Hamburg. FDP-Chef sagt im Abendblatt-Gespräch, ihm fehle die „Fantasie“ für eine Koalition mit der SPD und den Grünen. Kritik an Olaf Scholz.

Wenige Tage vor der Bundestagswahl hat sich der FDP-Vorsitzende Christian Lindner in scharfen Worten von einer Zusammenarbeit seiner Partei mit der SPD und Olaf Scholz distanziert. „Die FDP schließt aus, dass wir uns an einer Linksverschiebung in Deutschland beteiligen. Wir schließen höhere Steuern genauso aus wie ein Aufweichen der Schuldenbremse, wir wollen Deutschland aus der Mitte heraus regieren“, sagte Lindner im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt.

Und: „Mir fehlt tatsächlich die Fantasie, welches inhaltliche Angebot Olaf Scholz und Annalena Baerbock der FDP machen könnte, das zugleich von Saskia Esken, Kevin Kühnert, Anton Hofreiter und Jürgen Trittin akzeptiert wird.“

Olaf Scholz von Christian Lindner attackiert

Für den SPD-Kanzlerkandidaten, der im Moment alle Umfragen anführt, findet Lindner keine freundlichen Worte: Scholz‘ Haushaltspolitik vor der Pandemie sei ruinös gewesen, der Staatshaushalt in einem sehr schlechten Zustand. In Hamburg sei das Image des Regierungsroutiniers durch die Krawalle bei G20 erschüttert worden: „Herr Scholz hat immer gesagt, wer bei ihm Führung bestellt, bekommt Führung. Wer so selbstbewusst auftritt, muss dann auch Verantwortung übernehmen“, sagte Lindner.

Er persönlich habe zu dem ehemaligen Hamburger Bürgermeister ein gutes Verhältnis, aber: „Bei allem Respekt gegenüber Herrn Scholz und der Anerkennung seiner Professionalität darf nicht der Eindruck entstehen, er sei der natürliche Nachfolger von Helmut Schmidt. Das ist er nicht.“

Christian Lindner will Finanzminister werden

Lindner sagt auch, dass die FDP diesmal gern regieren würde, er selbst interessiert sich für genau den Posten, den Scholz gerade hat: Der Liberale möchte in einer neuen Regierung Finanzminister werden, auch das scheint nicht verhandelbar.

„Aber wie 2017 gilt: Unsere Glaubwürdigkeit, unsere Überzeugungen sind uns gegenüber den Menschen wichtiger als individuelle Karrieren“, so Lindner. „2017 hätte ich Finanzminister und Vizekanzler werden können, das war ein faszinierendes Angebot, ich wäre der jüngste Vizekanzler Deutschlands gewesen. Aber wenn man dafür all das verraten muss, was man den Wählern vor der Wahl versprochen hat, dann ist der Preis zu hoch.“