Hamburg. 200 Hamburger Persönlichkeiten ließen sich mit und ohne Maske abbilden. Panini-Album „TeamHamburg“ soll Not leidender Szene helfen.
Die Idee reifte an den trüben Corona-Abenden auf dem Kiez. In ihrem Büro an der Hein-Hoyer-Straße, nur ein paar Schritte von der Reeperbahn entfernt, spüren Oliver Wurm und Alexander Böker den Pulsschlag von St. Pauli. Doch nun, im zweiten Lockdown, schlägt das Herz dort nur noch schwach. „Es ist, als wenn ein Grauschleier über dem Kiez läge“, sagt Böker. Einher geht damit die wirtschaftliche Not der Kulturschaffenden, die gerade diesen Stadtteil so prägen. „Uns war klar, dass wir für diese Szene etwas tun müssen“, sagt Wurm.
Entstanden ist eine Aktion, die bundesweit ihresgleichen sucht. Morgen erscheint das Panini-Album „TeamHamburg“. Geklebt werden können mehr als 200 Persönlichkeiten der Hansestadt –von A wie Künstler Michel Abdollahi bis Z wie Sänger Rolf Zuckowski. Der Reigen reicht von Bürgermeister Peter Tschentscher über Bischöfin Kirsten Fehrs, Moderator Reinhold Beckmann bis zu Udo Lindenberg.
Hamburger Panini-Sticker mit Maskenbildern
Der Clou: Auf den Stickern tragen alle die obligatorischen Masken, die Porträts in den Alben sind dagegen maskenfrei. Der Gewinn aus den Verkäufen der Sticker und Alben fließt an Hamburger Kulturschaffende. Da Unternehmen – ebenfalls vertreten über Sticker im Heft – die Druckkosten der Kollektion weitgehend finanzieren, darf sich die Szene auf eine erkleckliche Summe freuen.
Eine solche Aktion bedarf in der Regel eines monatelangen Vorlaufs. „Ohne die Unterstützung von Partnern wäre das binnen vier Wochen auch nicht machbar gewesen“, sagt Alexander Böker. Vor allem Lars Meier, Chef der Agentur Gute Leude Fabrik, sowie der Verein MenscHHamburg machten mit bei den Nachtschichten, unterstützt von der Agentur Heinekomm. Meier sorgte im Mai 2020 mit seiner Aktion „Keiner kommt, alle machen mit“ für Aufsehen. Zugunsten der Kulturschaffenden verkaufte er Tickets für ein Solidaritätsfestival, das ausdrücklich nicht stattfand. Das Gremium von „keinerkommt“, dazu zählt etwa die Schauspielerin Johanna Wokalek und Norbert Grundei, Programmchef vom Radiosender N-Joy, entscheiden auch bei „TeamHamburg“ über die Verteilung der Gelder. Anträge können auf der Seite www.juststickit.de gestellt werden.
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Oliver Wurm und seine "Schnapsideen"
Wurm und Böker gelten seit Jahren als Panini-Experten. Mit ihrem Unternehmen Juststickit haben sie schon 50 eigene Kollektionen produzieren lassen – im italienischen Modena, wo vor 50 Jahren die Brüder Panini das Sammeln von Stickern erfanden. Mit dem Album „Hamburg sammelt Hamburg“ fing 2009 alles. „Eine Schnapsidee“, sagt Wurm im Rückblick. Als Altkanzler Helmut Schmidt zusagte, startete das Duo – und verkaufte 1,5 Millionen Tütchen mit 7,5 Millionen Bildchen.
Beim neuen Projekt waren die Protagonisten ungleich schneller überzeugt. „Fast alle haben sofort zugesagt“ sagt Böker. Der Moderator Johannes B. Kerner streifte für das erste Album-Selfie am Bahnsteig seine Maske kurz ab, das Sticker-Selfie machte er dann aus dem Zug mit Maske. Udo Lindenberg war von der Idee so begeistert, dass er sogar auf eigene Kosten ein Fotoshooting organisierte. Mitunter ist der Kontrast mit Maske, ohne Maske frappierend. Komiker Mike Krüger könnte sich mit Schnutenpulli und Schirmmütze wohl unerkannt durch Hamburg bewegen.
Die Botschaft der Aktion ist klar: „Hamburg hält zusammen. Wir zeigen Menschen, denen unsere Stadt am Herzen liegt – und passend zur Zeit tragen sie auf den Stickern als verbindendes Element eine Maske“, sagt Wurm, der im November das Bundesverdienstkreuz für sein Projekt „Grundgesetz als Magazin“ erhielt.
Als das Heft bereits in Druck ging, fiel den Machern noch eine Idee ein, die Wurm nun „die Kirsche auf der Sahnetorte“ nennt. Wer sein Album vollgeklebt hat, kann an einer großen Verlosung teilnehmen. Zu gewinnen gibt es ein Gemälde von Udo Lindenberg, viele Karten für Konzerte und Sportveranstaltungen (sobald diese nach Pandemie wieder möglich sind) bis zu einem Fotoshooting mit TV-Talker Markus Lanz, der sich auch als Fotograf einen Namen gemacht hat.
Panini-Tauschbörse online
Panini-üblich wird es auch Tauschbörsen geben, zunächst durch Corona nur online, später auch im echten Leben. Wurm ist gespannt, wie sich die Kurse entwickeln. Ein Tschentscher gegen zwei Bohlen? Oder vielleicht gerade umgekehrt? Entgegen vielen Gerüchten druckt Panini die gleiche Zahl von jedem Sticker. Wäre das anders, könnte es passieren, dass manche Motive doppelt im Tütchen stecken. Dennoch werden manche Promis künstlich verknappt, da sie nicht nur in Alben, sondern auch auf Kühlschränken und Schreibtischunterlagen kleben.
So sehr sich Hamburgs Panini-Macher auch auf das neue Projekt und die Resonanz der Hamburger freuen, so sehr wünschen sie sich doch, dass es eine einmalige Aktion bleibt: „Es geht um ein zeithistorisches Dokument. Aber wir alle hoffen, dass wir uns möglichst bald wieder ohne Masken treffen und umarmen können.“