Hamburg. Steven Baack wurden “verbotene Methoden“ vorgeworfen. Sein Verfahren wurde eingestellt. Spekulationen zur Schuldfrage.
Es war die Rede von unterdrückten Beweisen, von getäuschten Zeugen, von „verbotenen Ermittlungsmethoden“: Der Fall des einst hochgelobten Chefs der Soko „Cold Cases“, Steven Baack, löste eine Polizeiaffäre in Hamburg aus. Nach seiner Absetzung und dem Abgang des LKA-Chefs Frank-Martin Heise behält Baack aber zumindest eine theoretische Chance auf eine weitere Karriere als Ermittler. Nach Abendblatt-Informationen wurde das Disziplinarverfahren gegen Baack nun eingestellt.
Disziplinarverfahren eingestellt, Zukunft ungewiss
Baack habe keine schuldhafte Pflichtverletzung begangen, heißt es in der sogenannten Einstellungsverfügung, die dem Abendblatt vorliegt. Zwar seien ihm als Soko-Chef mehrere Fehler unterlaufen, die „nicht dem Standard kriminalpolizeilicher Sachbearbeitung entsprechen“. Diese stellten jedoch in der Gesamtbewertung nur „Formalverstöße“ dar, etwa Mängel bei der Dokumentation. Die Affäre war durch einen Freispruch im Fall eines versuchten Mordes aus dem Jahr 1980 ins Rollen geraten. Die Richterin hatte daraufhin von möglicherweise verbotenen Methoden der Soko „Cold Cases“ gesprochen.
Die Polizeiführung wollte das Ergebnis des Disziplinarverfahrens nicht weiter kommentieren. Baacks Rechtsanwalt Gerhard Strate begrüßte das Ergebnis der Überprüfung: „Steven Baack ist ein tüchtiger und integrer Kriminalbeamter. Das Ergebnis des von ihm selbst beantragten Disziplinarverfahrens kommt einer völligen Rehabilitierung gleich“, so Strate. Nach seiner Absetzung im Herbst 2018 war Baack für rund ein halbes Jahr krankgeschrieben gewesen. Inzwischen arbeitet er vorläufig in der Innenbehörde, ist dort Referent für Katastrophenschutz und entwirft etwa Reaktionspläne auf terroristische Angriffe.
Nur strategischer Sündenbock?
In Polizeikreisen gilt Baack jedoch als „Vollblutermittler“ – wenngleich er manchmal überambitioniert und stur sei, wie auch ihm wohlgesonnene Beamte sagen. Eine Rückkehr in das LKA – oder gar zur Abteilung „Cold Cases“ – ist dennoch unwahrscheinlich. Obwohl die Affäre mit dem Disziplinarverfahren und der vorherigen Absetzung von LKA-Chef Heise offiziell erledigt ist, gibt es hinter den Kulissen weiterhin Spannungen.
Der neue LKA-Chef Mirko Streiber war selbst – damals noch als Stellvertreter seines Vorgängers Heise – indirekt in die Affäre verwickelt. In einer Arbeitsgruppe sollte er die Vorwürfe gegen Baack und die Einheit aufklären. Der Anwalt Strate sprach jedoch im Abendblatt und in einem Brief an den Polizeipräsidenten davon, die Aufklärung verlaufe „unfair“, und man wolle Baack zu einem „Sündenbock“ machen. Aus dem Umfeld Streibers hieß es dagegen, es habe sich eher um einzelne unglückliche Missverständnisse gehandelt – aber fachlich sei die eigene Arbeit einwandfrei.
Vertrauensverlust in LKA-Führung
In einem Bericht von Streibers Arbeitsgruppe wurde angedeutet, dass Baack sich etwa mit einer Falschaussage vor Gericht strafbar gemacht haben könnte. Obwohl die nun prüfenden Beamten im Disziplinarverfahren größtenteils dieselben Dokumente auswerteten, bewerteten sie die Vorgänge offenbar anders. Zuvor hatte auch die Staatsanwaltschaft auf weitere Ermittlungen gegen Baack verzichtet – weil seine Version, nach der die Soko „Cold Cases“ unter heilloser Überlastung litt, glaubwürdig sei.
Die Beziehung zwischen Baack und Streiber gilt weiterhin als zerrüttet. Er habe das Vertrauen in die gesamte Führung des LKA verloren, sagte Baack bereits nach seiner Absetzung gegenüber Vertrauten. Innerhalb der Kripo, so Baack, konkurrierten mehrere „Cliquen“ um einen weiteren Aufstieg bei der Polizei. Spitzenbeamte verweisen auf die Fehler, die Baack zweifelsohne begangen habe. Sie können sich auch aus praktischen Gründen kaum vorstellen, dass er erneut die Ermittlungen in größeren Kriminalfällen leiten könnte. „Jeder Verteidiger würde Baack vor Gericht zerrupfen, wenn er als Zeuge geladen wird“, sagte ein ranghoher Beamter.
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Personalfehler im Medienhype
In der aktuellen Einstellungsverfügung ist davon die Rede, dass Baacks geringe Erfahrung als Ermittler die Fehler bei den Ermittlungen verursacht haben könnte. „Aus heutiger Sicht“ sei seine Wahl zum Soko-Chef „kritisch zu betrachten“. Das Abendblatt hatte enthüllt, dass der damalige LKA-Chef Frank-Martin Heise zwar die Vermarktung der Soko in den Medien vorantrieb, aber mehrfache Hilferufe nach Personal und Ausstattung offenbar ignorierte.
Heise wurde im August 2019 abgesetzt, weil mit ihm laut Polizeipräsident Ralf Martin Meyer „keine vertrauensvolle Zusammenarbeit mehr möglich“ sei. Die genauen Gründe wurden nicht publik gemacht. Kürzlich hat Heise bei einem privaten Sicherheitsunternehmen in der Schweiz angeheuert. Er bleibt jedoch Beamter und ist nur beurlaubt.