Hamburg. Der Steuerbund schlägt vor, dafür die Grundsteuer abzuschaffen – denn die treibt die Wohnnebenkosten in der Hansestadt hoch.
Wohnen in Hamburg ist vergleichsweise teuer – das ist schon lange eine Binsenweisheit und einer der Gründe, warum der Senat den Wohnungsbau schon vor einem Jahrzehnt massiv angekurbelt hat. Während die rund 10.000 neuen Wohnungen pro Jahr eine dämpfende Wirkung auf die Mieten haben, die in der Hansestadt weniger stark steigen als in anderen Großstädten, sieht es bei den Wohnnebenkosten weniger gut aus: Diese sind in Hamburg bundesweit die zweithöchsten.
Gut 2.200 Euro muss ein Hamburger Haushalt pro Jahr nebenbei berappen. Nur in Berlin (West) sind es mit knapp 2.287 Euro noch mehr, in Mainz dagegen nur 1.433 Euro. Das geht aus Vergleichsdaten hervor, die der Bund der Steuerzahler (BdSt) in den 16 Landeshauptstädten ermittelt hat, wobei Berlin Ost und West vor allem aufgrund der unterschiedlichen Bedingungen bei der Grundsteuer getrennt betrachtet werden.
Wohnnebenkosten in Hamburg bundesweit am zweithöchsten
Demnach schneidet der Norden uneinheitlich ab: Während Hannover mit 2.024 Euro auf Platz fünf ebenfalls vergleichsweise teuer ist, rangiert Kiel mit 1.745 Euro im unteren Mittelfeld. Mecklenburg-Vorpommerns Hauptstadt Schwerin glänzt sogar mit den zweitniedrigsten Nebenkosten: 1486 Euro.
Zu beachten ist dabei: Zugrunde gelegt hat der Steuerzahlerbund für alle Städte einen Drei-Personen-Haushalt, der in einem Einfamilienhaus (Baujahr 2016) mit 120 Quadratmeter Wohnfläche und 300 Quadratmeter Grundstück in „städtischer Randlage“ wohnt – das ist für die Mieterstadt Hamburg eher untypisch, ebenso für die anderen Städte. Auch hat der Steuerzahlerbund einige relevante Nebenkosten wie Strom und Heizung außen vor gelassen, weil die oft von privaten Anbietern erhoben werden und die Kommunen insofern keinen Einfluss darauf haben.
Grundsteuer treibt Hamburgs Wohnnebenkosten in die Höhe
Anhand der betrachteten Kategorien ergeben sich dennoch interessante Erkenntnisse. So treibt in Hamburg einzig die Grundsteuer die Wohnnebenkosten über den Schnitt: Diese ist im Vergleich der 16 Hauptstädte mit gut 1.050 Euro für das betrachtete Einfamilienhaus die höchste, nur in West-Berlin (1.041 Euro) und Bremen (1.008) ist sie vergleichbar hoch. In ostdeutschen Landeshauptstädten wie Magdeburg (296 Euro), Erfurt (319) oder Schwerin (321) beträgt die Steuer dagegen nur ein Bruchteil.
Das liegt übrigens weniger an den Steuersätzen – der Hebesatz in Hamburg ist mit 540 Prozent nur durchschnittlich hoch, in Berlin beträgt er zum Beispiel 810 Prozent – , sondern vor allem daran, dass die Grundsteuer in den neuen Bundesländern auf Basis noch älterer Immobilien-Einheitswerte (nämlich von 1935) berechnet wird als im Westen (Basisjahr 1964). Auch daher hatte das Bundesverfassungsgericht eine Reform der Steuer verordnet, die mittlerweile beschlossen ist. Sie greift aber erst ab 2025.
Trinkwasserkosten in Hamburg eher gering
Ließe man die Grundsteuer außen vor, wäre Hamburg mit 1.152 Euro Wohnnebenkosten die viertgünstigste Landeshauptstadt, während Potsdam mit 1.540 Euro die rote Laterne hätte. Denn für das Einfamilienhaus in Hamburg fallen nur Trinkwasserkosten von rund 333 Euro an (drittgünstigster Wert), in Saarbrücken dagegen von mehr als 510 Euro.
Beim Schmutzwasser liegt Hamburg mit 282 Euro im guten Mittelfeld: In Potsdam sind es 607 Euro, in Mainz dagegen nur 185. Ähnlich beim Niederschlagswasser: Mit 96 Euro liegt Hamburg näher an den günstigsten Städten Bremen (erhebt diese Gebühr gar nicht) und Mainz (78 Euro) als an der teuersten Berlin (234). Die Abfallgebühren in Hamburg sind mit 231 Euro ebenfalls leicht unterdurchschnittlich: In Schwerin betragen sie zwar nur 136 Euro, in Hannover aber 390 Euro.
Wohnnebenkosten in Hamburg um 12 Euro erhöht
Gegenüber dem Vorjahr haben sich die Wohnnebenkosten in Hamburg um 12 Euro oder gut 0,5 Prozent erhöht, seit 2016 um 41,86 Euro oder gut 1,9 Prozent. Zum Vergleich: In Hannover stiegen die Kosten binnen fünf Jahren um mehr als 261 Euro oder fast 15 Prozent, in Kiel immerhin um 101,50 Euro oder gut 6,1 Prozent. Düsseldorf, Bremen und Schwerin wurden dagegen etwas günstiger.
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Angesichts des Einflusses der Grundsteuer auf die Nebenkosten fordert der Landesverband Hamburg im BdSt den Senat auf, die Steuer abzuschaffen. „Diese Statistik macht deutlich, dass sich in Hamburg dringend etwas verändern muss“, sagt Vorstandsmitglied Petra Ackmann. „Es ist nicht hinnehmbar, dass das Wohnen in Hamburg inzwischen nahezu unbezahlbar ist.“ Sie appelliert an Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), im Rahmen der Grundsteuerreform für eine spürbare Steuererleichterung zu sorgen und nicht nur zu versprechen, dass sich die Einnahmen aus der Grundsteuer von zuletzt rund 475 Millionen Euro im Jahr nicht erhöhen sollen.
Monatliche Parkgebühr statt Grundsteuer in Hamburg
Zum Ausgleich für die Grundsteuer, die jeder Bürger direkt (als Grundeigentümer) oder indirekt (als Mieter über die Nebenkosten) bezahlt, macht der Steuerzahlerbund zwei Vorschläge: So seien in Hamburg etwa 770.000 Pkw gemeldet, die Fläche beim Parken verbrauchen, aber keine Grundsteuer zahlen. „Würde man über eine pauschale monatliche Parkgebühr nachdenken, könnte man die herabgesetzte Grundsteuer teilweise ausgleichen“, so der BdSt Hamburg.
Weitere Einnahmen könne man generieren, indem man eine Abgabe auf den Parkraum vor Supermärkten einführe – schließlich stünden diese riesigen Flächen für den Wohnungsbau nicht zur Verfügung. Oder aber man setze darauf, dass Hamburg als Wohnort durch eine geminderte Grundsteuer attraktiver wird und dadurch noch mehr gebaut wird – das würde die Einwohnerzahl und damit auch die Einnahmen der Stadt erhöhen, sagt Petra Ackmann.
Hamburger würden von geringerer Grundsteuer profitieren
Der neue FDP-Landesvorsitzende Michael Kruse unterstützt die Forderungen: „Über eine Senkung der Grundsteuer könnten viele Menschen unmittelbar profitieren, ebenso durch einen Freibetrag auf die Grunderwerbsteuer zur ersten selbst genutzten Wohnimmobilie“, sagte er dem Abendblatt. „Rot-Grün muss einen Beitrag dazu leistet, das Wohnen in Hamburg bezahlbar zu machen.“