Hamburg. Laut Forschern und CDU könnte man so die Entwicklung der Pandemie vorhersagen und Mutationen und Ausbrüche früher entdecken.
In Hamburg gibt es ein Jahr nach Pandemiebeginn derzeit keine Pläne, auch das Abwasser auf Coronaviren zu untersuchen, um so Hinweise auf Mutationen oder besonders belastete Bereiche in der Stadt zu erhalten. Das hat der Senat in Antworten auf zwei Kleine Anfragen des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Sandro Kappe mitgeteilt.
„Derzeit gibt es außerhalb erster Forschungsprojekte kein geeignetes Verfahren für Großkläranlagen, daher ist eine Änderung vorerst nicht geplant“, so der Senat. „Hamburg Wasser steht im ständigen Austausch mit anderen Klärwerksbetreibern in Hinblick auf die Anwendbarkeit der Forschungsergebnisse aus den erwähnten Pilotprojekten an den jeweiligen Klärwerken.“
Coronaviren im Abwasser: Kanalisation als Frühwarnsystem?
Dabei räumt der Senat allerdings ein: „Grundsätzlich sind entsprechende Untersuchungen aus Sicht der Überwachungsbehörde für wasser- und abwasserrechtliche Fragen möglich.“ Der Nachweis von Viren sei aber „unabhängig von dessen technischer Umsetzbarkeit, bis heute nicht gefordert“.
Mithin: Im Senat hat offenbar bisher niemand darüber nachgedacht, die Kanalisation als Frühwarnsystem oder dafür zu nutzen, Ausbrüche in Schulen oder Pflegeheimen frühzeitig festzustellen.
Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:
- Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
- Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
- Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
- Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
- Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).
Coronaviren landen über Toilette im Abwasser
Dies sei prinzipiell möglich, sagte kürzlich der Leiter eines entsprechenden Forschungsprojekts des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig, Prof. Hauke Harms, dem MDR. Das Prinzip ist simpel: Die Viren landen über die Toilettenspülung im Abwasser und im Klärwerk. Mittlerweile hätten die Wissenschaftler so gute Verfahren, dass sie dort sogar Corona-Mutationen feststellen können, so Harms. Kleinteilige Messungen, etwa am Abwasser einer Schule oder eines Altenheimes, seien daher ebenfalls theoretisch möglich.
Lesen Sie auch:
- Den tagesaktuellen Corona-Newsblog für Hamburg und Norddeutschland
- Wege aus Corona: Alle Macht den Wissenschaftlern?
- Hamburger Firma entwickelt Impfstoff gegen Corona
„Mit Hilfe der Kläranlagen lässt sich eine Virenbelastung früh erkennen, mögliche Ausbruchherde lokalisieren und entsprechend Maßnahmen damit schneller ergreifen“, sagt der CDU-Abgeordnete Kappe. In den Niederlanden konnte das Coronavirus vor der offiziellen Meldung nachgewiesen werden.“
Tendenzen der Pandemieentwicklung ließen sich „bis zu zehn Tage früher als durch die Zahlen des RKI“ vorhersagen, so Kappe. „Um in Zukunft besser vorbereitet zu sein, muss Hamburg auch endlich das Abwasser auf Viren prüfen.“