Hamburg. Die SPD greift eine Idee der CDU von 2012 auf: Gespräche über fraktionsübergreifende Verständigung über ein neues Jugendgefängnis.

„Ich halte es für sinnvoll, einen Vollzugsstrukturfrieden nach dem Vorbild des Schulfriedens fraktionsübergreifend zustande zu bringen“, sagte der CDU-Politiker André Trepoll. Die „festgefahrene Situation“ im Strafvollzug könne so überwunden werden. Das war vor fast fünf Jahren, als sich die Bürgerschaft über die Zukunft des Frauenvollzugs zerstritten hatte. Der „Vollzugsfrieden“ kam damals nicht zustande, die allein regierende SPD setzte sich mit dem Bau der inzwischen eröffneten Teilhaftanstalt für Frauen auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt (JVA) Billwerder durch.

Heute ist die Diskussion über die Weiterentwicklung des Strafvollzugs wieder ähnlich festgefahren – spätestens seit die neue schleswig-holsteinische Landesregierung den Plänen, beim Jugendstrafvollzug mit Hamburg in der JVA Neumünster zu kooperieren, eine deutliche Absage erteilt hat. Jetzt muss eine von CDU, Linken und FDP ohnehin favorisierte Hamburger Lösung für den Jugendvollzug her, der bislang mit den Teilbereichen Untersuchungshaft, Strafhaft, Jugendarrest und offener Vollzug in der sanierungsbedürftigen und veralteten Anstalt Hahnöfersand untergebracht ist. Der SPD-Justizpolitiker Urs Tabbert hat die Idee eines „Justizvollzugsfriedens“, die der heutige CDU-Oppositionschef Trepoll 2012 ins Spiel gebracht hatte, nun wieder aufgegriffen.

Streit seit mehr als zehn Jahren

„Ich finde es vernünftig, wenn wir von SPD und Grünen uns mit CDU, FDP und den Linken auf eine längerfristige Konzeption für den Strafvollzug einigen können“, sagte Tabbert dem Abendblatt. Seit mehr als zehn Jahren gebe es immer wieder Streit über den Bau oder Ausbau der Gefängnisse und die Struktur des Strafvollzugs und auf jeden Regierungswechsel­ folgten neue Pläne.

Voraussetzung für einen solchen fraktionsübergreifenden Konsens sei, dass die Prüfaufträge von Hamburg und Schleswig-Holstein über eine mögliche Kooperation im Jugendstrafvollzug auch „formal beerdigt“ werden. Tabbert, der daran keinen Zweifel hat, favorisiert den Neubau einer Jugendhaft­anstalt auf dem Gelände der JVA Billwerder. Im Gegenzug soll der Tradi- tionsstandort Hahnöfersand ganz aufgegeben werden. Allein die Sanierung der Gebäude auf der Elbhalbinsel wurde 2015 mit 16,5 Millionen Euro taxiert. Darin sind die Kosten für die dringend erforderliche Modernisierung der Anlage noch nicht enthalten.

Mögliche Synergieeffekte

Für ein neues Jugendgefängnis in Billwerder, das die Justizbehörde im Rahmen des Projekts „Justizvollzug 2020“ ebenso prüft wie die Weiterführung des Standorts Hahnöfersand, liegen noch keine belastbaren Zahlen vor. Eine weitere Alternative ist die Verlagerung des Jugendvollzugs in die derzeit leer stehenden Häuser 1 und 3 in Fuhlsbüttel. Auch Haus 1 ist dringend sanierungsbedürftig und steht außerdem unter Denkmalschutz.

Tabbert erwartet Synergieeffekte am Gefängnisstandort Billwerder, außerdem sei die bessere Erreichbarkeit ein Pluspunkt. Allerdings müsse das Gelände für einen Neubau erweitert und die Außenmauer verlegt werden. „Der Vorschlag für einen Vollzugsfrieden kam 2012 von uns. Wir machen keine Fundamentalopposition. Wenn es jetzt eine gute Lösung für den Jugendvollzug gibt, sind wir dabei“, sagte der CDU-Justizpolitiker Richard Seelmaecker. „Und die beste Lösung wird sicherlich nicht die Kooperation mit Schleswig-Holstein sein.“

FDP-Fraktionschefin reagierte positiv

Seelmaecker ist nicht auf eine der drei Optionen festgelegt, sieht aber Vorzüge der Fuhlsbüttel-Variante. Für den Standort sprächen unter anderem die kürzeren Wege. „Wir sind bereit, uns für die nächsten zehn Jahre festzulegen“, so der CDU-Politiker. „Dann sollten wir aber auch die Frage klären, ob und wo wir weitere Hafträume brauchen.“ Wie berichtet, ist die Zahl der Gefangenen gestiegen. Von 2011 vorhandenen und nutzbaren Haftplätzen waren Ende Juli 1877 belegt. In der kommenden­ Woche werden erstmals 20 Hamburger Gefangene in die JVA Waldeck­ (Landkreis Rostock) verlegt.

Auch die neue FDP-Fraktionschefin Anna von Treuenfels-Frowein reagierte positiv auf die Idee. „Wir waren von Anfang an für einen Neubau in Billwerder“, sagte die Justizpolitikerin. „Ich will mich daher dem nicht verschließen, aber wir brauchen vor einer Entscheidung exakte Zahlen der Kosten – auch für Hahnöfersand.“ Justizsenator Till Steffen (Grüne) sagte dem Abendblatt: „Für Hamburg ist es jetzt an der Zeit zu entscheiden, wohin der Vollzug in Zukunft steuert. Dabei ist es für die Bediensteten sinnvoll, wenn die grundlegenden Entscheidungen mit breiter Zustimmung getragen werden.“