Hamburg. Auf einem Video ist ein Polizist zu sehen, der einen 16-Jährigen schlägt, während er am Boden liegt. Politiker fordern Konsequenzen.

Nach den massiven Polizeieinsätzen im Hamburger Stadtpark wegen eskalierter Massenpartys müssen sich die Beamten nun selbst mit heftigen Vorwürfen in sozialen Medien und aus der Politik auseinandersetzen: Ein offenbar bei einem der Einsätze aufgenommenes Video, das auf Instagram kursiert, soll einen Polizisten zeigen, wie er über einem 16 Jahre alten Jugendlichen auf dem Boden kniet und diesem augenscheinlich ins Gesicht schlägt.

Auf dem Video mit dem Titel "Polizeigewalt im Stadtpark" ist zu sehen, wie mehrere Beamte um einen Einsatzwagen herumstehen. Direkt vor dem Wagen liegt ein Jugendlicher am Boden, über ihm kniet ein Polizist. Dann schlägt der Beamte dem jungen Mann offenbar mit der Faust so heftig ins Gesicht, dass der Kopf des Jugendlichen auf den Asphalt prallt. Danach wird er von dem Beamten auf die Beine geholt, mehrere Kollegen halten ihn fest und versuchen, die Arme des Jugendlichen auf dem Rücken zu fixieren.

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Polizeigewalt im Stadtpark? Linke fordert Suspendierung

Die Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft forderte am Donnerstag vor dem Hintergrund der Aufnahme die Suspendierung des beteiligten Beamten. "Es darf nicht sein, dass ein Polizeibeamter einen am Boden fixierten, wehrlosen Jungen mit der Faust ins Gesicht schlägt", sagte der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Deniz Celik. "Wir verlangen, dass der Polizeibeamte aus dem Dienst suspendiert wird und gegen ihn sowohl disziplinarrechtlich als auch strafrechtlich vorgegangen wird."

In einer Kleinen Anfrage wollen die Linken vom Senat unter anderem wissen, ob es sich bei einem Faustschlag ins Gesicht um eine in der Ausbildung gelehrte Technik handelt und wie der Senat die Verhältnismäßigkeit des Schlags einstuft.

Polizeigewalt im Stadtpark? Beamte wiesen auf Corona-Regeln hin

Die Polizei hatte dem Abendblatt am Mittwoch auf Anfrage bestätigt, dass es zu dem auf dem Video festgehaltenen Einsatz gekommen ist. Von einer Manipulation des Materials gehe man nicht aus, so Sprecher Florian Abbenseth. Nach seiner Darstellung hatten Beamte am vergangenen Sonnabend gegen 19 Uhr eine größere Personengruppe zwischen dem Stadtparksee und der Festwiese angetroffen und auf die Einhaltung der Corona-Regeln hingewiesen.

Lediglich der auf dem Video zu erkennende 16-Jährige habe die Hinweise der Beamten ignoriert. Einem erteilten Platzverweis sei er nur "widerwillig" nachgekommen, erklärte der Sprecher.

Polizeigewalt im Stadtpark? Beamte zuerst beleidigt

Zwar soll sich der junge Mann von der Festwiese entfernt haben, dabei aber die ihn begleitenden Beamten beleidigt haben. Als die Polizisten den 16-Jährigen wegen seiner Beschimpfungen belehren wollten, kam es laut Abbenseth zu einer "Widerstandshandlung" des Jugendlichen. Er sei daraufhin mit einer "gezielten Eingriffstechnik kontrolliert zu Boden geführt worden".

Da der junge Mann aber weiter Widerstand geleistet habe, sei es dann zu der fraglichen Szene gekommen. "In dieser Situation erfolgte offenbar der auf dem Video zu sehende Faustschlag, woraufhin der Jugendliche sich zunächst beruhigte und seinen Widerstand jedenfalls kurzzeitig einstellte", sagte Abbenseth.

In diesem Moment scheint der Polizist auf den am Boden liegenden Jugendlichen einzuschlagen.
In diesem Moment scheint der Polizist auf den am Boden liegenden Jugendlichen einzuschlagen. © Instagram | Unbekannt

Jugendlicher und Beamter bei Stadtpark-Einsatz verletzt

Als der 16-Jährige kurz danach vor dem Dienstfahrzeug der Polizisten stand, soll er erneut "aggressiv" geworden sein. "Letztlich wurde er gefesselt und ans Polizeikommissariat 37 gebracht", so Abbenseth. Die Eltern wurden informiert.

Bei dem harten Eingreifen der Polizei hat der Jugendliche Hautabschürfungen am Gesicht und an den Armen davongetragen. Eine Versorgung der Wunden durch Rettungskräfte soll er aber abgelehnt haben.

Der Beamte, der den jungen Mann festhielt, soll sich bei dem Einsatz ebenfalls verletzt haben und deshalb im Bundeswehrkrankenhaus behandelt worden sein. Zudem soll an einem Streifenwagen eine Delle an der Beifahrertür entstanden sein.

Polizei Hamburg ermittelt gegen 16-Jährigen

Wegen seines aggressiven Verhaltens wird nun zunächst einmal gegen den Jugendlichen wegen des Verdachts der Beleidigung und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte ermittelt. Zugleich überprüft das Dezernat Interne Ermittlungen aber auch das Verhalten und die Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Gewalt des Beamten.

Generell seien die Beamten zur Anwendung unmittelbaren Zwangs befugt, erklärte der Polizeisprecher. Dessen Anwendung erfolge nicht willkürlich, sondern immer auf Basis rechtlicher Vorgaben und erst, wenn dies aufgrund des gezeigten Verhaltens erforderlich sei.

"Natürlich sind solche Bilder nicht schön", so Abbenseth. "Ein derartiges Einschreiten wird immer dokumentiert und ist jederzeit auf die Verhältnismäßigkeit überprüfbar."

Polizeigewalt im Stadtpark? Heftige Auseinandersetzungen

In den vergangenen Wochen war es im Hamburger Stadtpark immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen von Feiernden mit der Hamburger Polizei gekommen. Weil während der Massenpartys mit mehreren Tausend Menschen Corona-Regeln nicht eingehalten wurden und sich Anwohner über den Lärm beschwerten, mussten die Beamten diverse Male die Festwiese räumen.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Dabei kam es auch zu Gewalt gegen Polizisten. Allein am vergangenen Wochenende wurden mehrere Beamte verletzt, es flogen Flaschen, Feuerwerkskörper und andere Gegenstände auf die Einsatzkräfte.

Senat erlässt Alkoholverbot im Hamburger Stadtpark

Um die Lage generell zu entschärfen, hatte der Senat Anfang dieser Woche ein Alkoholverbot im Stadtpark verhängt. Ab 21 Uhr an Freitagen und Sonnabenden bis 6 Uhr am Folgetag dürfe im Stadtpark kein Alkohol mitgeführt oder getrunken werden, erklärte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD).

Zugleich wurde das Tanzen unter freiem Himmel aber unter Auflagen wieder erlaubt. Bedingung ist, dass alle Besucher negativ getestet, vollständig geimpft oder genesen sind. Wo getanzt wird, legte der Senat nicht fest, es muss aber ein abgegrenztes Gelände sein, auf dem maximal 250 Menschen ohne Maske feiern dürfen.