Hamburg. Mütter mit Kindern, Senioren und junge Menschen protestierten in Neugraben gegen das umstrittene LPT-Labor bei Hamburg.
Schreiende Affen mit weit aufgerissenen Mündern und blutverschmierte Hunde – die Bilder von leidenden Tieren in einem Versuchslabor bei Hamburg haben viele Menschen aufgerüttelt. Am Sonnabend haben daraufhin mehrere Tausend Menschen in Hamburg gegen Tierversuche demonstriert und die Schließung des umstrittenen Laboratory of Pharmacology and Toxicology (LPT) in der Nähe der Hansestadt gefordert.
Der Polizei zufolge waren am Nachmittag in der Spitze bis zu 7300 Menschen dem Aufruf der „Soko Tierschutz“ gefolgt. Die Kundgebung sei friedlich verlaufen, sagte ein Polizeisprecher. Am Abend kamen noch einmal rund 700 Personen zu einer Mahnwache vor dem Labor zusammen.
Demo in Hamburg: Junge Menschen, Familien und Senioren auf der Straße
Während eines dreistündigen Rundgangs durch den Stadtteil Neugraben skandierten die Teilnehmer immer wieder „Tierversuche gehören abgeschafft. Jetzt und für immer“ und „Raus aus den Laboren, Tiere raus“. Unter den mehr als 7000 Menschen, die trotz des Nieselregens gekommen waren, waren Mütter mit ihren Kindern an der Hand, viele junge Menschen aber auch Senioren, die sich künftig nicht mehr mit dem Töten von Tieren für Forschungen abfinden wollen. Auf selbstgebastelten Tafeln waren etwa Plüsch-Teddybären mit Spritzen im Fuß oder Affen in stilisierten Käfigen zu sehen. In einem Slogan argumentierten die Teilnehmer: „Je hilfloser ein Tier ist, desto mehr Anspruch hat es auf menschlichen Schutz.“
Für alle war klar, dass das umstrittene Labor geschlossen werden müsse. Als der Zug vor den Toren des Stammhauses der LPT nahe der Francoper Straße ankam, hatte die Polizei den Zugang zur Straße mit quer stehenden Wagenabgeschirmt. Vor den Zäunen stand ebenfalls eine Reihe von Beamten.
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Insgesamt blieb die Demonstration, die die Tierschutzorganisation „Soko Tierschutz“ organisiert hatte friedlich. Dazu hatte Friedrich Mülln, der Gründer der Soko, bereits vor dem Start des Marsches aufgerufen. „Wir können nur auf friedliche Weise gewinnen“, sagte der 40-Jährige, der schon mit 14 angefangen hatte, sich für den Tierschutz einzusetzen.
„Wir müssen erreichen, dass im LPT keine weiteren Versuche mehr stattfinden und auch künftig nicht mehr stattfinden können“, sagte Mülln dem Abendblatt. Diese diene der Gefahrenabwehr für die Tiere. Mülln warf der Politik vor, beim Tierschutz versagt zu haben und sich vielmehr wie ein „Steigbügelhalter der Industrie“ zu verhalten.
44 Affen in viel zu kleinen Käfigen im LPT-Labor
Allerdings hatte der Landkreis Harburg, in dem ein weiteres LPT-Labor liegt, zuletzt Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Stade wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz erstattet. Betroffen ist das Labor in Mienenbüttel an der A1. Am vergangenen Dienstag hatten Landkreis-Mitarbeiter gemeinsam mit Beamten des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) erneut Kontrollen in den Laboren durchgeführt.
Bei der aktuellen Kontrolle wurden unter anderem 44 Affen in viel zu kleinen Käfigen entdeckt, wie ein Sprecher des Landkreises sagte. Durch diese Haltung wurde den Affen nach Einschätzung des Veterinärdiensts anhaltendes und erhebliches Leid zugefügt.
Affe bei Versuchsreihe gestorben?
Die neuerlicher Kritik am LPT war ins Rollen gekommen, als Medien, denen Videos offensichtlicher Tiermisshandlungen zugespielt worden waren, berichteten. Tierschützer hatten zuvor einen Aktivisten als Mitarbeiter in das Labor in Mienenbüttel eingeschleust, der Belege für Tierschutzverstöße sammelte. Nach seinen Recherchen soll unter anderem auch ein Affe während einer Versuchsreihe für eine Pharmafirma gestorben und heimlich durch ein anderes Tier ausgetauscht worden sein.
Nach den Berichten hatten Landkreis-Mitarbeiter bereits am 8. Oktober die Labore der LPT besucht. Dabei waren offenbar Zustände festgestellt worden, die den konkreten Verdacht strafrechtlich relevanter Handlungen ergaben.
"Größte Tierschutzdemo überhaupt"
Trotz seiner langjährigen Erfahrungen geht Soko-Tierschutz Vorstand Mülln davon aus, dass dies die bisher größte Demonstration war, die er selbst gesehen hat. Sie begann und endete auf dem Neugrabener Markt. „Ich habe es auch noch nie erlebt, dass wie in diesem Fall auch in Kroatien, Kolumbien, der Elfenbeinküste, in Hongkong und China über misshandelte und gequälte Tiere berichtet wurde. Die Welt schaut auf Neugraben.“
Am Sonnabendabend begann gegen 19 Uhr noch eine Mahnwache der örtlichen Initiative „Lobby pro Tier“ vor dem Außenlabor in Mienenbüttel eine Mahnwache abhalten. Rund 700 Menschen versammelten sich vor dem verschlossenen Tor des Labors mit Kerzen und tauchten den Platz in ein flackerndes Lichtermeer. Auch hier blieb alles friedlich, so dass die Tierschützer wie geplant ein „stilles, aber mächtiges Zeichnen“ setzen konnten.