Hamburg. Im bundesweiten Vergleich haben sich Hamburgs Schulen verbessert. Es gibt in einigen Bereichen aber noch erhebliche Schwächen.
Über Jahrzehnte waren die Ergebnisse der großen, bundesweiten Bildungsstudien aus Hamburger Sicht eher unerfreulich. In der Regel fand sich die Hansestadt im unteren Drittel wieder, zusammen mit den anderen Stadtstaaten Bremen und Berlin. Im vergangenen Jahrzehnt hat Hamburg jedoch massiv aufgeholt.
Im „Bildungsmonitor 2021“, einer Vergleichsstudie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), hatte die Hansestadt vor einigen Jahren Rang fünf erobert, im vergangenen Jahr Platz vier – und in der aktuellen Studie klettert die Stadt sogar auf Platz 3 der 16 Bundesländer.
Schule: Bildungsmonitor 2021 – wo die Bundesländer stehen:
- Sachsen
- Bayern
- Hamburg
- Thüringen
- Saarland
- Baden-Württemberg
- Hessen
- Niedersachsen
- Mecklenburg-Vorpommern
- Rheinland-Pfalz
- Schleswig-Holstein
- Nordrhein-Westfalen
- Berlin
- Sachsen-Anhalt
- Brandenburg
- Bremen
Schule: Bremen Schlusslicht bei Bildungsstudie
„Hamburg weist in den Handlungsfeldern Internationalisierung, Inputeffizienz, Förderinfrastruktur, Zeiteffizienz und Berufliche Bildung Stärken auf“, heißt es in der Zusammenfassung der Studie, die anhand von zwölf Handlungsfeldern untersucht, inwieweit ein Bundesland Bildungsarmut reduziert, zur Fachkräftesicherung beiträgt und Wachstum fördert.
Verbesserungspotenzial bestehe in Hamburg vor allem bei der Schulqualität: So würden viele Schüler nicht die Mindeststandards in Naturwissenschaften, Mathematik und Lesen erreichen. Angeführt wird der Bildungsmonitor von Sachsen und Bayern, am Ende stehen Brandenburg und Bremen. Dazwischen rangieren Niedersachsen auf Rang 8, Schleswig-Holstein auf 11 und Berlin auf 13.
Bildungsmonitor – diese Stärken werden Hamburg attestiert:
Internationalisierung (Aktueller Rang: 1. Platz): Während in Hamburg fast alle Grundschüler (99 Prozent) im Jahr 2019 in Fremdsprachen unterrichtet wurden, waren es im Bundesdurchschnitt nur 61,2 Prozent. Auch der Anteil der Berufsschüler mit Fremdsprachenunterricht sei in der Hansestadt mit 90,4 Prozent „ausgesprochen hoch“ ausgefallen, so die Autoren (Bundesdurchschnitt: 35,3 Prozent).
Unterdurchschnittlich sei dagegen der Anteil der „Bildungsausländer“ an den Hochschulen: Während in Hamburg nur 9,8 Prozent der gut 100.000 Studierenden nicht aus Deutschland kamen, seien es im Bundesdurchschnitt 11,4 Prozent gewesen.
Inputeffizienz (1. Platz): Hier wird auf die sehr hohen Sachausgaben an den Schulen in Relation zu den Gesamtausgaben verwiesen. Auch an den Hochschulen hätten Sachausgaben 55,4 Prozent der Höhe der Personalausgaben erreicht – im Bundesdurchschnitt seien das nur 41,7 Prozent gewesen. Zudem würden weniger Lehrkräfte die Schulen vorzeitig wegen Dienstunfähigkeit verlassen als in anderen Bundesländern.
Förderinfrastruktur (2. Platz): Hier geht es vor allem um die Betreuung über die reine Schulzeit hinaus. „98,4 Prozent der Hamburger Grundschüler lernten im Jahr 2019 an einer offenen oder gebundenen Ganztagsschule – im Bundesdurchschnitt sind es gerade einmal 47 Prozent“, heißt es im Bildungsmonitor. Damit stehe Hamburg an der Spitze aller Bundesländer.
Gleiches gelte für den Anteil der Schüler in der Sekundarstufe I, die ganztags betreut werden. Hier erreiche Hamburg einen Wert von 97,7 Prozent, während der Durchschnittswert aller Bundesländer bei 47,9 Prozent liege. Zudem sei der Anteil der drei- bis sechsjährigen Kinder, die ganztags in einer Kita betreut werden, in Hamburg ebenso leicht überdurchschnittlich wie die Qualifikation des Personals: 11,9 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kindertagesstätten hätten einen akademischen Abschluss, deutlich mehr als im Durchschnitt aller Bundesländer (7,3 Prozent).
Zeiteffizienz (3. Platz): Dass Hamburg vor einigen Jahren das Sitzenbleiben weitgehend abgeschafft hat und stattdessen auf Förderung setzt, zeigt sich bei den Wiederholerquoten: In der Sekundarstufe I erzielte die Stadt im Jahr 2019 mit 0,5 Prozent sogar den Bestwert aller Bundesländer (Bundesdurchschnitt: 2,6 Prozent). Auch in der Grundschule war der Wert besser als der Länder-Schnitt. Zudem würden „relativ wenige Kinder verspätet eingeschult“, so die Autoren der Studie.
Berufliche Bildung (4. Platz): In Hamburg sei das Angebot an Ausbildungsstellen relativ hoch, heißt es im Bildungsmonitor.: „Mit 71,1 Prozent lag die Ausbildungsstellenquote im Jahr 2020 deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 63,1 Prozent.“ Die Quote der Unversorgten sei in Hamburg mit 13 Prozent dennoch schlechter ausgefallen als im Bundesdurchschnitt (9,6 Prozent).
Dafür sei die Erfolgsquote der Berufsschüler in der dualen Ausbildung in Hamburg im Jahr 2019 mit 92 Prozent sehr hoch gewesen (Bundesdurchschnitt: 90,5 Prozent). Zudem sei auch der Anteil der erfolgreichen Absolventen an Berufsfachschulen, Fachoberschulen und Fachschulen in Hamburg mit 92,9 Prozent höher als im Bundesdurchschnitt (80 Prozent).
Bildungsstudie – diese Schwächen werden Hamburg attestiert:
Schulqualität (14. Platz): In der letzten Kompetenzerhebung für die Neuntklässler aus dem Jahr 2018 habe Hamburg in den Naturwissenschaften nur den vorletzten Platz belegt, heißt es. Etwas besser, aber immer noch nicht gut, seien die Ergebnisse in Mathematik gewesen.
Bildungsarmut (13. Platz): „Bei der Überprüfung der Bildungsstandards in den Naturwissenschaften für Neuntklässler erreichten 12,1 Prozent der Hamburger Schüler im Jahr 2018 nicht den Mindeststandard (Bundesdurchschnitt: 9,2 Prozent)“, bemängelt die Studie. „Auch in Mathematik und im Lesen weist Hamburg überdurchschnittlich hohe Risikogruppen auf.“
Allerdings müssten in Hamburg weniger Schüler die Schule ohne Abschluss verlassen (5,9 Prozent) als in anderen Ländern (6,6 Prozent). Auch der Anteil der erfolgreichen Absolventen an allen Abgängern eines Berufsvorbereitungsjahrs sei mit 64,3 Prozent besser ausgefallen als im Bundesdurchschnitt (54,5 Prozent).
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Schule Hamburg – mangelhaften Fähigkeiten in Mathematik
„Hamburg gelingt es, sich stetig weiterzuentwickeln“, lobte Peter Golinski, Geschäftsführer Bildung und Arbeitsmarkt der Arbeitgeberverbände Nordmetall AGV Nord, und verwies vor allem auf die hohen Fremdsprachenquoten. „Nur die mangelhaften Fähigkeiten in Naturwissenschaften, Mathematik und beim Lesen von Schülerinnen und Schülern der Klassenstufe 9 bereiten mir nach wie vor Sorge“, sagte Golinski. „Hier dürfen die Schulen und die Behörde nicht nachlassen, in wirksame Förderangebote zu investieren.“
Angesichts von überdurchschnittlich vielen Schulabsolventen ohne Ausbildungsplatz müssten mehr „Brücken“ in die Ausbildung gebaut werden, etwa durch die starke Verzahnung von Übergangsmaßnahmen mit betrieblicher Praxis.
Schulsenator Rabe will Defizite „Schritt für Schritt überwinden“
Schulsenator Ties Rabe (SPD) zeigte ich erfreut über das gute „Zeugnis“: „Wir haben viel dafür getan. Der Ausbau aller Grundschulen zu Ganztagsschulen ist abgeschlossen und sehr erfolgreich, aber auch die Verbesserung der Lernleistungen gerade im Bereich Lesen und Sprache sowie Englisch zahlt sich jetzt aus.“ Auch die Defizite im Bereich Mathematik und Naturwissenschaften wolle er nun „Schritt für Schritt überwinden“.