Hamburg. Viele Apotheken haben ihr Angebot eingestellt. Der Kammerpräsident kritisiert: Hamburg hat alle Warnungen „verschlafen“.

Am Arbeitsplatz, im Nahverkehr und in bestimmten Berufen werden ab sofort negative Testergebnisse verlangt. Dem Vorbild des FC St. Pauli, geimpfte oder genesene Besucher zusätzlich um einen freiwilligen Coronatest zu bitten, werden bald weitere Einrichtungen folgen. Zudem ist die Nachfrage nach Antigen-Schnelltests bereits seit dem 13. November enorm gestiegen – seitdem hat jeder Bürger wieder Anspruch auf mindestens einen kostenfreien Schnelltest pro Woche.

Durch die neuen Regelungen dürfte der Run auf die Hamburger Testzentren noch einmal kräftig zunehmen. Der Frust aber auch. Denn mitten in der vierten Welle sind die Möglichkeiten rar geworden, sich in Hamburg kostenfrei auf Corona testen lassen zu können. Knapp 90 Testzentren gibt es noch – und nur wenige außerhalb der Innenstadt. Denn so wie viele private Betreiber, die ihre Standorte nach Abschaffung der kostenfreien Bürgertests im Oktober abgebaut hatten, haben auch etliche Apotheken ihr Test-Angebot eingestellt.

Corona Hamburg: Reichen die Testkapazitäten?

Dabei hatte die Stadt gerade auf die Apotheken gesetzt, weil als Nachweis bei 3G-Veranstaltungen nur noch die Ergebnisse von Tests zulässig waren, die von medizinischem oder pharmazeutischem Personal vorgenommen worden waren. „45 Prozent der Apotheken haben das Angebot eingestellt, weil die Nachfrage nicht mehr da war“, sagt Kai-Peter Siemsen, Präsident der Apothekerkammer. Es jetzt kurzfristig wieder hochzufahren, sei kaum möglich.

Angesichts der allgemeinen Erkältungszeit und dem Aufwand durch das Erstellen von elektronischen Impfzertifikaten hätten die Apotheken keine personellen Kapazitäten. Personal, das man damals zeitweise für das Durchführen der Tests eingestellt habe, sei nicht mehr verfügbar – ebenso wenig wie zusätzlich geschaffene Räumlichkeiten, etwa Container vor den Apotheken. Die wurden mittlerweile abgebaut.

Schaffung von mehr Testkapazitäten wurde „verschlafen oder ignoriert“

Schon seit Wochen habe die Apothekerkammer die Stadt eindringlich gemahnt, dass mehr Testkapazitäten geschaffen werden müssten. Doch das sei „verschlafen oder ignoriert“ worden. Jetzt müssten sich Politik und Behörden dringend etwas überlegen. „Notfalls müssen das Technische Hilfswerk und die Krankenkassen einspringen“, fordert Siemsen. „Wir sind mitten in der vierten Welle – und die kann man aktuell weder durch impfen noch durch boostern brechen. Kurzfristig hilft nur testen.“

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Auch Die Linke fordert eine Ausweitung kostenloser Testkapazitäten. „Wie soll eine 3G-Regelung im HVV funktionieren, wenn es etwa im großen Stadtteil Langenhorn nur zwei Teststellen gibt, die ab 9 und ab 10 Uhr geöffnet sind, und in Steilshoop gar keine?“, fragt Heike Sudmann, die verkehrspolitische Sprecherin. Der ÖPNV gehöre zur Daseinsvorsorge. Da neben Ungeimpften auch alle, die derzeit auf eine Impfung warteten, ohne Test nicht länger mitfahren könnten, müsse eine Voraussetzung für die HVV-Regelung ein ausreichend großes Testangebot in allen Stadtteilen sein.

„Die Nachfrage nach Antigen-Schnelltests hat sich verzehnfacht“

Martin Helfrich, Sprecher der Gesundheitsbehörde, hält das Angebot momentan für bedarfsgerecht. „Die verfügbaren Kapazitäten sollen aber angepasst werden, sollte sich die Nachfrage ausweiten.“ Wo die aktuellen Testzentren in Hamburg liegen, zeigt eine interaktive Karte, die unter https://www.hamburg.de/corona-schnelltest/ abrufbar ist.

„Die Nachfrage nach Antigen-Schnelltests hat sich bereits verzehnfacht“, sagt Kiez-Gastronom Axel Strehlitz, der seine acht Standorte (www.coronafreepass.de) in Kooperation mit dem Labor des Medizinischen Versorgungszentrums betreibt. Schon jetzt würden dort täglich insgesamt 3000 bis 4000 Schnelltests durchgeführt – etwa 70 Prozent der Kunden seien Geimpfte, die auf Nummer sicher gehen wollten. Da Strehlitz von einer weiter steigenden Nachfrage ausgeht, will er die Kapazitäten hochfahren. „Wir möchten unsere Öffnungszeiten anpassen – gerade dort, wo am Wochenende viel los ist, etwa am Spielbudenplatz.“ Auch an den sieben Standorten von Sportunternehmer Moritz Fürste (www.schnelltest-hamburg.de), die mittlerweile von Zahnärzten geleitet werden, ist die Nachfrage gestiegen und hat sich zuletzt verdoppelt.