Hamburg. Software-Update verursacht Chaos bei Auszahlungen. Studentische Hilfskräfte in Hamburg erhalten teils monatelang kein Geld.
KoPers: Das steht für Kooperatives Personalmanagement. Kooperativ müssen sich derzeit vor allem studentische Hilfskräfte in Hamburg zeigen. Denn sie erhalten teils seit Monaten kein Geld, andere konnten überhaupt nur bar eine Abschlagszahlung erhalten und in einem Einzelfall hat das Software-Chaos sogar zu einer Zahlung von 10.000 Euro anstatt 1000 Euro geführt. Was da los ist? KoPers ist los.
Das länderübergreifende Projekt startete 2011 mit einer europaweiten Ausschreibung. Hamburg und Schleswig-Holstein versprachen sich davon viel. Es sollte ein modernes und serviceorientiertes Personalmanagement geschaffen werden, Personalverwaltung und -abrechnung besser verzahnt und die Bearbeitung behördenübergreifender Abläufe möglich sein. Zudem war die Idee, das Verfahren an andere Länder zu vermarkten. Bremen war interessiert. Zehn Jahre später sieht das alles anders aus. KoPers hat sich einen Namen als Pannensoftware gemacht. Die Kosten haben sich vervielfacht. Und nun läuft es einmal mehr nicht rund.
Hamburger Unis: Probleme bei der Lohnauszahlung
Mit einem Software-Update Ende vergangenen Jahres nahm das Chaos an der Technischen Universität (TU) Hamburg in Harburg seinen Anfang. Dort warten Studenten noch heute auf ihr Geld. Einige Aushilfskräfte haben seit Oktober keinen Lohn erhalten. Ausgerechnet zu einer Zeit, wo viele Studenten auch in anderen Branchen keine Arbeit finden und sich deshalb an der Uni um einen Job bemühten. Viele sind auf das Geld angewiesen, um die Miete zu zahlen. Wo die Not sehr groß war, wurden daher Barauszahlungen ermöglicht. Doch mit viel Bargeld über den Campus laufen, auf dem es zuletzt zu einigen Raubüberfallen kam, ist auch nicht für jeden eine Option, wie Studenten dem Abendblatt berichten.
Zudem berichten einige, dass sie sich Geld leihen oder um Zahlungsaufschub bitten mussten. Im einem Fall, den die Uni bestätigt, kam es dafür zu einer viel zu hohen Auszahlung in Höhe von knapp 10.000 Euro netto. Aufgrund der hohen Anzahl der nachzubearbeitenden Gehaltzahlungen rutschte die Null zu viel wohl einfach durch. "Die Aufforderung zur Rückzahlung ist bereits in Bearbeitung", so die Uni. So angenehm es klingen mag, zu viel Geld auf dem Konto zu haben, bringt das Studenten gegenüber dem Bafög-Amt in Erklärungsnot.
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Ausgerechnet diesmal so viele studentische Hilfskräfte wie nie
Was war passiert? "Die Personalverwaltungssoftware der Stadt Hamburg, Kopers, stand aufgrund technischer Probleme im Oktober/November in beträchtlichem Ausmaß nicht für Eingaben zur Verfügung. Auch die Freigabe von Abschlagszahlungen scheiterte über einen längeren Zeitraum an technischen Problemen", berichtet Franziska Trede als Pressesprecher der TU in Harburg. Ausgerechnet im Herbst. Das Software-Update und die damit einhergehenden Probleme kamen für die Uni zur Unzeit. Denn mit Semesterbeginn kommt schon in normalen Zeiten ein großer neuer Schwung an studentischen Hilfskräften dazu. Und in diesem Wintersemester waren es so viele wie nie zuvor.
"Aufgrund von Corona und den damit einhergehenden Herausforderungen digitaler Lehre haben wir erheblich mehr studentische Beschäftigte als gewöhnlich eingestellt, um unsere Studierenden in zahlreichen zusätzlichen Kleingruppen/Tutorien bestmöglich unterstützen zu können", erklärt Trede. Insgesamt seien dadurch knapp 800 Studierende von dem Systemausfall und davon etwa 250 Fälle von den Zahlungsproblemen betroffen gewesen. Heute, also mehr als drei Monate später, sind immer noch 60 Fälle offen.
Arne Burda, Kanzler der TU Hamburg, sagt dazu: "Wir bedauern diesen Vorfall und die daraus entstandenen Folgen für betroffene Studierende sehr." Um die Ausfälle schnell zu kompensieren, seien verschiedene Maßnahmen ergriffen worden. So sei beispielsweise Personal aus anderen Bereichen hinzugezogen worden. "Wir arbeiten aktuell unter Hochdruck daran, bis Ende Januar die noch ausstehenden Zahlungen zu leisten. Härtefälle können sich jederzeit direkt bei der Leitung des TU-Personalreferats melden."
Nicht nur die TU ist betroffenen, betont Trede. Sondern auch alle anderen Hamburger Hochschulen, die das Programm nutzen. Und das auch nicht zum ersten Mal. Seit Einführung 2019 sei es vereinzelt zu Schwierigkeiten bei Sonderzahlungen, Auswertungen oder auch dem Lohnsteuerjahresausgleich gekommen, so Trede auf Nachfrage. Allerdings war das Ausmaß nie so groß wie diesmal.
Rechnungshof rügt die Kostenexplosion beim Projekt
2019 hatte das Program zuletzt für Schlagzeilen gesorgt. Damals gab es Schwierigkeiten bei der Bezahlung von städtischen Mitarbeitern besonders bei der Polizei. Nicht nur durch Pannen sondern auch durch die viel höheren Kosten ist das Programm bekannt. Der Bund der Steuerzahler in Schleswig-Holstein prangerte KoPers als „größten IT-Verschwendungsfall“ im Norden an. Zuletzt rügte der Rechnungshof die Kostenexplosion beim Projekt "KoPers": Zum Start seien in Schleswig-Holstein 26,5 Millionen Euro angesetzt worden, nun würden bis 2024 rund 151 Millionen erwartet. Laut Finanzministerium sind allein für 2021 und 2022 insgesamt rund 30 Millionen Euro für den Betrieb, die Pflege und die Weiterentwicklung des Verfahrens eingeplant. Bis 2022 soll es dann auch endgültig eingeführt sein.
Zumindest sind in Schleswig-Holstein keine Probleme mit der Software an Universitäten bekannt. Und auch aus dem zuständigen Personalamt der Stadt Hamburg heißt es auf Anfrage: "Die Nutzung der Software ist mittlerweile etabliert und eingespielt. Es liegen keine Fehler vor, die zu fehlerhaften Auszahlungen führen." Allerdings räumt man Systemausfälle zum Jahreswechsel und aufgrund von Aktualisierung Ende des vergangenes Jahres ein.
In Hamburg sind in diesem Jahr weitere Updates sowie eine Erweiterung des Programms um einen Online-Zugang für Beschäftigte geplant. Zumindest eines ist erfreulich: Laut Auskunft des Personalamtes des Hamburger Senats konnte KoPers für die zuletzt bezifferten 95,65 Millionen Euro eingeführt werden. Ursprünglich waren 40 Millionen angedacht.