Hamburg. Decksplanken austauschen, Rost entferne: Im Museumshafen Oevelgönne helfen junge Schiffsmechaniker bei der Instandhaltung.


Hier arbeitet Jung gegen Alt. Mit wuchtigen Hammerschlägen treibt die 19-jährige Alicia Baasch das Stemmeisen unter die Bohlen des hölzernen Deckbodens des alten Schwimmkrans „Karl Friedrich Steen“. Schließlich gelingt es ihr, eine Planke zu lösen. Mehr als 40 Jahre lang war das alte Holzdeck des 1928 gebauten Museumsschiffes Wind und Wetter ausgesetzt. Jetzt ist es morsch und soll ausgetauscht werden.

Zusammen mit elf anderen Jugendlichen hat Alicia Baasch im Dezember eine Ausbildung zur Schiffsmechanikerin bei der Reederei Hapag-Lloyd gestartet. Am kommenden Dienstag geht die Gruppe erstmals auf große Fahrt. Auf der „Chicago Express“ werden der bunt zusammengewürfelten Gruppe auf dem Weg an die Ostküste der USA Grundkenntnisse der Seefahrt vermittelt.

Was Azubis im Museumshafen lernen können

Zuvor haben die Azubis aber noch einen Spezialeinsatz zu absolvieren, in Neumühlen. Hier ist mit ehrenamtlicher Arbeit vieler helfender Hände 1976 der Museumshafen Oevelgönne aufgebaut worden – mit historischen Schiffen. Mehr als 100 Jahre alte Dampfschlepper gibt es hier genauso zu sehen wie das Feuerschiff „Elbe 3“.

Einmal im Jahr kommen die neuen Auszubildenden von Hapag-Lloyd für eine Woche an den Anleger Neumühlen und unterstützen die Besatzungsmitglieder vom Museumshafen-Verein dabei, die alten Schiffe für die anstehende Saison fahrbereit zu machen. „Das ist etwas völlig anderes, als wir in der Ausbildung lernen, aber es macht Spaß“, sagt Alicia Baasch, die sich wie der Rest der Gruppe freiwillig zu dieser Aktion gemeldet hat. „Wir wurden als Gruppe gefragt und haben alle zugesagt.“

Die Jugendlichen würden in der Woche viel über Dampf- und Segelschiffe lernen, sagt Hapag-Lloyd-Ausbildungsoffizier Erik Hirsch. „Im Gegensatz zur Elektronik auf unseren modernen Containerschiffen lässt sich auf den historischen Schiffen die Mechanik, die dahintersteht, begreifen.“ Im Übrigen habe Schifffahrt viel mit Tradition zu tun.

„Die Idee zu der Partnerschaft hatte ein Hapag-Lloyd-Ausbilder, der in unserem Verein Mitglied ist“, erzählt Geschäftsführer Bjørn Nicolaisen. Der habe während einer Ausbildungsfahrt die ganze Zeit so schlechtes Wetter gehabt, dass er seinen Azubis die notwendigen Decksarbeiten nicht vermitteln konnte. „Da hat er gefragt, ober sie das im Museumshafen nachholen könnten“, sagt Nicolaisen. Heute jähre sich die Azubi-Aktion zum vierten Mal.

Sprungbrett zum Schiffstechnischen Offizier

Für viele von ihnen ist die Arbeit an Deck völlig neu. Alicia, 19, aus Itzehoe ist zwar handwerklich begabt, aber mit der Seefahrt hat sie noch keine Berührung gehabt. Gleiches gilt für Jasper Wiese, der mit ihr zusammen die Decksplanken auf dem Schwimmkran austauscht. „Ich war immer technisch interessiert, habe aber lange überlegt, in welche Richtung ich gehen soll“, sagt der 20-Jährige aus Dithmarschen. Ein Freund habe ihn dann auf die Berufsausbildung zum Schiffsmechaniker aufmerksam gemacht. Kaum einer, der diese dreijährige Ausbildung durchlaufen hat, arbeitet danach auch tatsächlich als Schiffsmechaniker.

Der duale Ausbildungsgang, der international eigentlich nichts Vergleichbares kennt, ist aber für viele Seeleute ein Sprungbrett zum Schiffstechnischen oder Nautischen Offizier. Jasper Wiese weiß noch nicht, welche Richtung er einschlagen soll, reizen würde ihn beides, die Brücke und der Maschinenraum.

Auf dem 103 Jahre alten Hafendampfschlepper „Claus D“ entfernt Julian Reiche Rostnester am Schanzkleid. Mit Mund- und Augenschutz versehen kniet er – die Schleifmaschine in er Hand – tief gebückt an Deck, um Rostmuttern blank zu schmirgeln. Der 23-jährige hat bereits eine Ausbildung zum Mechatroniker gemacht – daheim, in Pforzheim.

Jetzt folgt er seinem Herzenswunsch und startet die zweite Ausbildung zum Schiffsmechaniker. „Mich haben schon immer Schiffe fasziniert“, sagt er. Reiche freut sich auf die erste Seereise. Vermissen werde er wohl das Essen seiner Oma, sagt er. „Die hat mich letzte Woche noch einmal bekocht.“ Und damit stark gemacht für die Arbeit im Museumshafen. Denn davon gibt es reichlich: „Ich habe hier 24 Positionen auf der Arbeitsliste“, sagt Heino Schlichting, stellvertretender Vorsitzender des Museumshafens Oevelgönne. „Sowohl für trockenes Wetter als auch für Regen.“ Heute gibt es für die Hapag-Lloyd-Azubis eine Belohnung: Eine Ausfahrt mit dem Feuerschiff steht auf dem Programm.