Hamburg. Langjähriger Chef der Kinder- und Jugendpsychiatrie übernimmt neue Aufgaben bei privatem Anbieter – mit besonderem Konzept.

Für Michael Schulte-Markwort beginnt am 1. Januar 2021 nicht nur ein neues Jahr, sondern gleich ein ganz neuer Lebensabschnitt: Denn zum 31. Dezember verlässt der langjährige Leiter der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und einer der bundesweit renommiertesten Wissenschaftler seines Fachbereichs offiziell das UKE. „Einvernehmlich“, wie es bereits bei der Bekanntgabe der Personalie Anfang September hieß. Und das sei mitnichten eine Floskel, betont der 64-Jährige.

 „Mir war immer klar, dass ich nicht bis zum letzten Tag bleiben würde, sondern noch einmal etwas Neues aufbauen wollte“, sagt der Professor, der seit 2004 den Lehrstuhl für Kinder- und Jugendpsychiatrie innehatte.  Künftig wird der gebürtige Osnabrücker, der Medizin und Philosophie in Marburg und Kiel studiert hat, als ärztlicher Direktor die Oberberg Fachklinik Marzipanfabrik in Bahrenfeld führen, die er bereits maßgeblich mit aufgebaut hat.

Kinder-Psychiatrie-Experte Schulte-Markwort wechselt zu Oberberg-Gruppe

 Für die Oberberg Gruppe, zu der bundesweit mehr als 15 Privatkliniken gehören, soll Schulte-Markwort, der auch 14 Jahre lang die Abteilung für Psychosomatik am Altonaer Kinderkrankenhaus geleitet hat, in Berlin und Frankfurt/Main zwei weitere Standorte nach dem Vorbild der Marzipanfabrik in Hamburg eröffnen.

„Ich freue mich riesig auf diese Aufgaben, denn ich bin von dem partizipativen Konzept überzeugt.“ Heißt: Man begegne den Kindern mit Respekt und höre ihnen zu. Stationszimmer, in denen sich Ärzte und Pflegepersonal hinter verschlossenen Türen über ihre jungen Patienten unterhielten, gebe es nicht. „Hier sind die Kinder in einer Lobby am großen Esstisch dabei, wenn jeden Mittag eine Stunde lang über sie gesprochen wird. Sie können also immer ihre Sicht der Dinge einbringen. Das sorgt für Transparenz und schafft Vertrauen.“ 

Hamburg: Tagesklinik in der Marzipanfabrik

24 Kinder und Jugendliche werden derzeit in der Marzipanfabrik behandelt, dazu kommen sechs Patienten in der Tagesklinik. Der Bedarf sei groß, die Klinik werde ausgebaut, sodass dort künftig bis zu 48 Kinder und Jugendliche therapiert werden könnten. Die meisten Kinder, die derzeit in Bahrenfeld behandelt würden, litten an Depressionen und Angststörungen. Einige verletzten sich selbst, manche zeigten suizidale Tendenzen. Ihm sei es immer schon wichtig gewesen, seine Patienten ernst zu nehmen, sagt Michael Schulte-Markwort, der demnächst auch in einer Folge des neuen Abendblatt-Erziehungspodcasts zu Gast sein wird: „Man muss kindgerecht agieren, aber nicht kindisch oder albern.“

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Dieses Prinzip verfolge er auch als Supervisor in der Praxis Paidion in der Hamburger Innenstadt, in der er seit zwei Jahren mit insgesamt zehn Kollegen tätig ist. Bis zu 400 Kinder und Jugendliche aller Altersgruppen würden in den Stadthöfen derzeit behandelt, die Wartezeit auf einen Ersttermin liege bei vier bis sechs Wochen. Langweilig werde ihm also nicht, sagt Michael Schulte-Markwort. Gerade erst habe er mit seinen jungen Klinikpatienten Marzipan hergestellt, eine Anlehnung an die Historie des Bahrenfelder Gebäudeensembles. „Das würde ich gern als jährliches Ritual etablieren.“ Strukturen sind wichtig, Aufgaben auch. Professor Schulte-Markwort hat für sich neue gefunden.