Hamburg. Offenbar war ein Bewohner deutlich vor dem Impftermin infiziert. Vorwürfe gegen Heimleitung. Ausbrüche in Heimen beschäftigt Behörden.

Sie hatten den Termin abgesprochen und die Bewohner aufgeklärt, auch die Mitarbeiter standen parat. Vor zwei Wochen dann kam das mobile Impfteam in das Pflegeheim Katharinenhof zum Husaren in Marienthal. Endlich sollten die Bewohner vor Corona geschützt sein.

Doch zu dieser Zeit kursierte das Virus offenbar bereits in der Einrichtung. Inzwischen sind 44 Mitarbeiter und Bewohner betroffen und zwei Menschen verstorben. Der Ausbruch kurz vor dem Abschluss der Impfungen in den Pflegeheimen ist kein Einzelfall, wie die Sozialbehörde bestätigt.

Derzeit seien in 40 der 130 Hamburger Pflegeheime Corona-Fälle bekannt, sagte Behördensprecher Martin Helfrich auf Anfrage. Insgesamt gibt es 380 Infizierte. In fünf Einrichtungen sind noch mehr als 20 Menschen erkrankt. Zuletzt hatte es einen Ausbruch im Seniorenheim Matthäus an der Maria-Louisen-Straße in Winterhude gegeben. Dabei infizierten sich 127 Mitarbeiter und Bewohner, es gab 15 Todesopfer.

Corona-Ausbrüche in Heimen beschäftigt Behörden

Die Ausbrüche trotz der erhöhten Sicherheitsvorkehrungen beschäftigt auch die Behörde. „Im Vergleich zum Dezember und Januar sind die Zahlen in Pflegeheimen deutlich gesunken. Aber natürlich steht im Einzelfall die Frage im Raum, wie es noch dazu kommen kann.“ Denn die Corona-Schnelltests für Besucher seien fast ausnahmslos zuverlässig.

In dem aktuellen Fall in Marienthal wurden aus dem Umfeld des Katharinenhofes zum Husaren zunächst Vorwürfe gegen die Leitung laut. So habe sich das Virus möglicherweise bei der Impfung selbst verbreitet, dabei seien auch Abstände nicht eingehalten worden, hieß es in einer E-Mail an das Abendblatt. Zudem sei versucht worden, den Ausbruch zu „vertuschen“.

Ein Bewohner bereits deutlich vor Impftermin infiziert

Auf Anfrage trat der Träger dem jedoch entschieden entgegen. Die Anschuldigungen seien absolut falsch. „Alle Mitarbeiter-/innen sowie das externe Impfteam haben Schutz­ausrüstung, FFP2-Masken getragen und alle Hygieneregeln strikt eingehalten“, schrieb die Leitung auf Anfrage. Auch sei nach Bekanntwerden des Ausbruchs eine „aktive Kommunikation“ mit den Bewohnern, ihren Angehörigen und den Behörden gepflegt worden.

Nach den bisherigen Erkenntnissen hat sich ein Bewohner bereits deutlich vor dem Impftermin infiziert und das Virus in der Folge eingeschleppt. Offenbar steckte er sich bei einer Untersuchung in einer Arztpraxis an.

Eine Mitarbeiterin zeigte am 20. Januar Symptome

„Circa fünf Tage nach dieser ärztlichen Untersuchung zeigte er Covid-19-Symptome. Darauf erfolgte eine positive PCR-Testung, und der Bewohner wurde umgehend in Zimmerquarantäne betreut.“ Dies sei bereits der Fall gewesen, als die Impfung am 19. Januar durchgeführt wurde. Damals habe es keine weiteren Anzeichen auf einen Ausbruch gegeben – und Mitarbeiter wie Bewohner seien wöchentlich auf Corona getestet worden.

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Am 20. Januar zeigte jedoch auch eine Mitarbeiterin Symptome, die zuvor engeren Kontakt zu dem Bewohner hatte. „Auch sie wurde direkt im Anschluss getestet und wies ein positives Testergebnis auf Covid-19 auf“, schreibt der Träger. Daraufhin wurde eine erneute Testung aller Bewohner veranlasst und eine Vielzahl von Fällen entdeckt. Am  21. Januar wurde das Pflegeheim geschlossen. Bei den insgesamt 44 Betroffenen handelt es sich um zehn Angestellte und 34 Bewohner. Zwei von Ihnen verstarben bereits in kurzer Zeit nach der Covid-19-Infektion.

Behörden halten Argumentation des Trägers für glaubwürdig

Die Einrichtung drückte auch gegenüber dem Abendblatt ihr Mitgefühl für die Hinterbliebenen und alle Betroffenen aus. „Es ist sehr bedauerlich, dass unsere Einrichtung im Katharinenhof zum Husaren so kurz vor der ersten Impfung von einer Infektion erfasst wurde. Das ist für alle Betroffenen, Bewohner/-innen, Mitarbeiter/-innen und Angehörigen schwer.“ Auch stehe man zu der Verantwortung für den Infektionsschutz, lehne jedoch „jede Form der Verleumdung ab“.

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In Behördenkreisen heißt es, die Argumentation des Trägers sei glaubwürdig – und dass es bei der Impfung selbst zu Infektionen gekommen sein könnte, sei sehr unwahrscheinlich.

Ansteckungswege detailliert nachzuvollziehen kaum möglich

Grundsätzlich sei bei Ausbrüchen in Pflegeheimen nicht auszuschließen, dass  auch individuelles Fehlverhalten von Personal oder Bewohnern zu einem Ausbruch beitragen könne – oder es vor Ort zu wenige Tests gegeben habe. Wie  Oberstaatsanwältin Nana Frombach sagte, wird bei allen Corona-Ausbrüchen in Pflegeheimen mit Todesopfern ein sogenanntes Todesermittlungsverfahren eröffnet.

Die Ansteckungswege detailliert und vor allem mit gerichtsfester Sicherheit nachzuvollziehen ist jedoch in der Praxis kaum möglich. Nach einem Ausbruch in einem Hamburger Pflegeheim im vergangenen Jahr hatte es ein einziges förmliches Ermittlungsverfahren gegeben. Dieses wurde Anfang Januar jedoch wegen mangelnden Tatverdachts eingestellt.