Hamburg/Lüneburg. Weder Hamburg Wasser noch Umweltschützer sind zufrieden mit der Entscheidung des Lüneburger Gerichts. Worum gestritten wird.
Bedroht ein Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg die Wasserversorgung in Hamburg? Nach der Entscheidung der Richter hat Hamburg Wasser vor Risiken für die Hansestadt gewarnt.
Hamburg hatte in dem Prozess gefordert, künftig mehr Grundwasser aus der Nordheide fördern zu dürfen als bisher. Statt der von Hamburg beantragten 18,4 Millionen Kubikmeter pro Jahr erlaubte der Landkreis Harburg dem Nachbarn bisher nur durchschnittlich 16,1 Millionen Kubikmeter Wasser. Die Hamburger Klage gegen diese Regelung wurde jetzt vom Gericht abgewiesen. Zudem scheiterte Hamburg mit dem Bemühen, aus der „Erlaubnis“ eine rechtssichere Genehmigung zu machen. Die „Erlaubnis“ könnte der Landkreis Harburg bei unvorhersehbaren Ereignissen auch wieder zurückziehen – etwa wenn es in trockenen Sommern zu Wasserknappheit kommt. Dies hat das Gericht jetzt für rechtmäßig erklärt.
Trinkwasser: Sowohl Umweltschützer als auch Hamburg Wasser wollen weiter klagen
Nach der Überlegung bei Hamburg Wasser, das Urteil (Aktenzeichen 6 A 171/19, 6 A 174/19, 6 A 226/19 bis 6 A 229/19) vor dem Oberverwaltungsgericht anzufechten, wollen auch die Umweltschützer in Niedersachsen in die nächste Instanz. „Unser Ziel, den Wasserexport nach Hamburg auf ein umweltverträgliches Maß zu reduzieren, bleibt bestehen“, sagte der Geschäftsführer der Interessengemeinschaft Grundwasserschutz Nordheide (IGN), Gerhard Schierhorn. Die IGN gehört zum Landesverband der Bürgerinitiativen Umweltschutz, die Hamburgs Fördermenge mit der ebenfalls jetzt gescheiterten Klage verringern wollte. „Wir freuen uns, dass das Verwaltungsgericht uns in unserer Rechtsauffassung bestätigt hat“, sagte hingegen Kreisrat Josef Nießen.
Hamburg Wasser sieht in dem Urteil ein Risiko für das Bereitstellen der erforderlichen Wassermengen in der Stadt. „Das geht zulasten der sicheren Versorgung von gut 300.000 Menschen in Hamburg und den weiter steigenden Trinkwasserbedarfen“, sagte der Sprecher der Geschäftsführung, Ingo Hannemann. Wenn Deutschlands zweitgrößte Stadt schon keine rechtssichere Bewilligung mehr bekomme, sei das ein schlechtes Zeichen auch für andere Städte und Gebiete, die auf die Versorgung von außerhalb ihrer Grenzen angewiesen seien. „Je weniger wir in Hamburg Reserven haben, desto häufiger müssen wir zu Einschränkungen aufrufen.“ Heißt: Das Urteil könne zu Engpässen und vermehrten Aufrufen zum Wassersparen führen.
Hamubrg Wasser sieht mögliche Engpässe durch trockene Sommer
Die 300.000 Menschen, die Hamburg Wasser meint, sind die Bewohner im Westen Hamburgs und südlich der Elbe um Heimfeld, die mit Wasser aus der Heide versorgt werden. Innerhalb der Stadt könne man das zum Teil ausgleichen. Doch wenn die Wassermenge gleich bleibe oder wie in den vergangenen Jahren wegen besonders trockener Sommer Wasser besonders stark nachgefragt werde, könne es zu Engpässen kommen. Etwa 13 Prozent seines Wassers bezieht Hamburg aus der Heide. 24 Prozent kommen aus Schleswig-Holstein.
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Für Versorger wie Umweltschützer ist unkalkulierbar, welche Folgen der Klimawandel noch zeitigen wird. Längere Trockenperioden sind genauso denkbar wie Starkregen-Ereignisse. Reichlich Regen wiederum könnte dafür sorgen, dass Gegenden wie die Lüneburger Heide nicht austrocknen und ausreichend hohe Grundwasserspiegel haben.
Hamburg Wasser will fünf neue Brunnen in der Heide bauen
Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat gerade wegen der unsicheren Klimaentwicklung dem Landkreis Harburg zugestanden, dass er seine Erlaubnis zur Wasserförderung auch wieder zurückziehen könne, wenn sich die Lage ändere. So, wie Hamburg Wasser derzeit arbeite, sei es mit dem Natur- und Umweltschutz vereinbar.
Das Unternehmen betreibt 32 Brunnen und plant fünf neue. Um die zu errichten, muss sich der Versorger jetzt sputen. Hamburg Wasser ist gezwungen, sich immer auf Szenarien wie technische Störungen, besonders starke Nachfragen in Trockenperioden und Zwischenfälle wie erhöhte Nitrit- und Ammonium-Werte wie zuletzt im Wasserwerk Haseldorfer Marsch vorzubereiten. Das führt zu Unsicherheiten – und das obwohl der durchschnittliche Wasserverbrauch der Haushalte in den vergangenen Jahren auch dank neuer Technik gesunken ist.
Landkreis sieht sich durch Gerichtsentscheid in seiner Auffassung bestätigt
Hamburg Wasser hatte beim Landkreis Harburg 18,4 Millionen Kubikmeter beantragt, bekam aber nur 16,1 Millionen bewilligt. Im Ausnahmefall dürfen es 18,4 Millionen werden, die aber in Folgejahren durch deutlich geringere Mengen ausgeglichen werden müssten. So sah es auch das Gericht. Kreisrat Josef Nießen sagte: „Wir haben eine gehobene Erlaubnis erteilt, weil wir so die Möglichkeit haben nachzujustieren, wenn etwa die Auswirkungen des Klimawandels ein Einschreiten erforderlich machen. Auch die gehobene Erlaubnis garantiert Hamburg Wasser die erforderliche Versorgungssicherheit. Das hat das Verwaltungsgericht mit seiner Entscheidung bestätigt.“
Hamburg Wasser fördert seit den 1980er-Jahren Grundwasser aus der Heide. Eine frühere Erlaubnis dazu war im Jahr 2004 ausgelaufen. Im Anschluss an eine aufwendige Prüfung hat der Landkreis Harburg Hamburg Wasser im Jahr 2019 eine neue Fördergenehmigung erteilt, sie aber „nur“ als sogenannte gehobene Erlaubnis ausgesprochen. Dieses Vorgehen hat das Verwaltungsgericht unter dem Vorsitz von Thomas Pump für rechtmäßig erklärt. Die vom Landkreis vorgebrachten Gründe für diese „schwächere“ Art der Genehmigung seien nachvollziehbar.
CDU stellt Frage zum Wasserstreit zwischen Hamburg und Niedersachsen
Auch politisch wird die Debatte um die Hamburger Wasserförderung in der Lüneburger Heide weitergehen. Die CDU-Landtagsabgeordneten Heiner Schönecke, André Bock und Martin Bäumer haben eine Kleine Anfrage an die niedersächsische Landesregierung gestellt.
Sie fragen, ob die Regierung davon ausgehe, dass Hamburg Wasser „alles tut, um verantwortlich mit dem im Landkreis Harburg geförderten Grundwasser umzugehen.“ Die Antwort steht noch aus.