Hamburg. Geschäfte könnten schon am Sonnabend wieder öffnen, Rückkehr zum Präsenzunterricht wird diskutiert. “Urlaubsmentalität“ im Impfzentrum.

Der rot-grüne Senat in Hamburg wird am heutigen Dienstag angesichts deutlich sinkender Inzidenzwerte weitere Lockerungen der Corona-Beschränkungen beschließen. Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) kündigte bereits in der ARD-Sendung „Anne Will“ an, dass die Außengastronomie von Pfingsten an wieder geöffnet werden soll, und bestätigte damit einen Abendblatt-Bericht.

Dieser Artikel wird nicht mehr aktualisiert: Hier lesen Sie, welche Lockerungen Hamburg am Dienstag beschlossen hat

Nachdem die Sieben-Tage-Inzidenz auf 48,1 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner abgesackt ist, wird der Senat voraussichtlich die Stufe zwei seines Lockerungsfahrplans beschließen.

Diese Corona-Regeln lockert Hamburg noch vor Pfingsten

Das bedeutet, dass sich von Pfingsten an wieder bis zu fünf Menschen aus zwei Haushalten treffen dürfen, Kindersport im Freien mit 20 Kindern und kontaktloser Gruppensport mit zehn Erwachsenen wieder möglich ist.

Eine Maskenpflicht in Parks und Grünanlagen gilt dann nur noch bei einem Abstand unter 1,5 Metern. Körpernahe Dienstleistungen über Friseure und Fußpflege hinaus können wieder von Kunden in Anspruch genommen werden, die einen tagesaktuellen negativen Test vorlegen.

Auch kulturelle und sportliche Veranstaltungen unter freiem Himmel soll es wieder geben – verbunden mit Hygienevorgaben, Testpflicht und einer Personenzahlbegrenzung. Auch der Einzelhandel soll wieder öffnen – unter Vorlage eines negativen Tests und mit einer Begrenzung der Kundenzahl, die abhängig ist von der Verkaufsfläche. Es ist vorstellbar, dass die Geschäfte bereits am Pfingstsonnabend wieder öffnen.

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD): „Wir haben die dritte Welle gebrochen“ (Archivbild).
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD): „Wir haben die dritte Welle gebrochen“ (Archivbild). © Funke Foto Services | Roland Magunia

Einzelhandel und Schulen: Wann kommen weitere Lockerungen?

Auch eine vollständige Rückkehr zum Präsenzunterricht mit voller Klassenstärke in den Schulen ist offenbar möglich. Auf die Frage, ob eine Abschaffung des sogenannten Wechselmodells zur Debatte stehe, sagte Peter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde, dem Abendblatt: „Ja, auch darüber wird der Senat in seiner nächsten Sitzung beraten.“ Bislang hatte es geheißen, dass es wohl erst nach den Sommerferien wieder regulären Präsenzunterricht geben könne.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Wie Schulsenator Ties Rabe (SPD) sagte, habe sich die Schnellteststrategie an den Schulen bislang bewährt. Nun spielte auch die fortschreitende Impfung aller Lehrkräfte in den Schulen bei der Frage nach weiteren Öffnungsschritten eine Rolle. Erst am Montag waren alle Klassenstufen in den Präsenzunterricht in geteilten Lerngruppen zurückgekehrt. „Das ist für die Eltern und Kinder eine große Erleichterung“, sagte Rabe.

Dehoga fordert: Hamburg soll von Schleswig-Holstein lernen

Die Schnellsten sollen Vorbild für die Vorsichtigen sein: Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hat Bundesländer wie Hamburg aufgefordert, dem Beispiel des Nachbarn Schleswig-Holstein bei der Öffnung zu folgen. Während Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges meinte, man könne von Schleswig-Holstein lernen, warten Hamburgs Läden auf klare Ansagen.

Meike Richter, Geschäftsführerin vom Beachclub Dock 3 an den Landungsbrücken, sagte dem Abendblatt: „Wir freuen uns, wenn wir öffnen dürfen.“ Doch dem Beachclub läuft die Zeit der Vorbereitung davon. Man brauche schnell Personal, um die ohnehin ungewissen Vorgaben und Kontrollen von  Getesteten, Geimpften und Genesenen umzusetzen. Sollten wie im vergangenen Sommer 60 Prozent der Plätze erlaubt sein, seien 160 Gäste zu betreuen.

Sky&Sands: Hamburgs höchster Beachclub (Archivbild)
Sky&Sands: Hamburgs höchster Beachclub (Archivbild) © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez

Wenn Hamburg Regeln wie Kiel hätte, wäre das ein Gewinn in mehrfacher Hinsicht, sagte Agnès Brinker vom Winterhuder Café par ici: „Es ist absolut notwendig, nicht nur finanziell, sondern auch aus psychologischer Sicht. Jeder Tag früher zählt.“ Im Café könnte sie an 20 Plätzen auf der Eckterrasse  wieder ihre Spezialitäten – Tartes und Quiches – servieren. „Auch wenn noch nicht alles optimal sein wird, wird es der Stimmung aller guttun“, sagte die Gastronomin.

Leiter des Impfzentrums warnt vor "Urlaubsmentalität"

Trotz der sinkenden Infektionszahlen und des steigenden Impftempos warnte der Sprecher der medizinischen Leiter im Impfzentrum, Dr. Dirk Heinrich, vor einer „Urlaubsmentalität“. Man sei noch immer dabei, eine Pandemie zu bekämpfen.

Am Wochenende hatten Tausende Impfkandidaten ihre Termine geschwänzt. Einige wollten sie offenbar am Montag nachholen. Der Andrang im Impfzentrum war erheblich größer als erwartet. Impflinge berichteten von rund zwei Stunden Dauer vom Anstehen bis zum Verlassen der Messehallen. An normalen Tagen ist die gesamte Prozedur in 45 Minuten erledigt.

Anstrum auf das Hamburger Impfzentrum an den Messehallen.
Anstrum auf das Hamburger Impfzentrum an den Messehallen. © Michael Arning | Unbekannt

Die Polizei half, die Schlangen zu lenken, die sich zum Teil auch rund um den Schanzenpark bildeten. „Das geht so nicht“, sagte Heinrich. Das Impfzentrum arbeite „am Limit“. Eine „Termintreue“ der Impfkandidaten müsse man voraussetzen. Möglicherweise haben einige Zweitimpf-Kandidaten auch ihren zweiten Piks in einer Hausarztpraxis bekommen. Heinrich beobachte außerdem vermehrt, dass Menschen ins Impfzentrum kämen und sagten, sie wollten das Impfintervall von zwölf oder sechs Wochen verkürzen mit der Begründung: „Ich muss in den Urlaub.“

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).