Hamburg. Gesundheitsbehörde verliert vor Verwaltungsgericht. Richter übt Kritik an Kassenärztlicher Vereinigung und Klinik.

Niederlage für die Gesundheitsbehörde von Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD): Das Hamburger Verwaltungsgericht hat entschieden, dass der Kardiologe Prof. Karl-Heinz Kuck (Asklepios St. Georg) seine entzogene Approbation zurückerhält. Der Vorsitzende Richter Dietrich Hölz sagte, der Abrechnungsbetrug rechtfertige nicht den Entzug. Kuck sei aufgrund seiner integren Arbeit für Kassen- und Privatpatienten würdig, weiter als Arzt zu arbeiten. Er habe seine Abteilung einwandfrei organisiert. Bei der Abrechnung vor einigen Jahren habe Kuck "unvernünftig" gehandelt.

Dabei schloss der Richter ausdrücklich das Krankenhaus St. Georg mit ein. Auch dort habe "Unvernunft" geherrscht im Zusammenhang mit der Organisation der Behandlungen und ihrer Abrechnung.

Die Gesundheitsbehörde zeigte sich in einer schriftlichen Stellungnahme „überrascht“ vom Urteil. In ähnlichen Fällen sei bei geringerem Strafmaß bei Abrechnungsbetrug auch die Approbation entzogen worden. Weil es grundsätzlich um die „Ermächtigung“ der KV gehe, wolle man die schriftliche Urteilsbegründung abwarten, um möglicherweise „weitere Schritte“ einzuleiten, sprich: in die Berufung zu gehen. Das wird nicht lange dauern: Der Richter kündigte noch im Saal 3.01 eine schnelle schriftliche Fassung an.

Asklepios-Sprecher Rune Hoffmann sagte: „Wir sind erleichtert und freuen uns sehr, dass Prof. Kuck seine Approbation behalten darf. Das Verwaltungsgericht hat bei seiner Entscheidung seine herausragenden medizinischen Leistungen und sein Lebenswerk aus unserer Sicht angemessen gewürdigt.“

Die Gesundheitsbehörde hatte Kuck im vergangenen Jahr die Zulassung als Arzt entzogen, weil der international renommierte Kardiologe im Jahr 2016 wegen Abrechnungsbetruges verurteilt worden war (das Abendblatt berichtete). Dass Kucks Klage gegen die Gesundheitsbehörde so schnell und so klar für ihn entschieden wurde, war überraschend. Richter Hölz bemängelte „strukturelle Fehler“ bei der Abrechnung, für die man Kuck nicht verantwortlich machen könne, und griff auch die Kassenärztliche Vereinigung an.

Kuck habe sich nicht bereichern wollen

„Wie kann man einen Chefarzt damit belasten, einfache technische Dinge zu machen?“ Auch dessen Zeit sei begrenzt, er werde in anderen Bereichen gebraucht und fehle dann auch den seiner Hilfe bedürftigen Kassenpatienten. Der Richter griff damit die Vorgabe an, dass man mit einer Ermächtigung zum ambulanten Behandeln von Kassenpatienten im Krankenhaus quasi jeden Schritt "höchstpersönlich" machen müsse. Außerdem, so Richter Hölz, habe die KV Kuck diese Erlaubnis ja sogar noch verlängert.

Kucks Anwälte argumentierten, er habe zwar den Betrug zugegeben und das Geld zurückgezahlt. Er habe sich aber nicht bereichern wollen und habe die persönliche Ermächtigung zur Behandlung von Kassenpatienten von der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg falsch verstanden.

Kuck selbst sagte, wenn er gewusst hätte, dass er bei allen Untersuchungen an Tausenden Schrittmacher-Patienten komplett alles selbst hätte machen und die ganze Zeit hätte dabei bleiben müssen, hätte er das aufgrund seiner anderen Aufgaben überhaupt nicht machen können. Das sei sein Fehler, den er bereue.

Gesundheitsbehörde sah ein „unwürdiges“ Verhalten

Im Prozess wurde erstmals deutlich, dass es bei der Verurteilung Kucks vor gut zwei Jahren um vier Jahre der falschen Abrechnung und rund 148.000 Euro ging, von denen das Krankenhaus einen Teil erhielt. Kuck sagte, er habe seine Oberärzte an den Einnahmen beteiligt.

Von einer "kriminellen Energie" zur Gewinnmaximierung könne er bei Kuck nichts erkennen, sagt Richter Hölz. Das zeigten auch die vergleichsweise geringen Beträge um die es im Verhältnis zu Kucks Einnahmen gehe. Er hatte zuvor den Herz-Arzt einer genauen Befragung unterzogen und ihn darauf hingewiesen, dass sein Einwurf, er habe "formal betrogen" juristisch nicht gelte. Betrug sei Betrug.

Der Gesundheitsbehörde schrieb Hölz ins Stammbuch, dass es bei der Beurteilung zum Approbationsentzug schon darum gehe, den Menschen anzuschauen. Die Hamburger Ärztekammer hatte es abgelehnt, Kuck die Approbation zu entziehen. Prüfer-Storcks' Behörde hat es dennoch getan, wogegen Kuck jetzt erfolgreich geklagt hat.

"Prof. Kuck hat keinem Patienten die Chefarztbehandlung vorenthalten"

Aus Sicht der Patienten habe Kuck einen Abrechnungsfehler und Betrug begangen. "Aber er hat keinem Patienten die Chefarztbehandlung vorenthalten", so der Richter. Er arbeite im Blick des Patienten ethisch absolut integer. Kuck habe keinen Promi-Bonus verdient, aber auch keinen Promi-Malus. Das war ausdrücklich auf die gemünzt, die es richtig fänden, wenn mal ein berühmter Arzt verurteilt werde und die Approbation verliere.

In der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht wurde deutlich, dass ein früherer Anwalt Kucks aus Lüneburg offenbar Fehler gemacht habe und Kuck auch falsch verstanden habe. Das stellte auch der Vorsitzende Richter fest. Er sprach mit Blick auf das Strafverfahren an einer Stelle von einem "unglücklichen Schriftsatz".

Die Hamburger Ärztekammer sah die Verfehlungen Kucks nicht als so gravierend an, dass man ihm die Approbation entziehen müsse. Die Gesundheitsbehörde jedoch sah ein „unwürdiges“ Verhalten, das den Entzug rechtfertige, wie ihr Vertreter erneut betonte. Der Begriff schockierte Kuck offensichtlich. Er sagte bewegt: „Ich mache, was medizinisch notwendig ist, unabhängig davon, ob es ein Kassenpatient ist oder nicht. Beim Herzen geht es um Leben und Tod.“

Er bekräftigte, dass er trotz seines Ausscheidens am 30. Juni in der Asklepios Klinik St. Georg gerne weiter als Arzt arbeiten würde. Sein Anwalt Prof. Matthias Prinz wollte noch nicht sagen, wo das sei. „Ich bin jetzt erleichtert“, sagte Kuck nach dem Urteil.