Hamburg. Seit 65 Jahren verzaubern die Konzerte die Parkbesucher. Fast alles ist noch Handarbeit. Zu Besuch hinter den Kulissen.

Konzentriert geht Héctor González Pino noch einmal die wichtigsten Griffe an der Orgel durch. Durch das Fenster des Technikraums ist zu erkennen, wie sich rund um den Parksee von Planten un Blomen die ersten Zuschauer versammeln. Auf Decken und mit kalten Getränken machen sie es sich auf den Wiesen und Hängen bequem – gespannt auf das Schauspiel, das in wenigen Minuten beginnt.

Seit 25 Jahren bedient der in Lübeck lebende Tangolehrer die Wasserlichtorgel in dem Park. Schon 1938 war dort die erste Wasserfontäne installiert worden. Zur Internationalen Gartenausstellung (IGA) 1953 wurde sie um eine Wasserlichtorgel erweitert, die in ihrer heutigen Form seit der IGA 1973 besteht. „Seit dieser Zeit ist sie auch regelmäßig in Betrieb. Das heißt fünf Monate im Jahr eine einzigartige Vorstellung für Hamburg und seine Gäste“, sagt González Pino.

Eigens geschriebene Partitur

Synchron zur Musik bewegen sich im Sommer jeden Abend bunt angeleuchtete Wasserfontänen nach einer eigens geschriebenen Partitur. „Mithilfe der Wasser- und Lichtshow versuchen wir, die Musik zu interpretieren und bildhaft zu machen“, erläutert der Organist. Es ist kurz vor 22 Uhr, nur noch wenige Sekunden bis zum Beginn des 30 Minuten dauernden Konzerts. Héctor González Pino bespricht die letzten Details mit seiner Kollegin, die heute Abend die Wasserorgel bedienen wird – dann kann es auch schon losgehen. Die beiden sind ein eingespieltes Team. Routiniert drückt der 51-Jährige die Tasten. Weiß bedeutet Licht an, schwarz aus. An Akkorde erinnernde Tastenkombinationen erzeugen besondere Lichtrhythmen.

Für den Job als Wasserlichtorgelspieler ist eine musikalische Vorausbildung unverzichtbar. Auch González Pino kann auf eine lange musikalische Vergangenheit zurückblicken. Am Ende seiner Ausbildung zum Tanzpädagogen wurde der passionierte Klavierspieler von seiner damaligen Schulleiterin als Wasserlichtorgelspieler für Planten un Blomen vorgeschlagen. Seitdem ist er dabei. Seine Tanzerfahrung habe ihm anfänglich sehr geholfen: „Jemand, der vom Tanz kommt, ist in der Lage, musikalisch gut vorzudenken.

Der richtige Moment

Das ist besonders beim Wasser wichtig, da Wasser eine gewisse Trägheit besitzt und eine Fontänen-Idee immer schon vor der Musik angeschoben werden muss, damit es im richtigen Moment zusammenpasst.“ González Pino ist einer von zehn Wasserlichtorgelspielern, die die Orgel während der Saison von Mai bis September abwechselnd bedienen.

Bespielt wird die Wasserlichtorgel jeweils von zwei Künstlern: Einer bewegt über mehrere Regler die Wasserfontänen, der andere spielt das „Lichtklavier“. Die Musik kommt vom Band. Das Lichtklavier besteht aus rund 600 Scheinwerfern, die in Schaltgruppen unterschiedlicher Farben zusammengefasst sind. Dazu bewegen 15 Fontänen etwa so viel Wasser, wie eine Stadt mit 500.000 Einwohnern in einer Stunde verbraucht.

Bis 2019 muss Anlage saniert werden

Bis zu acht Arrangements stellt der Lichtklavierspieler pro Saison zusammen. Etwa alle zwei Wochen wechselt das Programm. Alle zwei Jahre wird das Repertoire um eine neue Partitur ergänzt. Das aktuelle Programm wird seit Mitte Juni gespielt. „Für mich persönlich ist das heute meine Programmpremiere“, sagt González Pino. Da er die Arrangements jedoch selbst komponiert, beherrscht er seine Einsätze und Griffe beinahe auswendig. Geprobt wird dennoch regelmäßig während der Saison.

Der Wasserlichtorganist an seiner Orgel: Héctor González Pino ist einer von zehn Musikern, die abwechselnd die Wasserlichtorgel bei Planten un Blomen bedienen
Der Wasserlichtorganist an seiner Orgel: Héctor González Pino ist einer von zehn Musikern, die abwechselnd die Wasserlichtorgel bei Planten un Blomen bedienen © Unbekannt | Sophie Niemann

„Wenn ein neues Programm vorgestellt wird, übt jeder für sich. Dabei geht es in erster Linie darum, neue Kombinationen zu trainieren. Die Feinnuancierung erfolgt erst beim Spiel.“ González Pino selbst ist routiniert und muss meist nicht viel üben: „Die Wasserorgel beherrsche ich mittlerweile im Schlaf, beim Licht muss ich mich konzentrieren.“

Arbeiten beginnen bereits im September

Dennoch hilft ein großer notenbuchähnlicher Ordner auf dem Klavier bei der Choreografie. Blaue, grüne und rote Linien, Zahlen und Intervalle weisen den Künstlern den Weg durch das Programm. Für Laien ein Rätsel. „Die Choreografie ist in eine Notation umgesetzt, die es erst einmal zu erlernen gilt. Diese Notation wird dann auf die Instrumente umgesetzt“, sagt González Pino.

Bald muss die Anlage saniert werden. Die Arbeiten beginnen bereits im September, die diesjährige Saison endet deshalb einen Monat früher als sonst. Bei der Grundinstandsetzung werden die Gebäude, Wasserbecken und Technik erneuert. Unter anderem erfolgt eine Umrüstung der Leuchten auf LED. Die Sanierung soll rechtzeitig zum Saisonbeginn 2019 abgeschlossen sein.