Hamburg. Bis zu 105 Wohnungen in Winterhude und Eppendorf bleiben leer – gezielt. Das Bezirksamt kann gegen HRP nicht viel ausrichten.
Das aktuelle Online-Inserat für eine Mietwohnung zeigt eine stilvolle Küche, an der Wand ein Bild mit der Aufschrift „Adventure“. Frisch renoviert sei die Wohnung, habe einen „Blick ins Grüne“, die Lage in der Jarrestadt in Winterhude ist begehrt.
Nur hat die Sache wohl mehrere Haken: Für die 57 Quadratmeter ruft der Vermieter üppige 1200 Euro auf, die Mietdauer ist auf 12 Monate befristet. Vor allem aber: Hinter der Annonce steckt nach Angaben des Vereins Mieter helfen Mietern ein inzwischen berüchtigter Spekulant, der Inserate wie diese als Feigenblatt benutze – und weiter im großen Stil Wohnraum in bester Lage leer stehen lasse.
Mietervertreter: Investor HRP lässt bis zu 105 Wohnungen leer stehen
Bereits im Jahr 2019 hatte das Abendblatt über die Kritik am Investor Hamburg Residential Properties, kurz HRP, berichtet. In der Spitze standen seitdem demnach laut Rechtsanwalt Marc Meyer von Mieter helfen Mietern bis zu 105 Wohnungen am Jean-Paul-Weg und der Sierichstraße in Winterhude sowie an der Gustav-Leo-Straße in Eppendorf leer.
„Eine bittere Ironie dabei ist, dass die Wohnungen mit staatlicher Unterstützung erworben wurden“, so Meyer. Die ehemalige HSH Nordbank habe einem internationalen Immobilienkonzern, zu dem auch die HRP gehöre, einen Kredit über 114 Millionen Euro für insgesamt 300 Wohnungen in alsternahen Stadtteilen gewährt.
Gezielter Leerstand: Bezirksamt ist alarmiert, hat aber "keine rechtliche Handhabe"
Auch das Bezirksamt Nord ist seit Langem über das Gebaren der Firma HRP alarmiert. Es ging bereits frühzeitig wegen Mietwuchers gegen die Firma vor – im vergangenen Jahr verhängte es unter anderem Bußgelder in Höhe von 157.000 Euro wegen verspäteter Leerstandsanzeigen sowie weitere Geldstrafen wegen nicht erfolgter Vermietung. „Wir lassen uns nicht auf der Nase herumtanzen“, sagte der Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz (Grüne) dazu.
Auf Nachfrage am Freitag sagte der Leiter des Verbraucherschutzes im Bezirksamt, Christian Landbeck, die Maßnahmen hätten durchaus Wirkung gezeigt. „Wir sehen aber weiter ein sehr zweifelhaftes Vorgehen, gegen das wir dennoch keine rechtliche Handhabe besitzen.“
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Tatsächlich gab die HRP zuletzt gegenüber dem Bezirksamt an, dass 31 der insgesamt rund 100 Wohnungen vermietet seien. Vom übrigen Großteil würden einzelne Wohnungen derzeit saniert – und der jeweilige Großteil befinde sich „in Vermarktung“ – 33 in der Jarrestadt, 29 an der Sierichstraße und vier Wohnungen in Eppendorf.
Hamburg Residential Properties – Investor mit Sitz in Luxemburg
Als das Abendblatt am Freitag bei der Firma anruft, die die Wohnungen für HRP verwaltet, sagt ein Mitarbeiter: „Alle Wohnungen befinden sich in Vermietung.“ Mehr werde er nicht sagen.
Wie man die Firma HRP selbst erreichen könnte? „Nur in Luxemburg.“ Dort hat die Hamburg Residential Properties nach einer Umfirmierung inzwischen ihren Sitz. Eine Anfrage per Mail lässt die HRP bis zum Freitagabend unbeantwortet. Auch die Webseite des Unternehmens bietet nicht mehr Auskunft: „This site is under construction“, steht da nur.
Investor nutzt Schlupfloch, um Wohnungen weiter leer stehen zu lassen
Nach Einschätzung von Bezirksamt und Mieter helfen Mietern nutzt die Firma HRP ein Schlupfloch, um weiteren Sanktionen zu entgehen. Denn ob sich die Wohnungen tatsächlich „in Vermarktung“ befinden, sei im Einzelfall kaum nachzuvollziehen. „Es ist für einzelne Wohnungen praktisch nicht belegt, dass es kein Vermietungsinteresse gibt“, sagt Christian Landbeck.
Wie energisch die Vermarktung genau auszusehen habe, könne das Bezirksamt schließlich rechtlich nicht vorschreiben. „Zähneknirschend“ nehme man also wahr, dass immerhin einzelne Wohnungen tatsächlich vermietet werden – auch wenn mutmaßlich ein größerer Teil der Immobilien absichtlich ungenutzt bleibt.
"Offensichtlich rechnet sich eine Vermietung aus Sicht des Unternehmens nicht"
Marc Meyer von Mieter helfen Mietern wirft dem Eigentümer zudem vor, sich auch bei den Vermietungen fragwürdiger Methoden zu bedienen. So seien die inserierten Wohnungen auf mindestens sechs und höchstens zwölf Monate befristet – gezielt würden dann etwa ausländische Mieter ausgewählt, die die Rechtmäßigkeit der Verträge nicht hinterfragten. „Aus unserer Sicht gibt es in diesen Fällen absolut keine rechtlich tragfähige Begründung für eine solche Befristung“, sagt Meyer.
Er vermutet, dass sich die HRP auf der anderen Seite keine langfristigen Mieter „ans Bein binden möchte“. Bei einem Weiterverkauf der Immobilien könnten Bestandsmieter – und damit wohl auch günstigere Bestandsmieten – den Erlös für die Firma HRP drücken. „Die Strategie hinter dem Leerstand ist schwer zu durchschauen, schließlich sind bislang auch keine Verkäufe von Immobilien erfolgt“, sagt Meyer. „Offensichtlich rechnet sich eine Vermietung aus Sicht des Unternehmens aber nicht, die Wertzuwächse der Immobilien sind dagegen groß.“
Mit welchem Trick der Vermieter die Miete nach oben treibt
Christian Landbeck vom Bezirksamt Nord sagt dagegen, nach Einschätzung der Hausjuristen sei das Vermietungsmodell durchaus legal. Vor allem aber sichere sich der Eigentümer mit der Mindestdauer von sechs Monaten juristisch dagegen ab, wegen Zweckentfremdung des Wohnraums belangt zu werden: „Nach der Rechtsprechung gelten die Immobilien somit als bewohnt“. Anders als zuvor fielen die aufgerufenen Mieten nun zudem nicht mehr so hoch aus, dass man dagegen wegen Mietwuchers behördlich vorgehen könne.
Aus diesem Grund, glauben Landbeck und Meyer, seien die vermieteten Wohnungen zuvor auch möbliert worden. Dies ermögliche den Vermietern auch nach einer Verschärfung der Mietpreisbremse auf Bundesebene weiterhin höhere Erlöse. „So wird nun auch aus der Zeit, in der man die Wohnungen eben doch vermieten muss, der maximale Profit herausgeholt“, kritisiert Marc Meyer. HRP wollte sich auch hierzu bislang nicht äußern.