Hamburg. AStA-Gruppe kritisiert Präsident Müller-Lietzkow: „Die Qualität der Lehre ist dem Präsidium nichts wert.“ Der weist Vorwürfe zurück.

Nach längeren Querelen schien die Stimmung an der HafenCity Universität (HCU) befriedet. Jetzt macht ein Teil des AStA (Allgemeiner Studierendenausschuss) mobil gegen HCU-Präsident Jörg Müller-Lietzkow, der erst seit 2019 im Amt ist. In einer öffentlichen Stellungnahme, die dem Abendblatt vorliegt, wird Digitalexperte Müller-Lietzkow unter anderem mangelnde Kommunikationsbereitschaft vorgeworfen.

Der Vorgang ist bemerkenswert, weil es an der HCU bereits um Müller-Lietzkows Vorgänger Walter Pelka massive Auseinandersetzungen gegeben hatte. Wie berichtet, waren Pelka und Kanzlerin Stephanie Egerland im Jahr 2018 von einer großen Gruppe Professorinnen und Professoren massiv kritisiert worden. Bei einer internen Kundgebung wurde dem damaligen Präsidium vorgeworfen, autoritär und intransparent zu agieren und für die „schwierigen Lern- und Arbeitsbedingungen“ vor Ort verantwortlich zu sein. Ach Pelkas Emeritierung war in der Ausschreibung für die Nachfolge explizit nach einer „inspirierenden Persönlichkeit“ gesucht worden, die sich „durch aktive Kommunikation, einen kooperativen Führungsstil, hohe strategische Kompetenz sowie Verhandlungsgeschick“ auszeichne.

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Das jetzt veröffentlichte Schreiben wurde nach Angaben des AStA-Vorsitzenden Clemens Schlage von einer Gruppe innerhalb des AStA verfasst. Folgt man den darin erhobenen Vorhaltungen, agiere Müller-Lietzkow hochschulintern nun ganz ähnlich wie Pelka. „Die durch die neue Leitung erhofften Veränderungen sind an der Hochschule ausgeblieben“, heißt es in der Stellungnahme. „An der Spitze der HCU sitzt derzeit ein Präsident, der eine transparente Kommunikation mit der Studierendenschaft und ihrer gewählten Vertretung verweigert.“ Angeblich würden Mails der gewählten studentischen Gremien „explizit nicht beantwortet oder keine Informationen bezüglich der aktuellen Entwicklungen und möglicher Szenarien kommuniziert“.

Ein weiteres Kritikfeld ist die coronabedingte Auslagerung großer Teile des Lehr- und Lernbetriebs. „Während anderswo Universitäten ihre Räumlichkeiten für Studierende wieder öffnen, bleibt die HCU dabei: Studierende müssen sich anderweitig einen Ort zum Studieren suchen“, heißt es in dem Schreiben. Und: „Warum steht nach 1,5 Jahren Pandemie immer noch kein sicheres Öffnungskonzept?” Die Vorhaltungen gipfeln in dem Fazit „Die Qualität der Lehre ist dem Präsidium nichts wert (...). Für eine Universität, die sich gerne als modern und fortschrittlich darstellt, bröckelt es an allen Ecken und Enden und für viele Probleme ist keine Lösung in Sicht.“

Müller-Lietzkow verweist auf digitalen Chat

Die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion in der Bürgerschaft, Stephanie Rose sagt mit Bezug auf die Antworten auf eine von ihr gestellte Anfrage an den Senat:„Unsere Anfrage zeigt, wie berechtigt die Anliegen der Studierenden sind.“ Es dürfe nicht sein, „dass die Bildungsgerechtigkeit auf der Strecke bleibt“, so Rose.

Jörg Müller-Lietzkows weist die Vorwürfe in einem ausführlichen Schreiben zurück. Er messe dem Austausch mit den Studierenden und Studierendenvertretungen der HCU größte Bedeutung bei. Getroffene Maßnahmen im Umgang mit dem Coronavirus würden regelmäßig und ausführlich über alle Kanäle der HCU kommuniziert. Müller-Lietzkow verweist darauf, dass er zusammen mit dem AStA das Format „Digitaler Chat mit HCU-Präsident“ eingeführt habe. „Auch zukünftig sind digitale und analoge Gesprächsangebote zwischen der Studierendenschaft und dem Präsidenten geplant“, so Müller-Lietzkow.

Müller-Lietzkow: In Gebäudesicherheit und Infrastruktur investiert

Weiter stellt er klar: „Ziel der Hochschulleitung der HCU ist es gemeinsam mit allen Hochschulangehörigen, besonders den Studierenden, für das kommende Wintersemester wieder zu mehr Präsenzlehre zurückzukehren.“ Reiner Präsenz-Betrieb sei angesichts steigender Infektionszahlen und geringer Impfquote momentan nicht umsetzbar, das endgültige Konzept befinde sich „in finaler Abstimmung“. Und weiter: „Zum Schutz der Studierenden hat die HCU die pandemische Zeit genutzt und in die Gebäudesicherheit und Infrastruktur investiert: Alle Lehrräume sind oder werden derzeit mit einem Luftfilter ausgestattet.

Der Vorwurf, dass die Lehre dem Präsidium nichts wert sei, entbehren jeglicher Grundlage. „Für die Hochschulleitung der HCU hat eine sehr hohe Qualität der Lehre in allen Disziplinen größte Priorität und ist ein unerlässlicher Faktor im universitären Alltag“, so Jörg Müller-Lietzkow.