Hamburg. Landeschef Michael Kruse setzte durch, dass Anna von Treuenfels-Frowein nicht mehr im Präsidium der Partei sitzt.

Wirkliche Parteifreunde werden die beiden wohl nicht mehr: Schon als Anna von Treuenfels-Frowein und Michael Kruse Co-Vorsitzende der kleinen FDP-Bürgerschaftsfraktion waren (bis 2020), gab es häufiger Reibereien, und die Rivalität zwischen beiden war spürbar. Dann setzte sich Treuenfels-Frowein auf Vorschlag der damaligen Parteichefin Katja Suding als Spitzenkandidatin der Liberalen für die Bürgerschaftswahl am 23. Februar 2020 durch. Mitfavorit Kruse ließ durchblicken, er sei ohnehin beruflich sehr eingespannt und baue überdies gerade ein Haus.

Doch der Wind hat sich längst gedreht: Die FDP verpasste, wenn auch sehr knapp, den Wiedereinzug in die Bürgerschaft, und die direkt gewählte Anna von Treuenfels-Frowein ist nun die einzige Liberale im Landesparlament. Und Michael Kruse ist der neue starke Mann in der FDP: Er setzte sich Ende April eindrucksvoll als Landesvorsitzender durch und kandidiert auf Listenplatz eins für die Bundestagswahl am 26. September. Treuenfels-Frowein scheiterte dagegen bei dem Versuch, auf Listenplatz zwei gewählt zu werden.

Feinheiten der FDP-Landessatzung

Jetzt sorgt eine im Grunde nachgeordnete Personalentscheidung für innerparteiliche Unruhe und gibt den alten Animositäten Auftrieb. Treuenfels-Frowein gehört dem Präsidium des Landesvorstands, also dem geschäftsführenden Landesvorstand als engerer Parteiführung, nicht mehr an. Das hat das Präsidium unter Führung von Kruse so entschieden. Treuenfels-Frowein ist als Bürgerschaftsabgeordnete nur noch ständiger Gast im insgesamt 21-köpfigen FDP-Landesvorstand.

 Um zu verstehen, worum es geht, muss man in die Feinheiten der FDP-Landessatzung eintauchen. Dort heißt es in Paragraf 16 (4): Dem Präsidium des Landesvorstands gehören der Landesvorsitzende, die stellvertretenden Landesvorsitzenden, der Schatzmeister und „ein Vertreter der FDP-Bürgerschaftsfraktion“ an, die es aber aus bekannten Gründen nicht mehr gibt.

Eindeutiges Ergebnis

Der Landesvorstand hatte den Satzungsausschuss der Partei gebeten zu prüfen, ob Anna von Treuenfels-Frowein als fraktionslose Abgeordnete gleichwohl weiterhin als stimmberechtigtes Mitglied Präsidium und Vorstand angehören kann. Das Ergebnis war eindeutig. „Unsere Bürgerschaftsabgeordnete gehört nicht als stimmberechtigtes Mitglied dem Landesvorstand an und also auch nicht dem Präsidium“, lautete das einstimmige Votum des Satzungsausschusses.

„Um Vertreter der FDP-Bürgerschaftsfraktion zu sein, bedarf es einer Bürgerschaftsfraktion, welche die Wahl ihrer Vertretung vornimmt“, heißt es weiter. Da sei der Wortlaut eindeutig. Wenn nicht stimmberechtigtes Mitglied, dann könnte Treuenfels-Frowein wenigstens in dem Präsidium kooptiert werden, befanden mehrere liberale Vorstandsmitglieder.

Antrag von Carl Cevin-Key Coste

 Der Landesvorsitzende der Jungen Liberalen und Vorstandsmitglied Carl Cevin-Key Coste forderte in einem Antrag das Präsidium auf, „Anna von Treuenfels als ständigen Gast zu sämtlichen Sitzungen einzuladen“. Der Landesvorstand schmetterte den Antrag mit der deutlichen Mehrheit von 17:3 Stimmen ebenso ab wie Costes Antrag, die Satzung so zu ändern, dass nicht mehr auf die Fraktion Bezug genommen werde, sondern den „Vertreter der Bürgerschaftsabgeordneten“.

Coste hält eine „enge Verzahnung zwischen Präsidium und Bürgerschaft“ für wichtig. „Ich verstehe nicht, dass nicht einmal die Kooptierung durchgegangen ist“, sagt der Juli-Chef. Er will seinen Antrag auf Änderung der Satzung auf dem nächsten Landesparteitag voraussichtlich im November einbringen.

Kritik übt auch der langjährige FDP-Abgeordnete Carl Jarchow

Für Landesschatzmeister Ron Schumacher widerspricht der Ausschluss Treuenfels-Froweins „klar dem Geist der Satzung …, eine sich gegenseitig fördernde Arbeitsbeziehung zwischen den Mandatsträger/-innen und dem Vorstand etc. herzustellen“. Kritik übt auch der langjährige FDP-Abgeordnete Carl Jarchow. „Ich bin erstaunt über die Entscheidung des Präsidiums. Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, dass unsere Bürgerschaftsabgeordnete ständig im Präsidium vertreten ist“, sagt Jarchow.

Landeschef Kruse sieht das völlig anders. Auf die Frage, ob die Entscheidung, die Abgeordnete nicht mehr an den Präsidiumssitzungen teilnehmen zu lassen, eine Entmachtung bedeute, sagt Kruse: „Das ist es nicht, und es ist auch nicht so zu interpretieren.“ Kruse will die politischen Gewichte in der FDP strukturell verschieben.

„Bislang wurden die meisten organisatorischen und inhaltlichen Entscheidungen im Präsidium getroffen. Gemeinsam haben wir im Landesvorstand entschieden, den Landesvorstand wieder zum zentralen politischen Gremium der Partei zu machen, in dem deswegen auch Abgeordnete aller parlamentarischen Ebenen kooptiert sind“, sagt Kruse.

Jeder Mandatsträger sei für die Partei wichtig

„Wesentliche Aufgabe des Präsidiums ist es, die Sitzungen des Landesvorstands vorzubereiten. Wenn es um Themen geht, die mit der Bürgerschaft koordiniert werden müssen, wird unsere Bürgerschaftsabgeordnete in das Präsidium eingeladen“, kündigt der Landesvorsitzende an.

Jeder Mandatsträger sei für die Partei wichtig. „Daher setzen wir auf den engen Austausch zwischen Landesvorstand und Mandatsträgern. Darüber hinaus wird insbesondere Anna durch unsere Landesfachausschüsse in ihrer parlamentarischen Arbeit unterstützt“, sagt der Landesvorsitzende der Liberalen, der von einem „guten Arbeitsverhältnis“ zu Treuenfels-Frowein spricht. Die Bürgerschaftsabgeordnete der Liberalen wollte sich nicht zu den Vorgängen äußern.