Hamburg. Am neunten Prozesstag zeigte sich der sonst so impulsive Hamburger Gangsta-Rapper von einer ganz neuen Seite.
Man hat eine ganze Weile gerungen. Es tobte hin und her, mal heftiger, mal sanfter; es lag immer so etwas wie Anspannung in der Luft bei diesem Prozess um Gangsta-Rapper Gzuz. Doch derjenige, von dem man am ehesten so etwas wie Krawall oder Randale erwartet hätte, der Frontmann der HipHop Gruppe 187 Strassenbande, blieb erstaunlich ruhig. Nix mehr mit Bad-Boy-Image, das dem 33-Jährigen lange Zeit zu eigen war, keine provokanten Auftritte, keine Ausraster, kein verkatertes Auftreten. Der Mann wollte wohl zeigen: Ich habe mich geändert.
Gzuz zeigte sich höflich und geduldig vor Gericht
Zurückhaltend wirkt Gzuz auch an diesem neunten Verhandlungstag im Prozess vor dem Landgericht, in dem sich der Musiker, mit bürgerlichem Namen Kristoffer Klauß, unter anderem wegen Körperverletzung und Verstoß gegen das Waffengesetz verantworten muss. Im blütenweißem Hemd sitzt er da, hält sich zurück, redet nicht dazwischen, wirkt geduldig.
Es ist der Tag, an dem die Plädoyers erwartet werden und so etwas wie eine Vorentscheidung darüber ansteht, wie seine Zukunft aussehen wird. Wird er ins Gefängnis müssen, so wie es in der ersten Instanz das Amtsgericht entschieden hat, als der Richter dem 33-Jährigen vorhielt: „Herr Klauß! Wer, wenn nicht Sie, gehört in den Knast!“ 18 Monate Haft hatte das Urteil für den mehrfach vorbestraften Angeklagten gelautet.
Gzuz ging gegen hohe Geldstrafe in Berufung
Darüber hinaus hatte das Amtsgericht eine Geldstrafe von 510.000 Euro Geldstrafe gegen Gzuz verhängt. Dagegen ging der Musiker in Berufung. Wie sein größter Wunsch für den Ausgang des Verfahrens lautet, hat der Gangsta-Rapper, der allein auf Instagram 2,5 Millionen Follower hat, wohl auch mit dem Titel seines neuesten Albums formuliert. Es heißt:„Große Freiheit“.
Und die soll es, daran hat die Verteidigung keinen Zweifel, auf jeden Fall geben. Gzuz gehöre mitnichten ins Gefängnis, beantragen die Anwälte des Frontmannes der Hip-Hop-Band 187 Strassenbande. Es dürfe allerhöchstens eine Geldstrafe von 28.000 Euro herauskommen, aufgeschlüsselt in 80 Tagessätze zu maximal 350 Euro, meint einer der Anwälte in seinem Schlussvortrag. Auch der zweite Verteidiger sieht dies so. Eine Gefängnisstrafe sei vollkommen unangemessen, betonen die Verteidiger.
Anklage wegen Körperverletzung und Drogenbesitz
Unter anderem wird dem Gangsta Rapper vorgeworfen, in der Silvesternacht 2018 aus einer Schreckschuss- und Signalpistole pyrotechnische Munition abgefeuert zu haben. Ferner habe er etwa 15 Gramm Marihuana und einen sogenannten Polenböller in seiner Wohnung aufbewahrt sowie eine 19-Jährige, die ein Selfie mit ihm wollte, mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen, heißt es in der Anklage gegen Gzuz.
Der Besitz jener etwa 15 Gramm Marihuana, die in einer Wohnung des Angeklagten gefunden wurden, sei Gzuz nicht nachzuweisen, da müsse er freigesprochen werden, argumentiert die Verteidigung. Ein Bekannter des Angeklagten hatte im Prozess angegeben, er habe in jener Zeit quasi zur Untermiete in der Wohnung gelebt, und die Drogen gehörten ihm. Auch vom Vorwurf der Körperverletzung sei der 187-Strassenbande-Frontmann freizusprechen, meinen die Anwälte, weil der Schlag, bei dem die junge Frau an der Nase getroffen wurde, nur versehentlich gegen das Gesicht ging.
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Die damals 19-Jährige hatte als Zeugin ausgesagt, sie habe unbedingt mit Gzuz, der frühmorgens in der Nähe der Reeperbahn unterwegs war, ein Selfie haben wollen. Sie schilderte, sie habe ihn wohl auch ziemlich damit genervt. Schließlich habe er eine Handbewegung gemacht, offenbar um ihr Handy wegzuschlagen. Dies habe dann ihr Gesicht getroffen. Ihre Nase blutete heftig, sie wurde im Krankenhaus behandelt. Der Schlag, den Gzuz ausgeführt habe, sei durch Notwehr gerechtfertigt, deshalb müsse es auch in diesem Punkt einen Freispruch geben, sagen die Anwälte. Es blieben nur Verstöße gegen das Waffengesetz, die der Angeklagte auch eingeräumt habe. Deshalb sei eine Geldstrafe angemessen.
Verteidiger prangern Art der Ermittlung gegen Gzuz an
In ihren Plädoyers kritisierten die Verteidiger heftig die Art der Ermittlungen gegen ihren Mandanten und vor allem das Urteil des Amtsgerichts. Mit einem Video, das ein Polizist im Internet gesehen habe, habe eine regelrechte „Jagd“ auf Gzuz begonnen und sei „Stimmung gegen ihn gemacht worden“, sagten die Verteidiger. Bei allem, was Gzuz auf der Bühne und im Netz mache, werde vergessen: „Es handelt sich um Kunst.“
Am morgigen Freitag wird die Staatsanwaltschaft ihren Schlussvortrag halten. Noch am selben Tag wird das Urteil der Berufungskammer erwartet.