevor die Finanzbehörde 2017 dann doch entschied, das Grundstück von der Saga entwickeln zu lassen. Wohnungen und Einzelhandel hieß die Losung, die im Stadtteil als Affront ankam.