Hamburg. Wenn Erotik in der Beziehung ausbleibt: In der neuen Folge „Ich frage für einen Freund“ geht es um ein Problem, das viele Paare ereilt.

In der neuen Folge von „Ich frage für einen Freund“, dem Sex-Podcast für Erwachsene, besprechen der Journalist und Moderator Hajo Schumacher und die Hamburger Sexualtherapeutin Katrin Hinrichs diesmal ein Problem, das offenbar immer mehr Paare haben: Ihnen fehlt im stressigen Alltag zwischen Job und Familie einfach Zeit für Erotik und Zärtlichkeit.

Sex-Podcast „Ich frage für einen Freund“: Paare haben's eilig

Der Podcast beginnt für den Hörer mit einem kritischen Blick auf die Einstellungen des Abspielgerätes, denn Hajo Schumacher spricht das Intro in mindestens verdoppelter Geschwindigkeit – bis er nach wenigen Sekunden auflöst und sagt: „Wir haben jetzt überhaupt keine Zeit und sind deswegen auch gleich fertig.“ Das stimmt so natürlich nicht, macht aber eindrücklich klar, worum es diesmal gehen soll.

Katrin Hinrichs, die Expertin in diesem Podcast-Format, kennt eilige Paare auch aus ihrer Praxis an der Isestraße. „Die kommen dann mehr als schnell zur Sache und sagen: ,Wir haben uns irgendwie verloren. Machen Sie doch mal ein paar Vorschläge – aber, das vorweg, wir haben nicht viel Zeit, also kommen Sie am besten gleich auf den Punkt.‘“

Das seien oft Paare, die haben zwei oder drei Kinder, dazu Eltern, die langsam krank werden, einen anstrengenden Karriere-Job, Hobbys und – seit der Corona-Pandemie – womöglich auch noch einen Hund. „Dann sitzen die bei mir und fragen, was sie tun sollen. Und ich muss fast lachen und antworte, dass wir vor allem zunächst etwas Platz im Kalender brauchen.“

Keine Zeit für Sex, keine Zeit als Paar

In den Gesprächen frage sie zum Beispiel, wie oft denn beide gleichzeitig zu Hause und noch wach seien, wenn die Kinder schon im Bett liegen, nichts zu erledigen ist und keiner einen Bildschirm vor den Augen hat. Da höre sie schon mal ein grummelndes „Hmmm“ oder ein „Ooops“, sagt Hinrichs.

„Das klingt nach dem Typus Lebensoptimierer“, wirft Schumacher ein. Das seien für ihn Menschen, die jede Sekunde ihres Lebens ausfüllen wollen mit noch mehr Momenten, Fitness, Fortbildung und Selbstoptimierung. Und die verzetteln sich darin irgendwann.

Es sei aber nun einmal für jede Beziehung wichtig, sagt Hinrichs, dass man als Paar Zeit füreinander hat oder diese findet. „Da geht es nicht gleich um spontanen Sex, der quasi aus dem Nichts kommt, sondern erst mal um gute Gespräche, einen gemeinsamen Spaziergang und solche Dinge.“

Hier müsse sie einmal mehr mit falschen Mythen und Ideen aufräumen, die in den Köpfen der Paare oft herumschwirren – zum Beispiel der Mär, dass Triebe den Sex schon regeln werden und das Ausbleiben solcher Reize nur ein Beleg für eine nicht mehr vorhandene Zuneigung sei.

Katrin Hinrichs: Sexualität komm nicht von allein

„Glaubst du, dass Sexualität das Natürlichste der Welt ist?“, fragt Hinrichs. Schumacher druckst etwas rum: „Äh, wäre schön, aber ich glaube nicht.“ Es komme auch da wohl auf die Prioritäten an. Ihm habe mal eine Lebenscoachin – nicht von der Sex-Seite her betrachtet, sondern von der Organisationsseite – gesagt, er solle aufschreiben, was er in einer Woche so alles tue.

„Das sollte ich unterteilen in Beruf und Privatleben, dann noch einmal in Familie, Paar und mich selbst. Und das Interessante bei mir: Die Paar-Zeit war damals fast null.“ Es habe nie den großen Zeit-Slot gegeben, so freitagabends ohne großen Plan Zeit miteinander zu verbringen. „Das kam nicht vor in meinem Leben.“

„Das ist genau das, was ich eben meinte“, sagt Hinrichs. Sexualität komme dann nämlich auch nicht mehr einfach so von alleine, wenn niemand sich Zeit nimmt und sich der Zauber des Anfangs langsam abgeschliffen hat. „Wäre es anders, könnte ich übrigens auch meine Praxis zumachen ...“

Kein Sex mehr in der Beziehung: Ein lösbares Problem

Nach der Problemanalyse kommt, wenn möglich, die Problemlösung. Bei Beziehungen, die keine Zeit für sich haben, seien es oft schon Kleinigkeiten, die den Unterschied machen könnten. „Das geht schon bei der Begrüßung los“, sagt Hinrichs. „Wann nehmen wir uns in den Arm? Wann wenden wir uns dem anderen zu? Wann gibt es kleine Berührungen?“

Die Sprache der Liebe zeige sich auch in solchen Momenten. „Und“, ergänzt Schumacher, „wir sollten uns nicht die Frage stellen, was wir vom anderen kriegen, sondern was wir ihm oder ihr geben können.“ Auch das Zuhören spiele eine große Rolle. Hinrichs: „Lass dir doch einmal die Träume des anderen erzählen oder seine Sorgen.“

Seine Frau, die Psychologin ist, hat Schumacher noch einen Rat mit auf den Weg gegeben: „Du brauchst fünf oder sechs Nettigkeiten, um eine negative Botschaft überhaupt erst auszugleichen.“ Da könne sich jeder oder jede selbstkritisch hinterfragen, wann er oder sie eine Mäkelei derart kompensiert hätten. „Kritik und Verführung vertragen sich nicht besonders“, sagt Hinrichs.

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Übrigens auch, wenn es um die Bewertung des letzten gemeinsamen sexuellen Erlebnisses gehe. Was kann man noch machen? „Vorlesen“, rät Schumacher. Dies sei mitunter ganz romantisch. Das A und O bei gestressten Paaren sei aber das Entrümpeln des eigenen Terminkalenders. „Da muss man dann vielleicht mal den Männerabend, das Facebook-Surfen oder die Yogastunde sausen lassen.“