Hamburg. Die Mediziner fürchten, dass die Qualität der Behandlung sinkt – dafür aber der bürokratische Aufwand steigt.
„Wir lehnen das komplett ab!“, war einer der ersten Sätze von Dirk Heinrich, dem Vorsitzenden der Vertreterversammlung der
Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg, auf der kurzfristig
einberufenen Informationsveranstaltung für Ärzte und Psychotherapeuten am
Mittwoch im Ärztehaus. Der Anlass: das neue von Gesundheitsminister
Jens Spahn (CDU) vorgestellte „Terminservice- und Versorgungsgesetz“
(TSVG).
Es sieht eine Erleichterung für gesetzlich Versicherte
vor, schneller an einen Termin beim Arzt oder Psychotherapeuten zu
kommen. Ein zentrales neues Onlinesystem werde möglichst zeitnahe
Termine in einer örtlich vorhandenen Praxis vergeben.
Für
Heinrich bedeutet dies „einen tiefen Eingriff in die
Freiberuflichkeit“ und einen „noch höheren bürokratischen Aufwand“,
der für die Ärzte „unmöglich“ zu bewerkstelligen sei. Um das Gesetz
umzusetzen, müssen die Ärzte unter anderem zusätzlich
verpflichtende Sprechstunden anbieten und ihre Patientendaten
vollständig digitalisieren. Als Folge davon prognostiziert die
Hausärztin Silke Lüder vom Aktionskomitee der Hamburger Ärzte
ein „Sinken der medizinischen Qualität“. Solche „Massenbehandlungen
mit ständig wechselnden Behandlern“ würden die Beziehung zu den
Patienten massiv beeinträchtigen.
Gesetz ist im Koalitionsvertrag verankert
Ähnlich sieht es Uwe
Mäckelburg, Arzt für Reha-Medizin. Zusätzliche Honorierungen, die im
Gesetz verankert sind, hält er für „illusorisch“. Ärzte erbrächten
ohnehin schon Leistungen, „die gar nicht bezahlt werden“.
Stattdessen fordere er mehr „Ehrlichkeit und Transparenz“ vonseiten der Kassen und der Politik. Die Unterversorgung an Ärzten und
Therapeuten erlaube es den Menschen nicht, „einen
Termin rund um die Uhr“ zu bekommen. Das neue Gesetz löse daher
keine Probleme, sondern sei bloße „Augenwischerei“
Das TSVG soll
Anfang Februar im Bundestag abschließend beraten werden. Die
Hamburger Ärzte werden es in Gänze kaum verhindern können. Das
Gesetz, das die Hamburger Mediziner als "Spahnsinn" ablehnen, ist laut Heinrich im Koalitionsvertrag „fest verankert
und wird kommen“.