Hamburg. Eigentümerin lässt Anbauten des 130 Jahre alten Zirkusbaus entfernen. Aktivisten und Politiker fürchten um Stabilität der Schilleroper.

Jahrelang schon gibt es ein politisches Tauziehen um die denkmalgeschützte Schilleroper, am Mittwochmorgen hat der teilweise Abriss begonnen. Bagger rückten auch am Donnerstag auf dem Gelände an, um die Randbebauung im großen Stil wegzureißen. Erste Arbeiten begannen offenbar schon in den Tagen zuvor.

"Der Bezirk hat in der vergangenen Woche eine Abrissgenehmigung für die Randbebauung erteilt", bestätigte die Sprecherin des Bezirksamts Mitte, Sorina Weiland, dem Abendblatt. "Teile sind akut einsturzgefährdet, daher musste hier schnell gehandelt werden." Insbesondere in einer Wand sei ein großer Riss entstanden.

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Die Sprecherin betonte aber auch, dass sich die Abrissgenehmigung nicht auf das denkmalgeschützte Hauptgebäude, die Rotunde und deren Stahlkonstruktiuon, bezieht. "Diese soll durch die Maßnahmen vielmehr erhalten werden", so Weiland. Das Denkmalschutzamt zeige täglich vor Ort Präsenz, um den Fortgang der Arbeiten zu beobachten, so Weiland weiter. Zudem habe das Amt in seiner Genehmigung zum Abriss der Mantelbebauung auch entsprechende Auflagen zur gleichzeitigen Sicherung des Denkmals formuliert.

Anwohner schauen bei den Abrissarbeiten zu.
Anwohner schauen bei den Abrissarbeiten zu. © Privat | Unbekannt

Linksfraktion befürchtet Beschädigung der Schilleroper

„Wer den Abrissbagger mit seinen riesigen Schaufeln sieht, bekommt sofort Angst, dass bei den Arbeiten auch die Stahlkonstruktion in Mitleidenschaft gezogen wird", sagt hingegen Heike Sudmann, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke in der Hamburger Bürgerschaft. Der schlechte, sicherheitsgefährdende Zustand der Schiller-Oper und ihrer Anbauten sei der jahrelangen Vernachlässigung durch die Eigentümerin zuzuschreiben, so Sudmann weiter.

Aus Sicht der Politikerin wolle diese möglichst viel Fläche auf dem Grundstück bebauen, da stehe die denkmalgeschützte Stahlkonstruktion nur im Weg. „Bezirksamt und Denkmalschutzamt müssen verhindern, dass das Denkmal auch nur ‚versehentlich‘ beschädigt wird", sagt Sudmann.

Schilleroper-Initiative "entsetzt" über Abriss

Bestürzt zeigte sich auch Schilleroper-Initiative, die sich für den Erhalt des 130 Jahre alten Zirkusbaus einsetzt. „Wir sind entsetzt und traurig", schreiben die Aktivisten in einer Mitteilung vom Donnerstag. Die stählerne Rotunde dürfe nicht von den Abbrucharbeiten beschädigt werden. Man bezweifle das nötige Feingefühl, da Teile des Denkmals in den Fundamenten des Anbaus mit befestigt seien. Dies gehe aus einem im Jahr 2007 erstellten Gutachten hervor.

Der Bagger beim Abriss der Anbauten der Schilleroper.
Der Bagger beim Abriss der Anbauten der Schilleroper. © Privat | Unbekannt

„Da der Abriss sowie auch die Sicherung des Denkmals durch das Bezirksamt überwacht werden, besteht möglicherweise ein Interessenskonflikt bei der strikten Überwachung des Abrisses“, fürchtet Peter Keller von der Initiative. „Der Bezirksamtsleiter selbst hat ja die ursprünglichen Pläne bereits 2017 im Namen der Eigentümerin ohne Erhalt des Denkmals vorgestellt“.

Wohnungen für ältere Menschen geplant

Was genau die Eigentümerin vorhat, ist weiter unklar. In einem offenbar neuen Flyer, der am Rande der Abrissarbeiten verteilt wurde, heißt es, man wolle die Schilleroper als Gebäude wiederbeleben mit der Rotunde als Mittelpunkt. Auf dem Areal solle "gezielt mehr sozialer Wohnraum speziell für ältere Menschen" geschaffen werden. Darüber hinaus soll es auch eine Tiefgarage, eine Quartiersgarage und E-Ladesäulen geben. Ob diese Baumaßnahmen mit dem Bezirk abgestimmt sind, blieb aber zunächst offen.