Hamburg. Gesundheitsminister macht Hoffnung für Schuljahr 2021/2022 und lobt den “Hamburger Weg“. Bald Lockerungen für Geimpfte?
Die Sieben-Tage-Inzidenz nähert sich der 100-er Marke – verordnet Hamburg sich jetzt selbst Lockerungen von der Corona-Eindämmungsverordnung und den Ausgangssperren? Das deutete Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) immerhin am Freitag im Hamburger Impfzentrum in den Messehallen an. Am kommenden Dienstag werde der Senat die positive Entwicklung und Konsequenzen daraus beraten.
Leonhard sagte, die Werte müssten fünf Tage hintereinander unter 100 liegen, der Sonntag dürfe da nicht eingeschlossen sein. Denn am Wochenende werden aus Erfahrung nicht so viele Neuinfektionen erfasst.
Spahn lobt den "Hamburger Weg"
Bei seinem Besuch im Impfzentrum lobte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den „Hamburger Weg“. „Wir müssen die richtige Balance zwischen Zuversicht und Vorsicht finden in der Welle, in der wir immer noch sind. In Hamburg ist das gelungen, unter anderem mit Ausgangsbeschränkungen.“
Es mache einen Unterschied, wenn Kontakte reduziert werden. Spahn spielte darauf an, dass Hamburg aktuell nach Schleswig-Holstein die niedrigste Inzidenz aller Bundesländer hat. Die Ausgangsbeschränkungen galten früher und sind noch schärfer, als die Bundesregierung sie mittlerweile vorschreibt. „Es ist ermutigend, was in Hamburg gelungen ist.“
Jens Spahn im Impfzentrum: Lob für "Hamburger Weg"
Spahn machte gleichzeitig Hoffnung auf ein fast „normales“ Schuljahr 2021/2022. Er sagte, wenn der Impfstoff von Biontech für über 12-Jährige zugelassen werde, und danach sehe es derzeit aus, könne man in den Sommerferien alle ab dieser Altersstufe impfen. Biontech hatte die Zulassung für Jugendliche bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA beantragt.
„Wir brauchen noch ein paar Wochen, damit es danach mit mehr Normalität wieder losgehen kann.“ Doch er warnte vor einer vierten Welle. Mit Hinweis auf die USA und Israel sagte der Bundesgesundheitsminister: Auch eine steigende Zahl an Impfungen schütze nicht davor, dass sich wieder mehr Menschen mit dem Coronavirus infizierten. Wenn man zu schnell lockere, würden die Inzidenzen sprungartig ansteigen und die Krankenhäuser und Intensivstationen noch stärker belastet als zurzeit schon.
Sollen Geimpfte mehr Rechte haben als andere?
Spahn näherte sich auch vorsichtig dem heikelsten Thema für die politisch Verantwortlichen: Sollen Geimpfte andere Rechte haben oder schneller ihre Freiheitsrechte zurückbekommen als andere? Er sagte mit Verweis auf Studien, Geimpfte hätten nicht nur eine geringere Wahrscheinlichkeit, sich mit dem Coronavirus zu infizieren. Sie erzeugten auch ein geringeres Risiko, dass sie das Virus auf andere übertragen. „Kann ich vollständig Geimpfte, von denen ein deutlich geringeres Risiko ausgeht, noch mit Freiheitsbeschränkungen belegen?“ Spahns rhetorische Frage ließ nur eine Antwort zu: nein.
Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:
- Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
- Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
- Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
- Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
- Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).
Coronavirus und Impfungen: Warnung vor vierter Welle
Die Bundesregierung habe bereits einen Vorschlag dazu gemacht, aber Bundesrat und Bundestag müssten zustimmen. Dabei wolle man jetzt Tempo machen und habe schon vor dem Kabinettsbeschluss dazu mit den Ländern Gespräche aufgenommen. Spahn sagte, bereits am 7. Mai könnten die neuen Regeln beschlossen und verkündet sein. „Wir als Bundesregierung sind dazu jedenfalls bereit.“
Sozialsenatorin Leonhard kündigte außerdem an: Hamburg werde Impfangebote in sozial schwachen Stadtteilen machen und dabei zum Beispiel den Gesundheitskiosk in Billstedt sowie die Poliklinik auf der Veddel in diese Überlegungen einbinden. Am Freitag hatte Leonhards Behörde bereits erklärt, man habe einzelne Arztpraxen in bestimmten Quartieren angesprochen und wolle ihnen Impfdosen liefern, die aus dem Kontingent für das Impfzentrum in den Messehallen stammen. So soll gesichert sein, dass Praxen dort impfen können, wo die Inzidenzen besonders hoch sind.
Spahn (CDU) hatte gesagt: Schon heute könne man trotz geltender Impfreihenfolge bei auffällig hohen Inzidenzen dort impfen, wo das Infektionsgeschehen besorgniserregend sei. Das gebe die Impfverordnung her. Andere Städte wie Köln dächten ebenfalls darüber nach.
Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick
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- Überblick zum Fortschritt der Impfungen in Deutschland
- Interaktiver Klinik-Monitor: Wo noch Intensivbetten frei sind
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- So wird in Deutschland gegen Corona geimpft
Hamburg: Impfzentren in Krankenhäusern
Wie das Abendblatt bereits exklusiv berichtete, will Hamburg jetzt auch die Krankenhäuser ins allgemeine Impfen einbeziehen. Ob Impfzentrum, Hausarzt, Krankenhaus – zunächst die über 70-Jährigen können sich in den kommenden Wochen entscheiden, wo sie sich impfen lassen wollen. Es beginnt am 1. Mai das Agaplesion Diakonieklinikum in Eimsbüttel mit Wochenend-Terminen. Danach kommen das Albertinen-Haus in Schnelsen, das Bethesda Krankenhaus in Bergedorf, das Asklepios Klinikum Nord in Langenhorn und das Asklepios Klinikum in Harburg dazu. Termine sind über die 116 117 oder www.impfterminservice.de zu buchen. Sollte die Impfreihenfolge sich schnell weiter öffnen oder ganz fallen, womit voraussichtlich im Juni zu rechnen ist, können hier weitere Gruppen geimpft werden.
Gesundheitsminister Jens Spahn machte in einer persönlichen Bemerkung in Hamburg deutlich, dass auch er die Einschränkungen der Corona-Pandemie satt hat: „Nach 14 Monaten kann ich sagen: Wir sind es leid. Ich bin es leid. Wir wollen da raus.“