Hamburg. Wird Mirko Streiber neuer Leiter? Nach der Affäre um „verbotene Ermittlungsmethoden“ gilt es im LKA, interne Querelen zu beenden.

Die Hamburger Kripo setzt nach der Affäre um die Soko „Cold Cases“ zu einem Neustart an: Es wird erwartet, dass Polizeipräsident Ralf Martin Meyer in dieser Woche über die Besetzung des vakanten Chefpostens im Landeskriminalamt (LKA) entscheidet.

Mirko Streiber ist Favorit

 Nach Abendblatt-Informationen ist der bisherige stellvertretende Amtsleiter Mirko Streiber der klare Favorit. Die Personalie gilt intern als entscheidend, um nach Vorwürfen auf „verbotene Ermittlungsmethoden“, Führungsschwäche und interne Querelen wieder zur sachlichen Arbeit zurückzukehren.

Der vorige LKA-Chef Frank-Martin Heise war im August abgesetzt worden, weil der Polizeipräsident „keine Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit“ mehr sah. Zuvor war Heises Rolle in der „Cold Cases“-Affäre um angebliche Täuschung von Zeugen und eklatante Ermittlungsfehler untersucht worden. Nach Dokumenten, die das Abendblatt enthüllt hatte, ignorierte Heise dabei mehrere Hilferufe der Einheit, die heillos überlastet und überfordert war.

Der frühere LKA-Leiter Frank- Martin Heise (l.) und der abgesetzte Soko-Chef Steven Baack. Rauhe
Der frühere LKA-Leiter Frank- Martin Heise (l.) und der abgesetzte Soko-Chef Steven Baack. Rauhe © Michael Rauhe | Michael Rauhe

Intern ist zudem davon die Rede, dass Heise sich ungebührlich gegenüber Mitarbeitern verhalten, fachlich schlecht gearbeitet und „egomanische Züge“ zur Schau gestellt habe. „Seit er weg ist, ist auch die Glocke der Angst über dem LKA endlich gehoben“, sagt ein leitender Beamter. Heise hat sich selbst bislang nicht zu seiner Demission und den Vorwürfen geäußert. Disziplinar- oder strafrechtliche Vergehen werden ihm nicht vorgeworfen.

Nur wenige wollen den Job machen

Der Posten des LKA-Chefs war danach bundesweit ausgeschrieben worden, der neue Leiter müsse „teamorientiert“ arbeiten können, hieß es unter anderem darin. In Polizeikreisen ist davon die Rede, dass die Zahl der Bewerber aber äußerst überschaubar war.

Nach Angaben mehrerer Beamter soll Mirko Streiber der einzige Kandidat sein. Der ehemalige Chef der Soko „Schwarzer Block“ gegen Gewalttäter des G-20-Gipfels, Jan Hieber, galt zwar ebenfalls als möglicher neuer LKA-Chef, kommt demnach aber kaum mehr infrage. Polizeisprecher Timo Zill wollte dies nicht kommentieren. „Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen“, sagte Zill.

Streiber stand in der Affäre selbst kurz in der Kritik

Der Posten des LKA-Chefs ist mit einer Besoldung von rund 7500 Euro im Monat versehen und das höchste Amt für einen Kriminalbeamten in Hamburg. Streiber wird im Präsidium stark für seinen ausgleichenden Charakter, seine fachliche Kompetenz und seine Fähigkeit zur Kommunikation gelobt. In der Vergangenheit war Streiber unter anderem als Polizeipressesprecher und Chef der Soko „Rocker“ tätig.

Dass er nun offenbar vor einem weiteren Karriereschritt steht, ist nach der Affäre um die „Cold Cases Unit“ dennoch bemerkenswert: Die Untersuchung der LKA-Spitze, die später zum Rauswurf von Frank-Martin Heise führte, war nach einem Brief des renommierten Rechtsanwaltes Gerhard Strate in Gang gesetzt worden. Strate hatte darin die Aufarbeitung der „Cold Cases“-Affäre als unfair und unprofessionell kritisiert. Und Streiber war als Chef einer Arbeitsgruppe genau dafür verantwortlich.

Streiber leiste hervorragende Polizeiarbeit

Im Präsidium wird dies jedoch nicht als dauerhafter Makel gesehen. Aus dem Umfeld von Mirko Streiber heißt es, dass auch unglückliche Umstände und Missverständnisse ein Grund für die Kritik Strates waren. Insgesamt habe Streiber bei jeder seiner bisherigen Stationen hervorragende Polizeiarbeit abgeliefert.

„Man folgt ihm gern, weil er es einfach kann“, sagt ein Beamter. In Polizeikreisen gilt auch als ausgemacht, dass ihm Jens Schmiegalle als neuer LKA-Vize zur Seite stehen wird. Dieser gilt als fleißiger und versierter Spitzenbeamter.

Zukunft von Heise unklar und heikel

Noch unklar und heikel bleibt dagegen die Zukunft des abgesetzten LKA-Chefs Frank-Martin Heise. Intern soll er bereits kurz vor seiner Demission gegenüber Vertrauten damit gedroht haben, „ganz sicher nicht geräuschlos gehen“ zu wollen. Dass er bislang stillhält, wird intern damit erklärt, dass Heise in Ruhe auf ein Angebot für eine neue Verwendung warte. Dies gilt nicht nur wegen seines hohen Dienstgrades als schwierig. In Polizeikreisen kursieren dazu Gerüchte, dass Heise zur Hamburg Port Authority (HPA) wechseln könnte. Vor seiner Zeit im LKA hatte Heise bereits die Wasserschutzpolizei geleitet, hat also Erfahrung mit der Sicherheit im Hafen.

Disziplinarverfahren gegen Ex-Soko-Chef läuft weiter

Vor Heise hatte die „Cold Cases“-Affäre auch den Chef der Soko für ungelöste Kriminalfälle, Steven Baack, seinen Posten gekostet. Über seinen Anwalt Strate strengte Baack selbst ein Disziplinarverfahren gegen sich an, dass die Vorwürfe aus seiner Sicht endgültig entkräften soll.

Nach Abendblatt-Informationen ist die Untersuchung noch nicht abgeschlossen worden, eine Einstellung ohne massive Strafen für Baack gilt aber als wahrscheinlich. Die Staatsanwaltschaft hatte auf ein Ermittlungsverfahren gegen Baack verzichtet, da die schwerwiegenden Fehler der Einheit nicht auf böswillige Absicht, sondern eher auf die von Baack kritisierte Überlastung zurückzuführen seien.

Baack kümmert sich nun um Terrorabwehr

Auch ein Vorfall aus dem Frühsommer hat bislang offenbar keine weiteren Konsequenzen für den ehemaligen Soko-Chef: Baack war unangekündigt in einer Vorlesung an der Polizeiakademie aufgetaucht, weil es dort um seinen Fall und die Vorwürfe von zweifelhaften Ermittlungsmethoden ging.

Die Polizeispitze prüfte daraufhin weitere Sanktionen, hieß es damals – aus Baacks Umfeld verlautet nun, dass diese Prüfung gar nicht stattgefunden habe. Der ehemalige Soko-Chef ist inzwischen als Referent für den Katastrophenschutz in der Innenbehörde tätig, kümmert sich etwa um Strategien für die Bewältigung von möglichen Terrorangriffen.

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