Hamburg. Die 37 Jahre alte Cinderella B. lernte Adolf P. (80) im Pflegeheim kennen. Was harmonisch beginnt, endet in einem Alptraum.

Sie waren ein ungleiches Paar. Sie ist 37 Jahre alt, er ist 80, also 43 Jahre älter. Das muss per se kein schlechtes Omen sein. Man hört ja oft davon, dass Liebe Grenzen überwindet. Doch hier, in diesem Fall, endete die Beziehung zwischen der Frau und dem Mann in einem Drama. Er starb, und sie wurde des Mordes an ihm verdächtigt.

Adolf P. war ein Mann, der als Angestellter eines großen Schiffbauunternehmens sein Geld verdient hatte. Er hatte sein Geld sein Leben lang zusammengehalten, eine Eigentumswohnung in Lok­stedt gekauft, die mittlerweile abbezahlt war. Er bekam 2000 Euro Rente. Seine Freunde bezeichneten ihn als „herzensguten Menschen und Helfer in allen Lebenslagen“. Nach 45 Jahren Ehe wurde er im Jahr 2011 Witwer. Zuvor hatte er seine kranke Frau, die zuletzt in einer Pflegeeinrichtung lebte, über viele Jahre liebevoll versorgt.

Cinderella und Adolf lernen sich im Pflegeheim kennen

In diesem Pflegeheim lernte Adolf P. auch Cinderella B. kennen. Die Witwer und die 43 Jahre jüngere Frau wurden schließlich ein Paar. „Zu diesem Zeitpunkt scheint die Beziehung stabil. Jedenfalls geht das Paar im Dezember 2013 zum Notar und verfügt, dass sie sich in Rechtsgeschäften gegenseitig vertreten wollen“, erzählt Rechtsmediziner Klaus Püschel im Abendblatt-Crime-Podcast „Dem Tod auf der Spur“ mit Gerichtsreporterin Bettina Mittelacher. „Die beiden klären alles: Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, medizinische Versorgung. Auch in Vermögensangelegenheiten setzen sie sich gegenseitig als Bevollmächtigte ein. Im Jahr 2014 verfügt Adolf P. zudem, dass seine Partnerin ungehindert Kontovollmacht erhalten soll. Und er setzt sie in seinem Testament als Alleinerbin ein.“

Das klingt zwar recht harmonisch. Aber das Umfeld des Rentners hat den Eindruck, dass Cinderella B. sich immer weniger um den Senior kümmert. Auch Weihnachten 2019 und den Jahreswechsel in das Jahr 2020 verbringen sie nicht gemeinsam. „Dabei wäre es für ihn sicherlich gut gewesen, umsorgt zu werden. Zuletzt war Adolf P. nicht mehr besonders fit“, schildert Mittelacher. „Im März 2020 musste er, unter anderem wegen Herzbeschwerden, sogar einige Tage ins UKE. Am 25. März 2020 wurde er aus der Klinik entlassen.“

Witwer tot im Wohnzimmer gefunden

Und zehn Tage später, am 4. April, wurde er in seinem Wohnzimmer tot aufgefunden. Er hatte Hämatome am Hals und im Gesicht und Blut auf dem Hemd. Schließlich kam Cinderella B., die Lebensgefährtin von Adolf P., am 20. ­April 2020 in Untersuchungshaft — und schließlich vor Gericht.

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Dass es so weit kam, lag nicht unwesentlich an den Ergebnissen aus der Rechtsmedizin. „Neben den Hämatomen im Gesicht haben wir unter anderem punktförmige Bindehautunterblutungen in den Augen festgestellt“, erklärt Püschel. „Sie sind häufig Hinweis auf eine Strangulation. Bei der Obduktion wurde später festgestellt, dass der Mann massive Gewalteinwirkung gegen seinen Hals erlitten hatte. Jemand hatte ihn fest gepackt und den Hals zugedrückt, sodass das Herz des seit Längerem organkranken Mannes schlappmachte.“

Cinderella B. wegen Mord aus Habgier angeklagt

Im Prozess gegen Adolf P.s Partnerin Cinderella B. vor dem Schwurgericht wird der 37-Jährigen Mord aus Habgier vorgeworfen. Laut Anklage hatte Adolf P. sich von ihr getrennt und seine Wohnungsschlüssel zurückverlangt und ihr außerdem die Vollmacht für sein Bankkonto entzogen. Außerdem habe er sein Testament ändern wollen. Nun sei es Cinderella B. darum gegangen, ihre Stellung als Alleinerbin zu sichern, heißt es in der Anklage weiter. Also habe sie den Senior gewürgt, bis der herzkranke Mann infolge Strangulation starb.

Eine langjährige Nachbarin und Vertraute von Adolf P. sagte als Zeugin aus, dass der 80-Jährige trotz seiner Sparsamkeit und seiner nicht gerade kleinen Rente schließlich in Geldnot gewesen sei. Offenbar hatte Cinderella B. für eigene Zwecke immer wieder so viel Geld von seinem Konto abgezweigt, dass für Adolf P. nicht einmal genug Geld für die Stromrechnung übrig war oder er genug zu essen im Kühlschrank hatte.

Cinderella B. räumte das ganzre Konto ab

Und zwei Tage vor seinem Tod habe der Mann ihr voller Entsetzen erzählt, so die Zeugin, dass Cinderella B. sein „ganzes Konto abgeräumt“ und ihm „nur 20 Euro dagelassen“ habe. Jetzt habe er sein Konto sperren lassen und mit ihr Schluss gemacht. Und nun wolle er auch sein Testament ändern lassen und seine Partnerin enterben. „Siehst du, man kann auch mit 80 Jahren noch etwas lernen“, sagte er zu der Nachbarin.

Unter anderem wegen der Zeugenaussage, aber auch aufgrund weiterer Indizien wie DNA-Spuren und der Auswertung der Telefonverbindungen ist das Schwurgericht schließlich überzeugt, dass Cinderella B. den 80-Jährigen getötet hat.

37-Jährige muss lebenslänglich in Haft

Das Urteil der Kammer lautet: lebenslänglich für die 37 Jahre alte Angeklagte. Die gebürtige Freiburgerin habe ihren Partner aus Habgier umgebracht, erklärte der Vorsitzende Richter. „Ohne Vollmacht und ohne Erbe stand sie vor dem Nichts.“

Cinderella B. habe um die labile Gesundheit des Rentners gewusst und seinen Tod „billigend in Kauf genommen“, als sie seinen Hals zudrückte.