Hamburg. Polizei durchsucht Räume. Ärzte stehen im Verdacht, Gefälligkeitsatteste ausgestellt zu haben. Corona-Leugner protestieren.

Die Polizei hat am Dienstagvormittag mehrere Räumlichkeiten zweier Hamburger Ärzte durchsucht. Die beiden Mediziner stehen im Verdacht, unabhängig voneinander in mehreren Fällen ohne Untersuchung und Diagnose Gesundheitszeugnisse ausgestellt zu haben. Darin wurden die Patienten von der Pflicht befreit, in der Öffentlichkeit eine Maske zum Schutz vor Corona zu tragen, wie ein Polizeisprecher dem Abendblatt sagte.

Beide Ärzte gelten als führende Köpfe der Querdenken- und Corona-Leugner-Szene. Die Beamten rückten am frühen Morgen an. Sie nahmen bei einem Allgemeinmediziner sowohl dessen Privatwohnung im Stadtteil Hoheluft-Ost als auch seine Praxis an der Grindelallee (Rotherbaum) ins Visier. Beim anderen Arzt, nach eigenen Angaben Onkologe, durchsuchten sie nur dessen Praxis am Südring (Winterhude). Es seien Beweismittel wie elektronische Datenträger und schriftliche Unterlagen sichergestellt worden.

Corona-Leugner protestieren vor Hamburger Arztpraxis

Vor beiden Praxen versammelten sich einige Corona-Leugner, um gegen die Polizeimaßnahmen zu protestieren. An der Grindelallee waren es gut 30 Demonstranten. Die Polizei rückte daraufhin mit einem Großaufgebot an. Am Südring waren es nach offiziellen Angaben etwa 15 Demonstranten.

Vor der Arztpraxis an der Grindelallee in Hamburg-Rotherbaum hielten Corona-Gegner Schilder und Transparente hoch, auf denen sie ein Ende der Maßnahmen forderten und Verschwörungstheorien verbreiteten.
Vor der Arztpraxis an der Grindelallee in Hamburg-Rotherbaum hielten Corona-Gegner Schilder und Transparente hoch, auf denen sie ein Ende der Maßnahmen forderten und Verschwörungstheorien verbreiteten. © Michael Arning | Unbekannt

Zuvor hatte ein selbst ernannter "Querdenkeranwalt" in sozialen Netzwerken zu "Eilversammlungen" vor den beiden Praxen aufgerufen. Dabei sollten Aufnahmen aller anwesenden Polizisten und Behördenmitarbeiter gemacht werden.

"Wir brauchen diese Dokumente als Beweismaterial für den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag", hieß es in dem Aufruf. Die Durchsuchungen seien rechtswidrig und sollten anderen Ärzten Angst machen. "Wir werten diese Maßnahmen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit und arbeiten aktuell schon eine Strafanzeige aus."

Falsche Atteste ausgestellt? Arzt verteidigt sich

Corona-Leugner versammelten sich am Dienstagvormittag vor einer Arztpraxis an der Grindelallee.
Corona-Leugner versammelten sich am Dienstagvormittag vor einer Arztpraxis an der Grindelallee. © Michael Arning | Unbekannt

Der betroffene Allgemeinmediziner verließ nach Beendigung der Razzia seine Praxis an der Grindelallee und wurde auf der Straße von den umstehenden Demonstranten gefeiert. Die Polizei zeigte bis zum Nachmittag noch Präsenz, musste aber nicht eingreifen.

In einem mehr als zwölfminütigen Video, das der Arzt am Nachmittag bei Youtube veröffentlichte, schilderte er den Polizeieinsatz und verteidigte sich: "Ich kann mir persönlich, ethisch und als Arzt nichts vorwerfen. Ich habe keine kriminellen Handlungen begangen."

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Ärzten droht Verlust der Approbation

Beide Mediziner gehören zu den Initiatoren des Bündnisses "Ärzte für Aufklärung", das Masken zum Schutz vor Corona für überflüssig hält und vor einer "Corona-Zwangsimpfung" warnt. Auch traten sie schon mehrfach auf Protestveranstaltungen der Querdenken-Bewegung auf.

Etwa 30 Corona-Leugner protestierten am Dienstag vor einer Hamburger Arztpraxis an der Grindelallee.
Etwa 30 Corona-Leugner protestierten am Dienstag vor einer Hamburger Arztpraxis an der Grindelallee. © Michael Arning | Unbekannt

Sollte sich der Verdacht bewahrheiten, dass sie Gefälligkeitsatteste ausgestellt haben, drohen ihnen Geld- und Haftstrafen sowie der Verlust der Approbation. Auch Patienten, die ein unrichtiges Attest vorgelegt haben, müssen mit einer Geld- oder gar Freiheitsstrafe rechnen.

Das Hamburger Bündnis gegen Rechts warf den Ärzten verantwortungsloses und unsolidarisches Verhalten vor. Dem Bündnis liegen nach eigenen Angaben Atteste vor, die in Hamburg für Patienten in Bayern ausgestellt wurden. „Wir hoffen, dass nun endlich sowohl straf- wie auch standesrechtliche Konsequenzen gegen diese Scharlatane folgen“, sagte HBgR-Sprecher Felix Krebs.

Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Maskenpflicht im Überblick:

Welche Typen von medizinischen Masken gibt es?

  • OP-Masken: Mehrlagige Masken, die einen besseren Schutz als einfache Stoffmasken bieten.
  • FFP2-Masken: Müssen 94 Prozent aller Aerosole zurückhalten, um die Norm zu erfüllen.
  • FFP3-Masken: Müssen laut Norm 99 Prozent der Aerosole zurückhalten.
  • KN95-, N95-, P2-, D2- oder CPA-Masken: Importierte Masken, die vereinfachte Prüfverfahren durchlaufen, beim Bezug über die Apotheke aber etwa gleichwertigen Schutz wie FFP2-Masken bieten.

Kann ich die Masken mehrfach verwenden?

  • OP-Masken sind reine Wegwerfprodukte, die spätestens dann entsorgt werden sollten, wenn sie durchfeuchtet sind.
  • FFP2-Masken sind offiziell nur dann wiederverwendbar, wenn sie herstellerseitig mit einem "R" gekennzeichnet wurden. Laut Forschern der Uni Münster können aber auch Einweg-FFP-2-Masken ("NR") bis zu fünf Mal verwendet werden, wenn man sie für mindestens eine Woche an der Luft trocknet, bevor man sie wieder verwendet. Die Trocknung im Ofen ist umstritten.
  • Desinfektionsmittel zerstören die Filtereigenschaften der Maske und machen sie unbrauchbar

Was muss ich beim Kauf von Masken beachten?

  • Beim Kauf im Einzelhandel oder im Internet ist bei OP-Masken und FFP2-Masken auf das CE-Zeichen und eine vierstellige Nummer zu achten. Diese gibt die Prüfstelle an und kann im Internet überprüft werden.
  • Masken mit Ventil sind in Hamburg nicht erlaubt: Sie vereinfachen zwar das Atmen, geben die Luft aber ungefiltert an die Umwelt ab - bieten also zwar Eigen-, aber keinen Fremdschutz.

Was kosten medizinische Masken?

Mit der Einführung der erweiterten Maskenpflicht steigen auch die Preise für Masken teilweise stark an – FFP2-Masken kosten normalerweise zwischen 3 und 7 Euro pro Stück, OP-Masken sind zum Teil für deutlich weniger als einen Euro pro Stück im Paket zu bekommen. Vorsicht ist bei besonders günstigen Angeboten besonders im Internet geboten: Dahinter könnten ungeprüfte Importe oder Ausschussware stecken, die nicht denselben Schutz bieten wie eine zertifizierte Maske.

Was ist beim Tragen der Masken zu beachten?

  • OP-Masken sitzen relativ lose. Der Sitz kann verbessert werden, wenn man sie mit einer Stoffmaske kombiniert.
  • FFP2-Masken müssen eng anliegen, damit sie ihre volle Filterwirkung entfalten. Dann wird aber auch das Atmen spürbar anstrengender. Ein Vollbart verhindert den korrekten Sitz der Maske.
  • Allgemein gilt, dass Masken spätestens ausgetauscht werden müssen, wenn sie feucht sind.
  • Benutzte Masken nicht an der Filterfläche berühren: Etwaig aufgenommene Viren geraten dann an die Hände. Die Masken sollten nur an den Bändern berührt werden.

Weitere Fragen beantwortet unser großer Überblick zum Thema FFP2-Masken