Hamburg. 117 Hinweise auf mögliche Randalierer bei der Polizei eingegangen. Sechs Personen identifiziert, darunter zwei Hamburgerinnen.
Die Veröffentlichung von 104 Fahndungsfotos nach den G-20-Krawallen zeigt Wirkung: Nach einem 29-jährigen Mann aus Nordrhein-Westfalen hat sich eine 24-jährige Hamburgerin der Polizei gestellt. Ihr wird vorgeworfen, Beamte beworfen und bespuckt zu haben. Zudem wurden vier weitere mutmaßlicher Täter identifiziert – darunter eine weitere 17-jährige Hamburgerin, die mit bauchfreiem Oberteil und auffälliger Schminke bei der Randale fotografiert worden war.
Die Polizei veröffentlichte drei weitere Fotos, die mutmaßliche Täter zeigen sollen. Insgesamt gingen bislang 117 Hinweise auf mögliche Randalierer und Plünderer ein.
Erstmals äußerte sich auch Justizsenator Till Steffen (Grüne) zu der Aktion. Das Mittel der Öffentlichkeitsfahndung greife immer erheblich in Persönlichkeitsrechte der gesuchten Personen ein, schrieb Steffen bei Facebook. „Deswegen ist diese Maßnahme nur zulässig, wenn hohe Anforderungen erfüllt werden. Das ist auch richtig so.“ In den vorliegenden Fällen seien diese Kriterien erfüllt – das sei sowohl intensiv durch die Staatsanwaltschaft geprüft, als auch durch Richter bestätigt worden. „Aus der schieren Anzahl der jetzt veröffentlichten Bilder lässt sich nicht auf die Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme schließen“, so Steffen.
Justizsenator warnt vor "Lynchjustiz"
Dennoch gelte auch für die abgebildeten Personen die Unschuldsvermutung. Ausdrücklich warnte Steffen vor „verbaler Lynchjustiz“. Insbesondere die Medien trügen dabei eine Verantwortung. „Manche Art der Berichterstattung lässt Zweifel daran aufkommen, dass sich alle dieser Verantwortung ausreichend bewusst sind“, schrieb Steffen im Bezug auf die Berichterstattung von Boulevardmedien in den vergangenen Tagen.
Polizeisprecher Timo Zill hatte wiederholt betont, dass man sich an die rechtlichen Vorgaben halte. Zuvor hatten unter anderem Politiker der Linkspartei und der Moderator Jan Böhmermann die Öffentlichkeitsfahndung kritisiert.
Auch im Zusammenhang mit einem G-20-Prozess vor dem Amtsgericht Mitte wurde Kritik laut: Wie ein Gerichtssprecher bestätigte, haben mehrere als Zeugen geladene Polizisten einer Einheit aus Hessen jeweils vorab zwei Vernehmungsprotokolle ihrer Kollegen einsehen können. Um einen strafbares Vergehen handelt es sich dabei offenbar nicht – es könnte aber disziplinarrechtliche Konsequenzen erwarten. Der Prozess wird regulär fortgesetzt.