Hamburg. Die Hamburger Polizei hofft auf ein Alkoholverbot für den Bereich – Gewerkschaft sieht Politik in der Pflicht.

Krawallartige Ausschreitungen im Stadtpark haben am Wochenende an zwei Abenden und Nächten die Polizei in Atem gehalten. Fünf Polizisten wurden verletzt. Einsatzkräfte nahmen 16 Personen fest. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) macht soziale Medien mit für die Ausschreitungen verantwortlich und bezeichnete die aggressiv auftretenden Jugendlichen als „Corona-Hooligans“ und „Gewaltposer“.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) geht davon aus, dass die Polizei an den kommenden Wochenenden vor ähnliche Probleme gestellt sein wird. Polizeiintern wird auf ein Alkoholverbot für den Stadtpark gehofft, um Ausschreitungen gar nicht entstehen zu lassen.

Hoch aggressive Stimmung im Stadtpark

„Es war eine hoch aggressive Stimmung, bei der gezielt Auseinandersetzungen untereinander und mit der Polizei gesucht wurden“, sagt ein Zeuge. Nahezu jedes Einschreiten der Polizei sei aggressiv aufgenommen worden. „Wenn Beamte nur eine Tasche kontrollieren wollten, gab es Zusammenrottungen“, so der Zeuge. Am Freitag waren bis zu 4000 vor allem Jugendliche und Heranwachsende im Stadtpark vor allem an der Festwiese gewesen.

„Je später der Abend wurde, desto aggressiver wurde die Stimmung“, sagt Polizeisprecherin Nina Kaluza. Schließlich musste die Festwiese geräumt werden. „Es gab sechs Festnahmen, 22 Anzeigen und drei verletzte Kollegen“, so Kaluza. Am Sonnabend waren bis zu 2500 überwiegend junge Leute im Stadtpark. Auch an diesem Abend kam es zu Ausschreitungen und zur Räumung der Festwiese.

Gewerkschaft GdP ist „in Sorge“

Kaluza: „Am Sonnabend gab es zehn Festnahmen, 40 Anzeigen und zwei verletzte Beamte.“ An beiden Tagen wurden Einsatzkräfte mit Gegenständen, Flaschen und Böllern beworfen.

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).

Bei der Gewerkschaft GdP ist man „in Sorge“. Man beobachte „den Missbrauch sozialer Netzwerke zur Verbreitung von Gewalttaten“. Inzwischen kristallisiere sich ein neues Phänomen heraus, heißt es von Lars Osburg, stellvertretender Landesvorsitzender der GdP Hamburg. Die Polizei komme da oft in Aufnahmen schlecht weg. „Hinzu kommt, dass wir immer häufiger erleben, dass manipulierte Videoaufnahmen von Einsätzen anonym in sozialen Netzwerken auftauchen, um Hass zu schüren.“

Politische Forderung für Stadtpark

 Er hat eine politische Forderung. Die Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) soll die Initiative ergreifen, um gegen solche Aufnahmen in sozialen Netzwerken vorzugehen. Polizeiintern sieht man einen anderen Ansatz. „In der vergangenen Woche wurde bereits ein Alkoholverbot angeregt, das nicht gewollt wurde“, so ein Beamter. Alkohol spiele eine wesentliche Rolle bei den Ausschreitungen. Zudem würde mit Einbruch der Dunkelheit das Publikum wechseln und Jugendliche, die man als „erlebnisorientiert“ einstuft, in den Stadtpark kommen.

Tausende junge Leute versammelten sich im Stadtpark.
Tausende junge Leute versammelten sich im Stadtpark. © Michael Arning | Michael Arning

„Das böse Erwachen kommt ja noch, wenn sie sich wegen begangener Straf­taten verantworten müssen“, sagt der Beamte. Am Wochenende sind Strafverfahren wegen Körperverletzung, Raubes, Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz, Widerstands, aber auch Sexualdelikten eingeleitet worden. Und nicht nur die Ordnungskräfte waren Ziel von Attacken: So erlitt gegen 1 Uhr ein 19-Jähriger eine Messerverletzung an der Brust, als Jugendliche auf ihn losgingen. Die Täter entkamen.

Unmengen an Müll im Stadtpark

„Vielleicht gibt es nach diesem Wochenende ja ein Umdenken“, so der Beamte. Dass sich Jugendliche zum Feiern im Stadtpark treffen, wundert ihn nicht. Dass sich dabei „Brennpunkte“ entwickeln, die, wie der Jungfernstieg, auch ganz gezielt von einem Problempublikum angesteuert werden, ist für die Polizei ebenfalls nicht neu. Das sieht auch Thomas Jungfer, Landesvorsitzender der DPolG, so.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

„Wenn nach einer langen Zeit des Lockdowns vieles öffnet, Jugendliche und Heranwachsende aber weiter keine Anlaufpunkte haben, kann man nicht wirklich überrascht sein, wenn öffentliche Bereiche sich zu einem Brennpunkt entwickeln.“ Auch er sieht ein temporäres Alkoholverbot in dem Bereich als sinnvoll an. „In anderen Bereichen, wie der Schanze, hat es sich ja bereits gezeigt, dass man bei einer soliden Rechtsgrundlage zum Einschreiten auch eine solche Entwicklung unterbinden oder präventiv verhindern kann.“ Weiteres Problem im Stadtpark: Die Feiernden hinterließen Unmengen an Müll.

 Zahl der Flüge am Airport deutlich gestiegen

Mit dem Beginn der Sommerferien am Donnerstag ist auch die Zahl der Flüge am Airport deutlich gestiegen. Dementsprechend hoch war am Wochenende auch das Aufkommen der Reisenden. 81 Abflüge standen am Sonnabend an, rund 16.200 Passagiere hoben aus der Hansestadt ab. Sonntag waren es 90 Abflüge mit rund 18.000 Passagieren. Vor allem am Sonnabendvormittag bildeten sich vor der Sicherheitskontrolle lange Schlangen. Eine Flughafensprecherin sagte. „Es sah tatsächlich voll aus, jedoch kam es nicht zu längeren Wartezeiten.“

Ein Mitarbeiter der Stadtreinigung sammelte am Sonntag Müll.
Ein Mitarbeiter der Stadtreinigung sammelte am Sonntag Müll. © dpa | Markus Scholz

Die Sieben-Tage-Inzidenz der Corona-Neuinfektionen ist in Hamburg am Sonntag von 10,0 auf 9,3 gesunken. Die Behörde meldete elf neue Fälle. Am Sonnabend waren es 35 neue Fälle, am Sonntag vor einer Woche 24. Die Zahl der seit Beginn der Pandemie an oder im Zusammenhang mit dem Coronavirus gestorbenen Menschen liegt bei 1590. Das ist ein Toter mehr als noch am Sonnabend gemeldet. Insgesamt haben sich laut Gesundheitsbehörde bisher 77.300 Bürger mit dem Sars-CoV-2-Virus infiziert. Davon gelten laut Robert-Koch-Institut (RKI) 75.100 als genesen. In Hamburger Krankenhäusern werden aktuell 36 Covid-19-Patienten behandelt. Auf den Intensivstationen liegen 17 Corona-Kranke.